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Überraschender Vorstoß

Diskussion über Zentralklinikum Mittelbaden: Späth stellt elementare Forderung auf

Das neue Zentralklinikum Mittelbaden wird wahrscheinlich in Rastatt gebaut. Auch Baden-Badens Oberbürgermeister Dietmar Späth hat sich damit offenbar arrangiert. Jetzt hat er allerdings eine überraschende Forderung aufgestellt.

Ein Krankenhaus.
Hat keine Zukunft: Das Zentralklinikum wird auch das Krankenhaus in Rastatt ersetzen. Die Geburtshilfe des Standorts ist bereits geschlossen. Foto: Holger Siebnich

Es ist ein Jahrhundertprojekt für Mittelbaden: Für den Neubau des geplanten Zentralklinikums steht eine wichtige Weichenstellung an. In der letzten Juli-Woche fällt die Entscheidung über den Standort.

Im Vorfeld informierten der Rastatter Landrat Christian Dusch (CDU) und Baden-Badens Oberbürgermeister Dietmar Späth (parteilos) über den aktuellen Sachstand.

Späth kam bei dem Termin mit einem unerwarteten Vorstoß um die Ecke. Unser Redaktionsmitglied Holger Siebnich beantwortet die wichtigsten Fragen.

Welcher Standort macht das Rennen?

Das ist offen. Die Entscheidung fällt am Montag, 25. Juli, im Gemeinderat Baden-Baden und am Dienstag, 26. Juli, im Kreistag Rastatt. Aber es gibt klare Vorzeichen. Baden-Baden hat sich mit drei Grundstücken beworben, Rastatt mit zwei. Gutachter haben alle Standorte bewertet und eine Rangfolge erstellt. Am besten schneidet das Areal am Münchfeldsee in Rastatt ab. Der Aufsichtsrat des Klinikums hat am 29. Juni den Beschluss gefasst, der Stadt Baden-Baden und dem Landkreis Rastatt zu empfehlen, den Bau auf diesem Grundstück weiter zu verfolgen.

Wie fiel die Abstimmung im Aufsichtsrat aus?

Im Aufsichtsrat sitzen neben Dusch und Späth 16 Mitglieder, die der Gemeinderat Baden-Baden und der Kreistag Rastatt aus ihren jeweiligen Reihen gewählt haben. Bislang hatte das Klinikum nur darüber informiert, dass der Beschluss im Aufsichtsrat die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreichte. Späth gab jetzt das Detail bekannt, dass es nur eine Gegenstimme gab.

Gemeinde- und Kreistag haben sich am 12. Juli hinter verschlossenen Türen getroffen. Wie war das Stimmungsbild?

Laut Landrat Dusch gab es bei dem Treffen keine Probeabstimmung: „Es ging nicht darum, ein Meinungsbild abzufragen.“ Ziel der Veranstaltung sei gewesen, die Mitglieder über den Stand der Dinge zu informieren. Ob der Vorschlag des Aufsichtsrats eine Mehrheit erhalte, wisse auch er erst nach den Sitzungen Ende Juli.

Anwohner im Münchfeld fürchten, dass der Verkehr in ihrem Quartier deutlich zunimmt und haben angekündigt, den Petitionsausschuss einschalten zu wollen. Wie sehen die Verantwortlichen die aufkeimenden Proteste?

OB Späth sagt: „Das ist ein sensibles Thema.“ Es werde Aufgabe der Verantwortlichen sein, eine Planung zu erstellen, bei der die Belastung für die Anwohner so gering wie möglich ausfalle. Auch Landrat Dusch verweist auf das frühe Stadium, in dem sich das Vorhaben befinde: „Wir sind noch lange nicht an dem Punkt, dass das Grundstück baureif ist.“ Auf die Belange der Anwohner müsse in der Bauleitplanung Rücksicht genommen werden. Grundsätzlich sei es „nicht unerwartet“, dass bei einem solchen Großprojekt Bedenken auftauchten.

Die Anwohner kritisieren, dass das Gutachten ihren Belangen zu wenig Gewicht einräumt. Stimmt das?

Die Gutachter haben die fünf Standorte anhand zahlreicher Kriterien untersucht. Dazu gehörten zum Beispiel die Erreichbarkeit oder die Größe des Grundstücks. Auch die Frage, ob der Lärm des Krankenhauses Anwohner stören könnte, floss in die Bewertung ein. Allerdings wurden nicht alle Kriterien gleich stark gewichtet. Die Betroffenen argumentieren, dass diesem Punkt höhere Bedeutung hätte zugemessen werden müssen. Dusch und Späth verweisen darauf, dass Gemeinde- und Kreistag die Kriterien und ihre Gewichtung in öffentlichen Sitzungen im Vorfeld der Untersuchung festgezurrt hätten. Es habe sich um ein ergebnisoffenes Verfahren gehandelt.

Bislang ist Baden-Baden mit dem Standort Balg Hauptsitz des Klinikums Mittelbaden. Jetzt droht eine Zukunft ohne Klinikum. Akzeptiert das die Stadt?

Zumindest OB Späth scheint sich damit arrangieren zu können. Er sagt: „Das Ranking muss man akzeptieren. Sonst hätte man sich die ganze Vorarbeit sparen können.“ Für ihn sei es aber wichtig, dass Baden-Baden als Gesundheitsstadt in der künftigen Klinikstruktur weiter „angemessen repräsentiert“ sei.

Wie stellt sich Späth die angemessene Repräsentanz vor?

Der OB zählte dazu drei Punkte auf. Es sei wichtig, dass sich die Stadt Baden-Baden im Namen des Zentralklinikums wiederfinde. Zu sprechen sei auch über die Gesellschafteranteile am Klinikum Mittelbaden. Bislang gehören 60 Prozent dem Landkreis, 40 Prozent der Kurstadt.

Und der dritte Punkt?

Da wartete Späth mit einer echten Überraschung auf: „Wir brauchen auch künftig Kinder, die in Baden-Baden geboren wurden.“ Welche Idee ihm vorschwebt, ließ er zunächst offen, machte aber klar: „Wir müssen eine Lösung finden. Das muss gewährleistet sein.“ Für ihn sei dieser Punkt „elementar“. Nach Angaben von Michael Janke, Sprecher des Landratsamts, könnte die Lösung darin liegen, einen Gemarkungstausch auf dem künftigen Klinik-Gelände zu organisieren: „Das ist derzeit in der Diskussion.“ Ein Fleckchen Baden-Baden in Rastatt sozusagen. Dieses könnte ermöglichen, dass Kinder das Licht der Welt auf einer Insel der Kurstadt erblicken.

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