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Steigende Verluste

Klinikum als Patient: Kreistag Rastatt sendet Zeichen, Landräte fordern Finanzspritzen vom Bund

Der Rastatter Kreistag sichert das Klinikum Mittelbaden einmütig mit Verlustausgleichen ab. Doch die Krankenhäuser in Deutschland brauchen weitere Hilfe, ist man sich einig. Welche Forderungen die Landräte im Regierungsbezirk an den Bund stellen.

Ein Flur in einem Krankenhaus, am Bildrand stehen Patuentenbetten bereit.
Das Krankenhaus als Patient: Allein in diesem Jahr muss im Klinikum Mittelbaden mit einem Verlust von zehn Millionen Euro gerechnet werden. Die Lage ist bundesweit prekär. Foto: Andrea Fabry

Das Krankenhaus als Patient: Allein beim Klinikum Mittelbaden muss laut dem Rastatter Landrat Christian Dusch (CDU) in diesem Jahr mit einem Verlust von zehn Millionen Euro gerechnet werden.

Davon trage der Landkreis Rastatt entsprechend dem Gesellschafteranteil sechs Millionen Euro, der Stadtkreis Baden-Baden vier Millionen Euro. Die weitere finanzielle Situation ist prekär, wie das Landratsamt in einer Pressemitteilung feststellt. Bundesweit.

Die geplante Krankenhausreform soll zwar strukturelle Entlastung und langfristige Absicherung der Kliniken bringen. Bis dahin dauert es indes noch. Für das Klinikum Mittelbaden etwa wird laut Dusch bis zum Jahr 2027 ein Defizit von insgesamt 80 Millionen Euro erwartet.

„Wenn wir dies weiterhin aus eigener Kraft ausgleichen müssen, wird dies unsere Haushalte in einer ohnehin angespannten Situation massiv belasten. Viele wichtige Vorhaben müssten auf den Prüfstand“, so der Rastatter Landrat.

Forderung: Fünf-Milliarden-Euro-Finanzspritze soll Kliniken Überleben sichern

Er und seine sechs Landratskollegen im Regierungsbezirk Karlsruhe fordern daher vom Bund ein sogenanntes Vorschaltgesetz, das vor der Reform greift.

Eine mit mindestens fünf Milliarden Euro gefüllte Finanzspritze müsse für die Kliniken in Deutschland bis zum Jahr 2027 bereitgestellt werden, um deren Überleben zu sichern. In einem gemeinsamen Brief an die Bundestagsabgeordneten der Koalitionsfraktionen im Regierungsbezirk machen sie auf die prekäre Lage aufmerksam.

In dem Schreiben heißt es: „Ein reiches Land wie Deutschland, das schon vor 140 Jahren das solidarische System der Sozialversicherung eingeführt hat, muss (...) auch 2023 in der Lage sein, den Beschäftigten in den Krankenhäusern faire Löhne und den Lieferanten steigende Preise zu zahlen. Stattdessen werden aber die Landkreise als dafür unzuständige Ausfallbürgen in Haftung genommen und müssen mit Millionenbeträgen, die dann an anderen Stellen fehlen, ein System subventionieren, das sich nach dem Grundgedanken der Sozialversicherung eigentlich selbst tragen müsste. In unseren Augen ist das ein Armutszeugnis für unser Land.“

Die Landräte fürchten dramatische Folgen, falls die in kommunaler Trägerschaft befindlichen Kliniken bis zur Krankenhausreform nicht unterstützt werden: Eine „kalte Marktbereinigung, die schlicht den Prinzipien des Zufalls folgt“. Schon jetzt seien bundesweit mindestens 34 Kliniken in Insolvenz.

Rastatter Kreistag billigt Verlustausgleich für Klinikum Mittelbaden einstimmig

Unterdessen hat der Rastatter Kreistag aktuell die finanzielle Absicherung des Klinikums Mittelbaden gemäß seines 60-Prozent-Anteils einmütig gebilligt – 3,4 Millionen Euro Verlustausgleich für 2022, weitere 2,4 Millionen für nicht geförderte Investitionen und Abschreibungen der Jahre 2017 bis 2022 sowie eine Liquiditätsunterstützung in Höhe von sechs Millionen Euro im Haushaltsplan 2024.

Es seien Beschlüsse, zu denen es keine Alternative gebe, so Kreisrat Michael Weber (FDP). Allerdings gebe man mit der Einstimmigkeit das „gemeinsame Signal“ nach außen (Renate Schwarz, SPD), dass im Kreistag alle hinter dem Klinikum stünden. „Wir werden mit Sicherheit nicht dichtmachen“, sagte Manuel Hummel (Grüne).

„Dass wir bereit sind, so viel Geld in die Hand zu nehmen, zeigt, dass uns die Gesundheitsvorsorge am Herzen liegt“, betonte Andreas Merkel (CDU). Behauptungen, denen zufolge man „Gesundheitspolitik nach Kasse“ mache, seien Unsinn. Gleichwohl forderte auch er finanzielle Soforthilfe vor der geplanten Reform. „Die Zahlen belegen eindrücklich, dass die Kliniken auf Hilfe angewiesen sind.“

Während der Pandemie Beifall klatschen, aber schon wenig später dann wieder alles vergessen haben?
Die sieben Landräte
des Regierungsbezirks Karlsruhe

Die sieben Landräte im Regierungsbezirk fordern die Bundestagsabgeordneten auf, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass die Krankenhäuser überhaupt die Chance bekommen, sich in zukunftsfesten Strukturen neu aufzustellen.

Eine Reform, die zu spät komme, verfehle ihren Sinn. „Während der Pandemie Beifall klatschen, aber schon wenig später dann wieder alles vergessen haben?“ Das sei nicht zuletzt auch ein Schlag ins Gesicht derer, „die rund um die Uhr für uns da waren und auch weiterhin da sind“.

Der Brief ist unterzeichnet von Helmut Riegger (Landkreis Calw), Bastian Rosenau (Enzkreis), Klaus Michael Rückert (Landkreis Freudenstadt), Christoph Schnaudigel (Landkreis Karlsruhe), Achim Brötel (Neckar-Odenwald-Kreis), Christian Dusch (Landkreis Rastatt) und Stefan Dallinger (Rhein-Neckar-Kreis). Dem Landratsamt Rastatt zufolge wurde er bei einer Tagung der Landräte in Gernsbach initiiert.

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