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Erfolg bei der Wiederansiedlung

Sensation im Kreis Rastatt: Fischadler brütet erstmals seit 1907 wieder im Südwesten

Vor über 100 Jahren noch wurde der Fischadler im Südwesten erbarmungslos gejagt und ausgerottet. Nun haben Vogelschützer lange versucht, ihn wieder anzusiedeln – offenbar mit Erfolg.

Zwei Fischadler im Nest.
Nach mehr als 110 Jahren sind die Fischadler wieder als Brutvogel in Baden-Württemberg angekommen. Foto: Daniel Schmidt-Rothmund/Nabu

Ostern war zwar schon einige Tage vorbei – doch diese Eiersuche war für Daniel Schmidt-Rothmund dennoch etwas ganz Besonderes: Drei Vogeleier mit rötlich-braunen Flecken entdeckte er auf Bildern der Wildkamera im gepolsterten Horst der Fischadler.

Es ist die erste nachweisliche Brut seit mehr als 110 Jahren in Baden-Württemberg – und eine Sensation, die den 59-jährigen Ornithologen für den Aufwand vieler Jahre belohnt.

„Dieser Erfolg im Landkreis Rastatt hat eine längere Vorgeschichte“, erzählt Schmidt-Rothmund, Leiter des Nabu-Vogelschutzzentrums Mössingen, der sich schon seit seiner Diplomarbeit mit Fischadlern beschäftigt.

Diese Vögel bauen nicht irgendwo, sondern sie lieben Wälder mit einzelnen, alles überragenden Baumriesen, auf denen sie wie der König im Nest sitzen und den gesamten Wald überblicken können. Dazu geeignete Bäume sind allerdings ebenso selten wie die Fischadler.

Drei Kunsthorste wurden aufgebaut, um die Vögel anzulocken

„Zudem bleiben die Vögel auch für den Nestbau normalerweise gerne in der Nähe ihres Geburtsortes. In den letzten Jahren gab es nun Brutnachweise auf französischer Seite und das war der Anlass für uns, den Vögeln auf der deutschen Seite Kunstnester anzubieten, sozusagen ein ,Lockangebot’“, so Schmidt-Rothmund.

Mit dieser Methode habe er bereits in anderen Regionen in Deutschland, Polen, Frankreich und der Schweiz Erfolg gehabt. Im Landkreis hat Schmidt-Rothmund im Rahmen eines gemeinsamen Interreg-Projekts des Nabu Baden-Württemberg und der französischen Partnerorganisation LPO (Liga für Vogelschutz), unterstützt von der Artenschutzstiftung des Karlsruher Zoos, drei solcher Kunsthorste inklusive Wildtierkameras angebracht.

Das Ganze war sehr zeitaufwändig, man musste geeignete Bäume finden, die Nester in die Wipfel schaffen, dort sicher befestigen und konnte dann nur hoffen, dass die Vögel die Kunstnester auch als geeignet einstufen würden.

„Im vergangenen Jahr kam ein Fischadler schon einmal für eine kurze Stippvisite vorbei, ebenso aber auch Kanada- und Nilgänse, denen das Nest auch sichtbar gefiel“, erinnert sich Schmidt-Rothmund.

Daniel Schmidt-Rothmund vor einem Kunsthorst.
Freut sich über den Erfolg: Nabu-Experte Daniel Schmidt-Rothmund. Foto: Daniel Schmidt-Rothmund/Nabu

Trotzdem seien alle Beteiligten optimistisch gewesen, denn der Fischadler habe damals bereits begonnen, den Horst auszupolstern.

Kurzfristig fiel auch noch die Kamera aus

In diesem Jahr waren die Nerven angespannt, zumal auch noch die Kamera ausfiel und kurzfristig ersetzt werden musste. Am 7. April lieferte sie dann das ersehnte Bild des Vogels, am 15. April das erste Ei und ein paar Tage später das Gelege mit drei Eiern.

Seitdem bekommen die Biologen regelmäßig Bilder der brütenden Vögel, die in dem großen Horst mit einem Durchmesser von circa 1,20 Meter noch ein bisschen „verloren“ wirken. Aber wenn alles gut geht und die Jungen alle schlüpfen, brauchen sie den Platz; ausgewachsene Fischadler erreichen eine Größe von rund 55 bis 65 Zentimeter und ein Flügelspannweite von 1,60 und 1,80 Metern Länge.

Aufnahme einer Wildkamera mit einem Fischadlerpaar und drei Eiern im Nest.
Drei Eier sind in der Wildkamera im Landkreis Rastatt zu sehen. Nach 38 Tagen sollen die Küken schlüpfen. Foto: Daniel Schmidt-Rothmund/Nabu

Die beiden brütenden Fischadler im Landkreis sind übrigens beringt und lassen sich demzufolge zuordnen. Das Männchen ist neun Jahre alt und aus Sachsen-Anhalt in den Südwesten gezogen. Auch das Weibchen ist beringt, seine Herkunft bisher aber noch unbekannt. Für die beiden ist es bereits die dritte Brut.

„Jetzt müssen Vogelfans im Land kräftig die Daumen drücken, damit Ende Mai die drei Küken schlüpfen“, so Schmidt-Rothmund. Und auch dann heiße es für das Fischadlerpaar: wachsam bleiben. Am ersten Brutplatz des Paares im Elsass seien gleich zwei Bruten komplett von einem Habicht oder Uhu geräubert worden. Auch Störungen durch Menschen sind natürlich sehr relevant, heute wie damals.

Als vermeintlicher Nahrungskonkurrent wurde er erbarmungslos abgeschossen.
Daniel Schmidt-Rothmund, Nabu-Vogelschutzzentrum Mössingen

Noch im 19. Jahrhundert war der Fischadler in Baden-Württemberg entlang von Donau, Rhein, Neckar und an Kocher und Jagst beheimatet. „Als vermeintlicher Nahrungskonkurrent wurde er erbarmungslos abgeschossen, seine Gelege geplündert und Horstbäume gefällt, bis er im Jahr 1907 im Südwesten dann ausgerottet war. Bekannt ist das vor allem, weil aus dem 19. Jahrhundert Jagdstatistiken mit langen Abschusslisten vorliegen und Museen entlang des Oberrheins auch Eier als Nachweis besitzen“, erzählt der Ornithologe.

Das gesamte Fischadler-Netzwerk hofft nun auf ein Happy End im Landkreis Rastatt. Wenn alles gut geht, wird Daniel Schmidt-Rothmund die drei Jungadler Ende Juni beringen, kurz bevor sie das Nest verlassen, um im Spätsommer rund 5.000 Kilometer bis nach Westafrika in ihr Winterquartier zu fliegen.

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