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Nicht mehr nur letzter Ausweg

Pfandhaus Rastatt: "Man darf nicht jede Geschichte glauben, vor allem wenn es ums Geld geht“

Schmuddelig war früher. Die Kundschaft des Rastatter Pfandhauses ist ein Querschnitt durch die ganze Bevölkerung. Sie reicht vom Sozialhilfe-Empfänger bis hin zum wohlhabenden Unternehmer. Da wird durchaus auch Kurioses als Pfand angeboten.

Glänzende Aussichten: Dirk Walzenbach, Inhaber des Rastatter Pfandhauses, schätzt den Goldschmuck einer Kundin.
Glänzende Aussichten: Dirk Walzenbach, Inhaber des Rastatter Pfandhauses, schätzt den Goldschmuck einer Kundin. Foto: Alina Meier

Ein unauffälliger Eingang, im Vorbeigehen fast schon leicht zu übersehen. Nach dem Klingeln öffnet sich die Tür und der Kunde betritt den Vorraum, der eher aussieht wie der Schalterraum einer Bankfiliale. Vom einst unseriösen und schmuddeligen Ruf des Gewerbes ist im Rastatter Pfandhaus nichts zu spüren.

Das Pfandhaus hat sein verruchtes Image von früher weitgehend verloren, findet auch Dirk Walzenbach, der das Rastatter Pfandhaus zusammen mit seiner Frau Kathrin seit fast zehn Jahren betreibt. Es gebe zwar noch Kunden, denen es schwer falle zu ihnen zu kommen, aber der Großteil habe kein Problem mehr damit.

„In anderen Kulturen ist das völlig normal“, erklärt Dirk Walzenbach. Es kommt aber immer auf den Anlass eines Pfandhaus-Besuchs an. In Rastatt sei die Kundschaft ein Querschnitt aus allen gesellschaftlichen Schichten.

Vom Sozialhilfe-Empfänger bis zum wohlhabenden Unternehmer

Das fange an bei einem, der sein silbernes Armkettchen mit zehn Euro beleiht, um sich für die letzten Tage des Monats noch etwas zu essen zu kaufen. Dann gebe es den Handwerker, der etwas beleihe, um schnell eine Rechnung bezahlen zu können. Meist weil von seinen eigenen Kunden noch Rechnungen ausstünden.

Genau so komme aber auch der eigentlich wohlhabende Unternehmer ins Pfandhaus, der eine Baumaschine oder eine hochpreisige Uhr beleihe, um kurzfristig flüssig zu sein.

„Hauptsächlich werden bei uns Schmuckstücke und wertbeständige Luxusgüter beliehen“, sagt Walzenbach. Dazu zähle alles was beweglich ist, vor allem aber Goldschmuck, -münzen, -barren und auch Fahrzeuge.

Bei Elektronik ist der Wertverfall zu groß

„Elektronik nehmen wir eigentlich kaum mehr an, da ist der Wertverfall mittlerweile einfach zu groß.“ Da werde dann durchaus mal Kurioses als Pfand angeboten, erzählt der 42-Jährige: „Das Spektakulärste, was wir einmal als Pfand angenommen haben, war ein Ultraleicht-Flugzeug.“

Neben dem Pfandleihgeschäft nimmt das Ehepaar Walzenbach Gold zum Kauf an. Hier seien die Kunden ebenfalls oft Leute, die kleine Beträge zum Leben brauchten.

Gleichzeitig bemerken die beiden aber einen Trend: Immer mehr Menschen im Alter zwischen 55 und 65 kämen zu ihnen. Sie verkauften alten Schmuck, den sie sowieso nicht mehr tragen würden.

Diese Personen räumten nicht nur zuhause, sondern regelrecht ihr ganzes Leben auf und wollten sich einfach selbst etwas Gutes tun, berichtet Walzenbach. „Viele gehen hier zur Tür raus und ein paar Meter weiter direkt ins Reisebüro.“

Am Monatsende überbrücken viele mit einer Pfandleihe

Die Kundenströme unterscheiden sich deutlich an den verschiedenen Zeiten im Monat. „Am Monatsanfang und am 15. kommen viele und lösen ihre Pfänder wieder aus oder verlängern ihren Pfandvertrag“, sagt Walzenbach, denn da komme bei den meisten das Geld. Am Monatsende hingegen überbrückten viele dann mit einer Pfandleihe oder einem Verkauf.

Die Walzenbachs haben auch Stammkunden die seit den Anfängen des Pfandhauses zu ihnen kommen. Manche von ihnen hätten seitdem auch immer den gleichen Pfand bei ihnen, zahlten immer die Gebühren und Zinsen die insgesamt weit höher sind als der ursprüngliche Wert des Pfandes.

Manche meinen, sie sind hier bei der Fernsehsendung ‚Bares für Rares‘
Dirk Walzenbach

Sie schafften es aber nicht, den Betrag zum Auslösen auf einmal aufzubringen. Natürlich steckten dahinter Geschichten und Schicksale, gibt Walzenbach zu, aber in ihrer Zeit als Pfandleiher hätten sie gelernt, die nicht zu nahe an sich heranzulassen.

„Man darf nicht jede Geschichte glauben, vor allem wenn es ums Geld geht“, weiß Walzenbach. „Manche meinen, sie sind hier bei der Fernsehsendung ‚Bares für Rares‘. Aber auch wenn viele es versuchen, bei mir wird nicht gehandelt.“

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