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Aktueller Stand

Die wichtigsten Antworten zur brutalen Prügelattacke im Rastatter Bahnhof

Nach der Prügelattacke am Rastatter Bahnhof, bei der zwei 13-Jährige eine 14-Jährige brutal zusammengeschlagen haben, hat die Polizei neue Erkenntnisse. Ein aktueller Überblick.

Ein Bahnsteig am Bahnhof Rastatt. In dem Bahnhof haben zwei Mädchen eine 14-Jährige brutal zusammen geschlagen und dabei schwer verletzt.
Ein Bahnsteig am Bahnhof Rastatt. In dem Bahnhof haben zwei Mädchen eine 14-Jährige brutal zusammen geschlagen und dabei schwer verletzt. Foto: Uli Deck/dpa

Inzwischen ist nach der massiven Schlägerei zwischen jugendlichen Mädchen im Bahnhof in Rastatt bekannt, dass die Fälle in Rastatt und Gaggenau in Zusammenhang mit zwei weiteren Prügeleien stehen, die sich im Herbst in der Karlsruher U-Bahnstation am Marktplatz ereignet haben.

Neu ist unter anderem auch die Erkenntnis der Polizei, dass sich der Angriff in Rastatt nicht am Samstag-, sondern am Sonntagabend ereignete.

Die gute Nachricht: Das Opfer ist weniger schwer verletzt als zunächst angenommen. Das Mädchen ließ sich am Montag von einem Arzt behandeln und musste nicht ins Krankenhaus.

Einige Fragen und Antworten zu dem Thema (mit Material von dpa).

Gab es in der Vergangenheit ähnliche Vorfälle in der Region?

Im November vergangenen Jahres hatte die Polizei Karlsruhe hinsichtlich eines Videos ermittelt, das offenbar im Bereich einer U-Bahn-Haltstelle in der Innenstadt aufgenommen worden war und ebenfalls eine Prügelszene unter Jugendlichen zeigte. Seit Mittwoch ist klar: Das Opfer ist dasselbe Mädchen wie bei der neuerlichen Gewaltorgie in Rastatt. Die 14-Jährige ist außerdem auf einem Video zu sehen, das laut Polizei am vergangenen Samstag im Gaggenauer Murgtalcenter aufgenommen wurde. Auch dort geriet sie mit einem weiteren 13-jährigen Mädchen aneinander. Im Gaggenauer Fall wird auch gegen die 14-Jährige selbst wegen Körperverletzung ermittelt. Ihre Kontrahentin in Gaggenau ist jedoch eine andere als die Täterinnen in Rastatt.

Ein ähnlicher Fall hatte sich zudem im vergangenen Mai in der Rastatter Bahnhofsunterführung ereignet: Damals soll eine 17-Jährige eine Gruppe anderer junger Frauen attackiert haben. In der Folge wurde sie von der Gruppe mit Pfefferspray besprüht (wir berichteten).

Welche Strafen drohen den Mädchen?

Gegen Kinder unter 14 kann von der Staatsanwaltschaft kein Strafverfahren eingeleitet werden – auch nicht bei gefährlicher Körperverletzung. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Baden-Baden ist es in solchen Fällen üblich, dass das Jugendamt verständigt wird. Dieses prüft Maßnahmen und auch, ob zum Beispiel Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind. Im schlimmsten Fall könnte eine Entziehung des Sorgerechts drohen. Zwischen 14 und 18 Jahren gilt Jugendstrafrecht. Das Jugendgericht kann verwarnen, Arbeitsstunden, eine Geldstrafe oder eine Jugendstrafe verhängen.

Was droht denjenigen, die das Ganze vom Rand aus beobachteten?

Wer nur zugeschaut hat, nicht eingegriffen und nicht mal die Polizei oder Rettungskräfte alarmiert hat, dem droht ein Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung und damit eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Wer zum Prügeln anfeuert, kann auch wegen Anstiftung oder Beihilfe belangt werden.

Können Video-Filmer und -Verbreiter bestraft werden?

Es gibt das Recht am eigenen Bild. Laut dem Portal urheberrecht.de kann das Filmen und Zurschaustellen einer hilflosen Person eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren nach sich ziehen. Wie das Polizeipräsidium Offenburg am Mittwoch mitteilte, konnten schon einige der Zeugen des Vorfalls, die das Geschehen filmten, aber nicht eingriffen oder die Polizei alarmierten, identifiziert werden. Es handele sich größtenteils um Kinder und Jugendliche.

Wie geht es mit den Ermittlungen weiter?

Das Opfer konnte von der Polizei inzwischen vernommen werden. Das Polizeirevier Rastatt such allerdings noch weitere Zeugen und Fahrgäste, die zu den Vorfällen des vergangenen Wochenendes sachdienliche Hinweise geben können. Wer etwas beobachtet hat, wird unter Telefon (0 72 22) 76 10 um Kontaktaufnahme gebeten.

Was sagen die Statistiken zur Jugendkriminalität im Land?

Stand 2021 - neuere Zahlen gibt es noch nicht - ist unter dem Strich die Zahl tatverdächtiger junger Menschen unter 21 Jahren schon im vierten Jahr in Folge gesunken. Das gelte aber nicht für das Gewaltdelikt Totschlag, wie das Innenministerium weiter mitteilte: Hier stieg die Zahl der Verdächtigen um 30 Prozent auf 82 Personen. Auch bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sei ein deutlicher Anstieg um rund 47 Prozent zu verzeichnen - vor allem was die Verbreitung pornografischer Schriften betrifft.

Wie lässt es sich erklären, dass keiner der Zeugen dem Opfer geholfen oder Hilfe gerufen hat?

Die Sozialpsychologie führt ein entsprechendes Verhalten auf den sogenannten Zuschauereffekt zurück. Er beschreibt das Phänomen, dass die Wahrscheinlichkeit der Hilfeleistung in einem Notfall mit steigender Anzahl der Umstehenden abnimmt. Ursächlich dafür sei die Verantwortungsdiffusion, also das Abschieben der Verantwortung auf die anderen, erläuterte Gerd Bohner, Professor für Sozialpsychologie an der Universität Bielefeld. „Jeder denkt, es wird schon ein anderer helfen.“ Bei Gewalttaten könne zudem auch die Angst davor, selbst in Gefahr zu geraten, von einer Intervention abhalten.

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