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Initiative von Heidi Bechler

Kranke Menschen sollen in Muggensturm gemeinsam singen

Die Vorsitzende des Muggensturmer Arbeitergesangvereins Harmonie, Heidi Bechler, startet zum Jubiläumsjahr ihres Vereins ein besonderes Projekt. Eine zentrale Rolle spielt für sie dabei die heilende Wirkung der Musik.

Frau vor einer Wand
Heidi Bechler ist überzeugt davon, dass Singen in der Gemeinschaft positive Auswirkungen auf das gesundheitliche Befinden hat. Foto: Stefan Maue

Es ist ein ungewöhnliches Projekt, das Heidi Bechler realisieren will. Die Muggensturmerin erfuhr im vergangenen Jahr aus den Medien von einer Frau, die an Krebs erkrankt war und nach ihrer Therapie für sich das Singen entdeckte.

Danach hatte sie sich entschlossen, einen Chor zu gründen mit Frauen, die alle an Krebs erkrankt waren. „Daraus ist ein Chor von 70 Personen entstanden“, sagt Bechler. Eine begleitende Studie habe dabei ergeben, dass Singstunden für die Gesundheit durchaus förderlich sein können.

Das Singen hat mir geholfen, meine Krankheit besser zu ertragen.
Heidi Bechler
Vereinsvorsitzende

„Eine tolle Idee“, dachte sich Bechler, die davon total fasziniert war. Einige Monate später erkrankte sie selbst an Krebs und will bewusst sehr offen damit umgehen. „Ich singe schon mein ganzes Leben lang und habe versucht, auch während der Chemotherapie immer in die Singstunde beim Arbeitergesangverein Harmonie zu gehen“, sagt Bechler.

Und sie ist überzeugt: „Das Singen hat mir geholfen, meine Krankheit, die damit verbundenen Schmerzen und die Nebenwirkungen der Therapie besser zu ertragen.“

Beim Singen, egal ob alleine oder mit Freunden, könne sie ihre Krankheit und alles um sie herum ausblenden. Bechler zitiert dabei auch die Worte des spanischen Cellisten Pablo Casals, der einmal sagte: „Dem Ruhelosen gibt die Musik Frieden und den Weinenden tröstet sie.“

Im Krankenhaus ein eigenes Lied geschrieben

Nicht nur nach ihrer Überzeugung könne das Singen Herz und Kreislauf stärken, für gute Laune sorgen und den Stresslevel senken. Clemens Wöllner, Professor für Systematische Musikwissenschaft an der Universität Hamburg, bekräftigt aus seiner Erfahrung: „Die wohl stärkste psychische Wirkung von Musik ist ihr Einfluss auf unsere Emotionen. Das ist für viele Menschen sogar einer der Hauptgründe, warum sie Musik hören.“

Seit 20 Jahren schon ist Bechler Mitglied im Muggensturmer Arbeitergesangverein Harmonie und mittlerweile dort auch Vorsitzende. „Ich merke, dass Singen mich glücklich macht“, sagt sie. Als sie im Krankenhaus lag, habe sie auch ein Lied geschrieben – zum ersten Mal in ihrem Leben.

Ihr Freund Adolf Riedel arrangierte die Musik dazu. „Ich konnte das Lied aber selbst noch nicht singen, weil ich beim Versuch immer wieder in Tränen ausgebrochen bin“, erzählt die 68-Jährige. Zum Ausdruck bringen will Bechler darin den Dank und die hohe Wertschätzung für all die Menschen, die sie in der schweren Zeit ihrer Krankheit unterstützen.

Jubiläumskonzert am 15. Dezember geplant

Beim Jubiläumskonzert des AGV zum 125-jährigen Bestehen am 15. Dezember im Pfarrheim soll ihr Lied erstmals zu hören sein. Dabei will der Verein allen Menschen, die erkrankt sind, eine Plattform schaffen und sie dazu motivieren, gemeinsam im Chor mitzusingen, um damit möglicherweise auch die Selbstheilungskräfte zu aktivieren.

Geprobt wird in den Singstunden immer mittwochs um 18.30 Uhr anderthalb Stunden lang in der Mehrzweckhalle. „Alle im Verein sind begeistert von der Idee“, sagt Bechler. Dirigent Patrick Benz sagt: „Ich würde mich freuen, wenn viele mitmachen, denn das gemeinsame Singen könnte schon einen positiven Effekt haben.“

Ich würde mich freuen, wenn viele mitmachen.
Patrick Benz
Dirigent

Auch aus den umliegenden Gemeinden seien alle Interessierten eingeladen. Bürgermeister Johannes Kopp (SPD), Vorsitzender des Bürgermeisterchors, der im Übrigen am 20. März im Gaggenauer Helmut-Dahringer-Quartiershaus gastiert, zeigt sich von Bechlers Projekt ebenfalls angetan: „Das Singen befreit von den Alltagssorgen und dem täglichen Stress.“

Das Singen befreit von Alltagssorgen
Johannes Kopp
Bürgermeister

Heidi Bechler betont indessen, dass „wir keine Therapiestunde machen wollen, sondern es ein unbeschwertes gemeinsames Singen werden soll“. Dabei verspricht sie, dass „keiner vorsingen muss.“ Und die Stilrichtung? „Es geht querbeet“, sagt Bechler. Das Liedgut reiche von alt bis modern. Auch Titel von Nicole, Siegerin beim Eurovision Song Contest, oder von Hubert von Goisern seien beispielsweise im Repertoire.

Liedgut ist breit gefächert

Der Chor des Arbeitergesangvereins umfasst derzeit 20 Sängerinnen und Sänger und ist vierstimmig. „Wir lassen uns überraschen, wie unser Angebot angenommen wird. Es geht darum, die Menschen zu motivieren, dabei mitzumachen“, sagt Bechler.

Die Muggensturmerin ist derweil nicht nur als Sängerin aktiv, sondern auch in der örtlichen Seniorenarbeit überaus engagiert. Seit 20 Jahren leitet sie den Seniorentreff und organisiert dabei eine Vielzahl an Aktivitäten. Dazu gehört am Donnerstag, 28. März, von 10 bis 12 Uhr auch der Verkauf von 1.000 Ostereiern, die von den Senioren gefärbt wurden. Eierlikör und Orangengelee werden vor dem Rathaus ebenfalls verkauft. Der Erlös kommt dem Kinderhospiz Baden-Baden Rastatt Murgtal zugute.

Auch Ausflüge in die nähere Umgebung und andere Unternehmungen konzipiert Bechler für die Senioren, genauso wie Gymnastikangebote oder gemeinsames Frühstück: „Egal welche Ideen ich habe, ich werde von der Gemeinde immer unterstützt.“

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