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In der Gemeinschaft schmeckt es besser

Ehrenamtliche kochen regelmäßig in der Bickesheimer Pfarrscheune in Durmersheim für Bedürftige

Eineinhalb Jahre lang war die Bickesheimer Pfarrscheune wegen Corona verschlossen. Nun aber ist dort das Essen für Bedürftige, wieder angelaufen. Einmal pro Woche bereiten ehrenamtliche Kräfte dort ein Mittagessen zu. Viele Stammgäste kommen zu Besuch.

Fünf Personen  mit Masken, Küche
Ein Team engagierter Helfer: Der Mittagstisch für Bedürftige in der Bickesheimer Pfarrscheune hat nach langer Coronapause wieder geöffnet. Einmal pro Woche bereiten die Ehrenamtlichen das Essen zu und achten auf einen abwechslungsreichen Speiseplan. Foto: Hans-Jürgen Collet

Auf den Tischen stehen kleine Nikoläuse und Tannenbäumchen. Aus der Küche duftet es herzhaft und schon kurz nach halb Elf Uhr trudeln die ersten Gäste in der wohlig warmen Pfarrscheune ein.

„Gibt es heute Püree?“, fragt ein älterer Mann, der gerade zur Tür hereinkommt. Apollonia Jonczyk verneint – und sagt, dass diesmal Kartoffeln auf dem Speiseplan stehen – mit Schäufele und Sauerkraut.

„Das ist auch gut“, strahlt der Mann, bevor er Platz nimmt.

Mittlerweile über 10.000 Essen ausgegeben

Jonczyk kennt sie fast alle, die an diesem Vormittag in die Pfarrscheune kommen. „Wir haben derzeit fast nur Stammgäste“, sagt sie. Seit 2018 organisiert die Durmersheimerin das Essen für Bedürftige, das einmal pro Woche in der Pfarrscheune direkt neben der Wallfahrtskirche von Maria Bickesheim angeboten wird.

Die Tradition reicht indessen bereits bis ins Jahr 2009 zurück wo nach einer Initiative des ehemaligen Klosterrektors Krzysztof Labak dieses Essensangebot eingeführt und unter der Regie von Helmut Weisenburger, einem vielfach engagierten Mitglied der Pfarrgemeinde, zu einer festen Einrichtung wurde.

Im ersten Jahr 2009 wurden 161 Essen ausgegeben, erinnert sich Jonczyk. Mittlerweile seien es insgesamt schon über 10.000. Ein herber Schlag war indessen die lange, coronabedingte Zwangspause, die Anfang 2020 begann. „Anderthalb Jahre hatten wir geschlossen“, bedauert die Organisatorin. Nun aber ist der Betrieb seit wenigen Wochen wieder angelaufen.

Vier Kochteams wechseln sich ab und stellen den Speiseplan zusammen

Vier Kochteams mit jeweils vier bis fünf kochbegeisterten Damen und Herren wechseln sich bei der Zubereitung des Mittagessens ab. Einige Frauen sind schon von Anfang an dabei. Seit sechs Jahren dazu gehört Brigitte Mannal.

„Das macht einfach Spaß, jeder im Team hat seine Aufgabe“, sagt sie bestens gelaunt und betont: „In der langen Zwangspause hat uns immer etwas gefehlt, obwohl wir mit Telefonaten oder Whats App Kontakt zueinander gehalten haben.“

Nach den teaminternen Absprachen wird gleich der Speiseplan für die nächste Zusammenkunft besprochen und festgelegt, wer dann welche Zutaten mitbringt. Auch für einen Nachtisch soll immer gesorgt sein.

Wir schicken niemanden weg.
Apollonia Jonczyk, Organisatorin

Nach der Wiederöffnung herrsche nun fast ein Überangebot an hilfsbereiten Köchinnen und Köchen, sagt Jonczyk und fügt hinzu: „Wir haben sogar eine Warteliste“. Die Kosten für Speis und Trank werden mit dem Pfarrbüro abgerechnet, wobei für das Mittagessen von den Gästen um eine kleine Aufwandsentschädigung von 1,50 Euro gebeten wird.

„Allerdings bekommen auch diejenigen ein Essen, die sich das nicht leisten können. Wir schicken deshalb niemanden weg“, betont Jonczyk und hofft, dass eine örtliche Bäckerei die vor Corona gepflegte Tradition einer regelmäßigen Kuchenspende vielleicht bald wieder aufleben lässt.

Große Hilfsbereitschaft zu verzeichnen

Jonczyk nimmt am Eingang jeden Gast persönlich in Empfang, notiert die Kontaktdaten, desinfiziert Tische und Bänke, kontrolliert aber auch den geforderten Impfstatus: „Es sind eigentlich alle geimpft, die zu uns kommen“, weiß sie, und braucht sich deshalb die Nachweise meist gar nicht mehr zeigen zu lassen, denn es sind fast nur bekannte Gesichter, die zum Essen kommen

Vor Corona durfte sich jeder mit Kaffee, Tee oder anderen Getränken selbst versorgen. Nun aber bleiben die Gäste an ihren Tischen und werden dort bedient, erklärt Jonczyk.

Maximal 15 Besucher dürfen momentan zur gleichen Zeit in der Pfarrscheune gemeinsam speisen. Wenn es mehr werden, sollten die Leute relativ bald nach dem Essen wieder ihren Platz räumen, um den anderen Menschen, die gerne hinein gelassen werden wollen, noch die Chance dafür zu bieten, erklärt Jonczyk.

Es ist hier immer ruhig und gemütlich, richtig familiär.
Thomas Megerle, Stammgast aus Karlsruhe

Dabei kommen die Gäste beileibe nicht nur aus Durmersheim oder den umliegenden Nachbargemeinden. Thomas Megerle etwa findet seit sechs Jahren regelmäßig aus Karlsruhe den Weg in die Bickesheimer Pfarrscheune. Und warum? „Es ist hier immer ruhig und gemütlich, richtig familiär“, sagt er und freut sich vor allem darüber, dass „es keine Massenabfertigung wie andernorts ist.“

Zudem lobt er die gute Organisation der ehrenamtlichen Kräfte, die für die Essenszubereitung sorgen. In der Vesperkirche in Karlsruhe etwa fühle er sich längst nicht so wohl: „Da werden auch Hunde mitgebracht und es ist mir zu viel Geschrei“, sagt Megerle.

Ich bin froh, dass ich hier so eine nette Unterhaltung habe.
Erwin Heiling, Stammgast aus Wilferdingen

Zur alteingesessenen Stammkundschaft zählt auch Erwin Heiling. Er lässt sich von einem Bekannten regelmäßig sogar aus Wilferdingen nach Durmersheim fahren. „Ich mache das, seit meine Frau im Altersheim ist“, sagt Heiling, der sein Zuhause in einem betreuten Wohnprojekt in Wilferdingen hat.

„Die Gesellschaft ist mir wichtig, ich kann mich zwar auch selbst versorgen, bin aber froh, dass ich hier so eine nette Unterhaltung habe“, meint er schmunzelnd. Und sein Lieblingsessen? „Maultaschen“, sagt er nach kurzem Überlegen. Und die schmecken ihm in der heimeligen Pfarrscheune besonders gut.

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