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Kunstaktion gestartet

Malende Hebammen aus Sasbach sammeln Spenden, um trauernden Eltern zu helfen

Wenn Mütter ein totes Kind zur Welt bringen, ist das ein Trauma. Die Gruppe „Kind und Trauer“ in Obersasbach fängt Betroffene auf. Doch Corona erschwert ihre Arbeit. Ein Kunstaktion soll jetzt helfen.

Frau Frauen sitzen vor großen farbigen Leinwänden. Im Hintergrund sind fertige großformatige Bilder zu sehen.
Sie malen, um Spender zu gewinnen: Maria Kopf (links) von „Kind und Trauer” beim Verein Pallium und Hebamme Harriet Wichmann. Eine Hebammen-Bereitschaft aufzubauen ist ihr Ziel. Foto: Michaela Gabriel

Zwei Hebammen malen in ihrer Freizeit großformatige Engelsbilder, um Spenden für die Begleitung von Eltern tot geborener Kinder zu sammeln. Maria Kopf und Harriet Wichmann treffen sich dazu abends und am Wochenende im Kreativraum von „Kind und Trauer” in Obersasbach. Dabei handelt es sich um eine Zweigstelle des Vereins Pallium aus Bühl. Die Gruppe fängt trauende Familien auf. Dass für Trauerarbeit keine Krankenkasse aufkommt, ist nur einer der Missstände, auf die die Frauen mit ihrer Aktion aufmerksam machen.

Seit mehr als zehn Jahren arbeitet die Hebamme und Trauerbegleiterin Maria Kopf für den Verein Pallium, der sich mit Spendenmitteln um Sterbende und Trauernde kümmert.

Kostenlose Hilfe für Eltern nach Tot- oder Fehlgeburt

Vor Corona bot sie in Obersasbach Kurse zum fachlichen Umgang mit Trauer an: für Erzieherinnen oder Hospizhelfer etwa. Die Einnahmen aus diesen Kursen ermöglichten es, 30 bis 50 Eltern pro Jahr nach einer Tot- oder Fehlgeburt einen Weg durch die Trauer zu zeigen – kostenlos für die Betroffenen.

Wir haben keine Zeit, uns nach einer Totgeburt um die Eltern zu kümmern.
Harriet Wichmann, Hebbamme

„Den Müttern gebe ich die Aufgabe, Erinnerungen an ihr Kind zu schaffen und in eine Box zu packen – als Grundlage für die Trauerarbeit”, erzählt Kopf von dieser Arbeit. Den Vätern erkläre sie, warum es ihren Frauen so schlecht gehe: „Sie hatten bereits eine enge Beziehung zu dem Kind.” Außerdem gebe sie den Vätern Hinweise, was sie für ihre Frauen tun können. Unbearbeitete Trauer mache krank, weiß die Fachfrau. Trauer bewusst zu durchlaufen, verhindere das – werde aber vom Gesundheitssystem nicht finanziert.

Seit Beginn der Corona-Pandemie können kaum noch Fach- und Qualifizierungskurse stattfinden, die die Arbeit des Vereins mitfinanzieren. „Wir wollen aber trotzdem niemand abweisen”, sagt der Gründer- und Vorstandsvorsitzende von Pallium, Guido Kohler aus Bühl. Deshalb lockt er Spender jetzt mit den Engelsbildern und anderen Motiven der beiden Hebammen. Wer einen größeren Betrag spende, der bekomme eines der inzwischen rund 20 Bilder.

Malende Hebamme verarbeitet in ihren Bildern auch eigene Erlebnisse

„Ich male gern mit, weil ich das Projekt so wichtig finde”, sagt Harriet Wichmann aus Bühl. Sie ist Hebamme in einer großen Klinik und kennt die Realität: „Wir haben keine Zeit, uns nach einer Totgeburt um die Eltern zu kümmern.”

Maria Kopf malt quasi, um ihre Stelle und ihre Arbeit für den Bereich „Kind und Trauer” des Vereins Pallium zu sichern: „Nebenbei verarbeite ich mit den großformatigen Engeln oder Schwarzwaldmotiven auch manches Schwere”, erklärt sie ihr Extra-Engagement.

Auf den Staat können wir uns nicht verlassen.
Guido Kohler, Vorsitzender Pallium

Pallium-Gründer Kohler denkt noch weiter. Viele werdende Mütter hätten Schwierigkeiten, eine Hebamme zu finden – weil es immer weniger gebe. Die Verbliebenen seien oft überlastet, könnten nicht auch noch nachts oder am Wochenende reagieren. Im Gesundheitssystem fehle ein zentraler Hebammen-Notruf. „Wenn man die 116 117 anruft, kann dort keine Hebamme vermittelt werden, die bei einer Schwangeren nach dem Rechten schaut”, hat er festgestellt.

Pallium-Gründer will Hebammen-Bereitschaft in Mittelbaden ins Leben rufen

Seine Idee ist es deshalb, eine Hebammen-Bereitschaft für die Region zu gründen und aus Spenden zu finanzieren: „Das sollte der Gesellschaft wichtig sein. Auf den Staat können wir uns da nicht verlassen.”

Eine „sehr gute Idee” nennt das Klinik-Hebamme Harriet Wichmann. Freie Hebammen könnten damit entlastet werden, weil sie nicht an sieben Tagen pro Woche ansprechbar sein müssten. „Wir wollen dafür erfahrene Hebammen gewinnen. Auch die, die nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten”, sagt Kopf.

Zu denen gehört sie selbst und würde auch mitmachen – genau wie ihre malende Kollegin Harriet Wichmann. Gesucht werde noch eine Person, die zur Finanzierung einer Hebammen-Bereitschaft bei Städten, Gemeinden und Firmen der Region vorsprechen kann. Denkbar ist laut Kohler die Gründung eines Fördervereins oder einer Stiftung.

Pallium hat für diesen Zweck ein Sonderkonto „Hebammen” mit der IBAN DE90 6645 0050 0000 0404 44 bei der Sparkasse Offenburg/Ortenau eingerichtet. Ansprechpartnerin für Spender und bei Fragen ist Maria Kopf unter der Telefonnummer (0 78 41) 606690.

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