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Demonstration gegen den Lärm in Hügelsheim

Gut 260 junge und alte Hügelsheimer protestieren gegen den Verkehrslärm auf der Hauptstraße

Seitdem das Regierungspräsidium Karlsruhe die Anbindung des Baden Airpark an die Autobahn gekippt hat, regt sich Protest in Hügelsheim: Jetzt gingen rund 260 Anwohner auf die Straße, um für eine Verkehrsentlastung zu demonstrieren.

Klare Botschaften: Mit Masken und Abstand und ohne viel Getöse zog der Demonstrationszug über die Hauptstraße einmal von Norden nach Süden.
Klare Botschaften: Mit Masken und Abstand und ohne viel Getöse zog der Demonstrationszug über die Hauptstraße einmal von Norden nach Süden. Foto: Hans-Jürgen Collet

Es ist zwei Minuten nach 16 Uhr: Noch rollt der Verkehr, doch kurz nachdem noch ein Laster durch den Kreisverkehr am nördlichen Ortseingang von Hügelsheim gerollt ist, blockiert die Polizei die Zufahrt. Statt Autos erobern jetzt Fußgänger die Hauptstraße.

Hügelsheimer sind zufrieden mit der Aktion

Bei der Aufstellung des Demonstrationszugs auf dem großen Platz hinter der Druckerei Naber spricht Bürgermeister Reiner Dehmelt noch von 230 angemeldeten Teilnehmern. Kurz darauf schon korrigiert er sich: Ein Blick auf die aktuellsten Zahlen zeigt – 260 Personen haben sich offiziell registriert. „Ich bin überwältigt von der Anzahl“, sagt er später. „Das macht schon stolz.“

Stiller Protest: Die Masken unterstrichen die Wirkung.
Stiller Protest: Die Masken unterstrichen die Wirkung. Foto: Hans-Jürgen Collet

Einer von ihnen ist Volker Lorenz, der sich seit Jahren für eine Entlastung der Hauptstraße engagiert. Über seiner Maske, die bis auf die Kinder alle Teilnehmer tragen müssen, zeichnen sich Lachfalten um seine Augen ab: „Es ist super gut, dass wirklich demonstriert wird.“ Er hofft, dass Hügelsheim mit der Demo zeigt, dass es so nicht weitergehen kann.

Ich bin überwältigt von der Teilnehmerzahl.
Reiner Dehmelt, Bürgermeister

Was dieses „so“ bedeutet, fällt vor allem den Zuschauern am Rande der Straße auf: Erstaunt stellen sie fest, wie langsam die Autos auf der Gegenfahrbahn sind. Und wie leise es plötzlich ist. Was sonst nicht geht, ist an diesem Nachmittag möglich: Einfach mal über die Straße zu laufen.

„Ich habe ständig Angst wegen der Kinder“, sagt eine Mutter, die mit ihrem Sohn auf dem Bürgersteig steht. „An die 30er-Zone hält sich sowieso keiner. Und das ist der Weg zum Kindergarten und zur Schule. Einfach alles.“ Das ist auch der Grund, aus dem Marco und Tamara Traub mit dem Kinderwagen dabei sind. „Wir wohnen zwar in zweiter Reihe, aber irgendwann müssen wir in den Kindergarten. Und das ist eine Katastrophe.“

Viele wünschen sich eine Wiederholung

Hinter dem gut 130 Meter langen Tross – die Teilnehmer laufen in Dreierreihen mit eineinhalb Metern Abstand in alle Richtungen – zuckelt der Verkehr in Schrittgeschwindigkeit durch die Hauptstraße. Hin und wieder nutzt ein Autofahrer eine Seitenstraße, um die Demo zu umrunden.

Doch viele bleiben dahinter, wie der Pritschenwagen einer Gartenbaufirma, die auf dem Airpark-Gelände ihren Sitz hat und dessen Insassen regelmäßig durch Hügelsheim müssen. Klar habe er Verständnis, ruft der Fahrer durchs geöffnete Fenster. „Das ist ja immer ein Zirkus hier.“ Eine Umgehung, die würde nicht nur den Anwohnern, sondern auch ihm viel bringen, ist er überzeugt.

Konnten nicht Mitlaufen: Oskar und Monika Trapp wohnen seit 53 Jahren an der Hauptstraße. Ihre Meinung brachten sie am Rande der Demo dennoch zum Ausdruck.
Konnten nicht Mitlaufen: Oskar und Monika Trapp wohnen seit 53 Jahren an der Hauptstraße. Ihre Meinung brachten sie am Rande der Demo dennoch zum Ausdruck. Foto: Swantje Huse

Auf Höhe der Eisdiele steht ein Ehepaar mit seinen Fahrrädern. Sie seien extra aus Stollhofen gekommen, erklären die beiden. „Wir finden die Aktion gut“, so der Mann. Allerdings müsse man häufiger demonstrieren. „Damit die Obrigkeiten das auch mitkriegen.“ Das ist auch die Meinung einer älteren Dame, die auf einer Bank an der Straße sitzt. Sie hat zu spät von der Demo gehört, konnte sich nicht mehr online registrieren, wollte aber dennoch unterstützen. „Das ist ein Anfang. Man spricht jetzt darüber“, sagt sie. Und: „Das sollte man in ein paar Monaten nochmal machen.“

Auch wenn wir es auch nimmer erleben. Für unsere Jungen dann wenigstens.
Monika Trapp, Anwohnerin der Hauptstraße

Noch ein Stück weiter die Straße hoch sitzen Oskar und Monika Trapp auf ihren Rollatoren und halten Protestschilder in die Luft: „Uns reicht’s“ steht darauf. Und: „Lärm und Gestank macht die Menschen krank“. Sie deutet auf den Rollator: „Wir können nicht mitlaufen. Aber protestieren wollen wir schon.“ Noch am Nachmittag haben die Senioren die Schilder gebastelt. Zwar glauben sie nicht dran, selbst was davon zu haben. „Auch wenn wir es auch nimmer erleben. Für unsere Jungen dann wenigstens.“

Ministerium kündigt Gespräch an

Eine gute halbe Stunde nach dem Start ist der Protestzug am südlichen Ortsausgang angekommen und löst sich wieder auf. Überall sind zufriedene Gesichter zu sehen. Eine Demonstrantin ruft: „Gut war’s.“ Und das findet auch Bürgermeister Dehmelt.

„Die Demonstration hat bewiesen, dass die Menschen eine Entlastung wollen.“ Und das sei auch schon zu den entsprechenden Stellen durchgedrungen. „Das Landratsamt hat mich informiert, dass sich das Ministerium dort gemeldet hat“, gibt sich Dehmelt hoffnungsvoll.

Inzwischen ist es fast Dreiviertel fünf: Statt auf der Straße laufen die Demonstranten nun wieder auf den Gehwegen zurück zu ihren Wohnungen und Häusern. Der Verkehr hat sich den Asphalt zurückerobert. Vor der Fleischerei stehen zwei Frauen und schauen den Autos nach. „Eine halbe Stunde lang haben wir uns normal unterhalten“, ruft die eine. „Und jetzt schreien wir uns wieder an.“

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