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Seit 30 Jahren im Amt

Deshalb ist Reinhard Schmälzle ein Glücksfall für Seebach

Seit 30 Jahren leitet Reinhard Schmälzle die Gemeinde Seebach. Mit einer geringen Finanzausstattung hat der Bürgermeister viel erreicht. Wie schafft er das?

Bürgermeister Reinhard Schmälzle hat in 30 Jahren seine Gemeinde immer vorangebracht, jüngst mit digitalen Tafeln in der Grundschule.
Bürgermeister Reinhard Schmälzle hat in 30 Jahren seine Gemeinde immer vorangebracht, jüngst mit digitalen Tafeln in der Grundschule. Foto: Berthold Gallinat

Am Anfang war es gar nicht so sicher oder gar selbstverständlich, dass Reinhard Schmälzle (CDU) 1993 in Seebach als Bürgermeisterkandidat ins Rennen gehen würde. Inzwischen ist er in der vierten Legislaturperiode Seebacher Bürgermeister und blickt in diesem Jahr auf 30 Jahre im Amt zurück.

Bevölkerung und Ehefrau ermunterten Schmälzle zur Kandidatur

Appelle aus der Seebacher Bevölkerung und vor allem die Zustimmung seiner Ehefrau Carmen gaben einst den Ausschlag. Das Ehepaar hatte gerade frisch gebaut und der erste Nachwuchs war da. Reinhard Schmälzle gewann die Wahl klar. So wechselte er vom Haupt- und Rechnungsamt in die Verantwortung als Seebacher Bürgermeister. „Mit Tatkraft und Sachverstand erfolgreich für Seebach“ hieß zweimal sein Wahlslogan. Diesen verfolgt er auch konsequent vom ersten Tag bis heute. Dabei ging es ihm immer darum, „mit wenig Finanzausstattung viel zu erreichen“ und Seebach nicht einfach nur zu verwalten, sondern vor allem zu gestalten und in die Zukunft zu führen.

Schmälzle bringt Digitalisierung voran

Jüngstes Beispiel sind die digitalen Tafeln in der Grundschule: Seit Juni stehen vier Prowise Touchscreen Ten mit Whiteboards an der Seite in der Grundschule. Der Mitarbeiter der Firma Prowise konnte es gar nicht fassen, dass er die Software der digitalen Tafeln an einem Vormittag in einem Zug installieren konnte. „Seebach, wo liegt denn das? Ach Gott, das ist ja hinten in einem Tal, da brauch ich ja drei Tage!“ So teilte er Schmälzle seine ersten Gedanken bei dem Auftrag mit. Er war dann völlig überrascht und erleichtert, dass Seebach vollkommen mit Breitband vernetzt ist und damit über die volle Bandbreite des Internets verfügt. Gerade erst hat die Gemeinde auch mit Blick auf die Zukunft das ehemalige Pfarrhaus von der Kirche gekauft und dem Kindergarten für die Unterbringung des U3-Bereichs zugeschlagen. Damit besitzt die Gemeinde ein Band öffentlichen Grundbesitzes und öffentlicher Gebäude vom Rathaus über ehemalige Post und Grundschule bis Mummelseehalle, Kurgarten und Kindergarten.

Den Kindergarten fertig bauen und die Mummelseehalle bauen waren erste Projekte, die Schmälzle in Angriff nahm. Dabei gab es bei der Mummelseehalle gleich Schwierigkeiten. Das Regierungspräsidium fand die Seebacher Vorstellungen von der Halle für die kleine Gemeinde überdimensioniert und meinte, dass sie das nie werde bezahlen können.

Mit der Kirche musste man sich über die Platzverhältnisse einigen und mit der Architektin gab es unterschiedliche Vorstellung in der Ausführung der Halle. Ihr schwebte etwas wie eine Stadthalle vor. Reinhard Schmälzle und der Gemeinderat waren vor allem an der Multifunktionalität der Halle und an ihrer Nutzungsmöglichkeit durch die Seebacher Vereine interessiert. Zu guter Letzt wurde die Halle gebaut. Sie hat sich als Vereins-, Veranstaltungs- und Gemeindezentrum bis heute vielfältig bewährt. 1997 wurde sie eingeweiht und bezahlt ist sie auch. Hartnäckigkeit in der Sache und das Wohl der Gemeinde war immer die Leitlinie Reinhard Schmälzles.

Eröffnung des Kiosks im Kurpark, Kauf des Anwesens Decker für Bauhof, Feuerwehrgerätehaus und Vereinsräume, Neubau eines Leichenraums: „Immer gab es etwas zu tun“, blickt Reinhard Schmälzle im Gespräch mit dieser Redaktion zurück. „Aber manches war mir zu viel Flickwerk. So haben wir dann 2000 einen Masterplan gemacht und sind gemäß diesem Plan Wasserversorgung und Abwasser, Straßensanierung und anderes mehr systematisch angegangen.“ Das Ergebnis heute kann sich sehen lassen: Eine fast vollständige öffentliche Wasserversorgung und Kanäle für das Abwasser, sanierte Straßen, vollständige Erdverlegung aller Stromleitungen, neu erschlossene Baugebiete, Erweiterung des Gewerbegebiets Knappenhöfe, Rathausumbau, Schaffung touristischer Attraktionen wie der Hornisgrinde-Aussichsturm, aktive Unterstützung zur Einrichtung des ehemaligen Naturschutzzentrums am Ruhestein als Vorgänger des heutigen Nationalparkzentrums, ein umfangreiches Streuobst-Neupflanzung-Projekt und immer wieder Sanierungen, wo sie nötig waren.

Es gab auch Rückschläge

Aber Reinhard Schmälzle musste auch Negatives hinnehmen wie den Verlust der Poststelle 1998 oder den Verlust mehrerer Gastronomiebetriebe im Ort. Der Brand des Berghotels Mummelsee am 5. Mai 2008 mit zwei Jahren Ausfall bis nach dem Wiederaufbau zog eine schwere finanzielle Belastung der Gemeinde nach sich. Auch die Tourismuszusammenarbeit mit Achern brach 1999 ein, ist aber inzwischen mit dem Tourismusverbund Achern, Kappelrodeck, Ottenhöfen und Seebach wieder bestens aufgestellt.

Was Reinhard Schmälzle immer sehr viel Freude macht, sind die Verschwisterungetreffen und der enge Kontakt mit der Partnergemeinde Ottrott. Dankbar ist über das vielfältige ehrenamtlich und freiwillige Engagement von Vereinen, aber auch von privat wie beispielsweise derzeit beim Projekt „Abenteuer am Adlersee“. Dankbar ist er über die gute Zusammenarbeit mit den beiden Waldgenossenschaften. Doch sein größter Dank gilt seiner Frau Carmen, die ihn voll unterstützt und selbst auch in vielfältiger Weise in und für die Gemeinde engagiert ist.

Sorgen über Bürokratie und gesellschaftliche Entwicklung

Sorgen bereitet ihm die Entwicklung, dass sich deutlich mehr als zu Beginn seiner Amtszeit Einzelinteressen wichtiger nehmen als das Gemeinwohl. „Das Gemeinwesen aber sind wir alle. Für alles und jedes nur die Politik verantwortlich zu machen, sich selbst aber in der Mitwirkung und Mitgestaltung herauszunehmen und nicht zu akzeptieren, wenn etwas auf rechtlicher Grundlage steht, das sehe ich sehr kritisch. Ich hatte immer ein großartiges Königsgremium auf der Seite, den Gemeinderat, und nicht zuletzt auch tolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung. Wir waren im Rat in der Sache oft auch kontrovers, haben aber immer die beste Lösung gesucht und dabei manchmal auch Kröten schlucken müssen, weil die Pflicht- oder Rechtslage so war, wie sie war.“ Sorgen bereitet Reinhard Schmälzle zudem die überbordende Bürokratisierung, die sich wie eine Fessel um alle Gestaltungsbereiche legt: „Anscheinend sind wir in Deutschland so gestrickt, dass wir für alles Kontrollmechanismen aufbauen.“

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