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Neue Kooperation

Am Klinikum in Rastatt gibt es jetzt eine Sterbebegleitung

Klinikum Mittelbaden und der Hospizdienst Rastatt kooperieren: Eine Sterbebegleiterin ist dort jetzt regelmäßig präsent.

Zeit schenken: Seit September sind Mitarbeiter des Hospizdienstes regelmäßig auf den Stationen der Rastatter Klinik anzutreffen,
Zeit schenken: Seit September sind Mitarbeiter des Hospizdienstes regelmäßig auf den Stationen der Rastatter Klinik anzutreffen. Foto: Frank Vetter

Auf den ersten Blick sieht es nach nicht viel Veränderung aus. Ein Vertrag, eine Mitarbeiterin und ein wenig mehr Zusammenarbeit. Doch so unscheinbar der im Sommer unterzeichnete Kooperationsvertrag zwischen Klinikum Mittelbaden und Hospizdienst Rastatt auch scheint, so bedeutungsvoll ist er für seine Unterzeichner. Mit ihm wurde ein Stein ins Rollen gebracht.

Der Stein ist in diesem Bild Robin Lohmann. Die ehrenamtliche Mitarbeiterin des Hospizdienstes ist seit Ende September jeden Montag für einige Stunden auf einer Station im Rastatter Klinikum unterwegs. Feste und regelmäßige Besuche seitens des Hospizdienstes gab es in dem Krankenhaus zuvor nicht.

Sterbebegleiterin hat am Klinikum in Rastatt ein offenes Ohr

„Sie ist dort einfach präsent“, sagt der Vorsitzende des Hospizdiensts Rastatt, Peter Ulrich. Es ist die Regelmäßigkeit, die den Hospizdienst auch den Menschen auf den Krankenhausfluren wieder bewusster machen soll, sowohl Mitarbeitern des Klinikums als auch Patienten und Angehörigen. Lohmann sucht den Kontakt zu Ärzten und Schwestern auf der Station, dreht ihre Runden von Zimmer zu Zimmer und hat generell ein offenes Ohr. „Das ist sehr wichtig, damit man uns einfach im Kopf hat“, sagt Ulrich.

Selbstverständlich ist das nicht, sagt auch Andreas Freund von der Klinikseelsorge des Klinikums Rastatt. Die körperlichen Bedürfnisse der Patienten stehen nun mal im Vordergrund, die seelischen bleiben da manchmal zurück. „Das liegt nicht an der Pflege. Die würde noch viel mehr machen, wenn sie könnte“, sagt Freund.

Neben der Gabe von Medikamenten, dem Wechseln von Verbänden und gedanklich schon beim nächsten Patienten sein, sei es aber eben nicht immer möglich, „zwei Gedanken weiter zu gehen“ und auch noch an die Aktivierung von Hospizdienst und Co. zu denken. Als Ansprechpartnerin, die regelmäßig vor Augen und Ort ist, soll Lohmann dabei helfen.

Entlastung für den stationären Bereich: Keine Krankenschwester kann stundenlang zuhören

„Wir wollen ja eine Entlastung sein, auch für den stationären Bereich“, sagt Ulrich. Keine Krankenschwester kann sich ans Bett setzen und zwei Stunden nur zuhören, bestätigt Freund. Den Hospizdienst nennt er deswegen „einen Baustein in diesem System, um das System insgesamt menschlicher zu machen“.

Zwar gibt es im Klinikum auch andere Besuchsdienste, aber der Hospizdienst ist primär im Haus, um Sterbende und ihre Angehörigen zu begleiten. „Das ist ein Spezifikum, das von den anderen Diensten keiner primär anbietet“, erklärt Freund. Die Erfahrung lehre: Menschen rufen von sich aus selten nach solchen Optionen. „Wenn sie einem aber einfach begegnen, dann werden sie sehr gerne angenommen“.

Unser Auftauchen bedeutet aber nicht gleich den Tod.
Iris Pinkinelli, Koordinatorin des Hospizdienstes

Das bestätigt auch die Koordinatorin des Hospizdienstes, Iris Pinkinelli. Zu Anfang würden Angehörige erst einmal zurückschrecken. „Unser Auftauchen bedeutet aber nicht gleich den Tod“, betont die Koordinatorin. Es sei durchaus möglich, dass man Menschen ein halbes Jahr oder noch länger begleitet. „Und wir sind froh, wenn wir rechtzeitig geholt werden“, sagt Pinkinelli. So könne man eine ganz andere Beziehung zu den Betroffenen aufbauen.

Hospizdienst: Die Chemie zwischen Patienten und Sterbebegleiter muss stimmen

Die Koordinatorin ist diejenige, die letztendlich entscheidet, welcher Ehrenamtliche welchen Patienten begleitet. Denn auch wenn Lohmann für die Regelmäßigkeit zuständig ist, sollen in Zukunft auch andere Mitarbeiter des Hospizdienstes zum Einsatz kommen. „Dabei wird auf jeden Fall geschaut, dass die Chemie stimmt“, sagt Pinkinelli.

Ausgesucht werden könne aus einer kunterbunten Mischung aus Ehrenamtlichen. Einem überzeugten Atheisten werde beispielsweise kein stark christlicher Mensch zugewiesen. Trotz anfänglicher Skepsis erlebe man doch in den meisten Fällen sehr viel Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit, weiß Pinkinelli. Die Hilfe hört auch nicht an den Türen des Klinikums auf. Wird ein Rastatter nach Hause entlassen, kann die Begleitung in den eigenen vier Wänden weiter stattfinden.

Die Kooperation ist „sehr, sehr sinnvoll“, betont Ulrich. Für ihn sei besonders wichtig, dass die gesamte Klinikleitung hinter dem Vertrag steht, so habe man die nötige Rückendeckung. Nach der Unterzeichnung im Sommer gelte es jetzt nicht, ihn „in die Schublade zu stecken, sondern mit Leben zu füllen“.

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