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„Uns schickt der Himmel“

So lief die 72-Stunden-Aktion im Großraum Karlsruhe und Baden-Baden

„Uns schickt der Himmel“: Dieses Motto hatte die 72-Stunden-Aktion in diesem Jahr. Welche Projekte haben die Jugendlichen im Großraum Karlsruhe und Baden-Baden umgesetzt?

Drei junge Menschen putzen eine Bank.
Die Ministranten aus Bretten-Neibsheim putzen, reparieren und lackieren rund 50 öffentliche Bänke in ihrem Ort. An jedem der drei Arbeitstage packen zwischen 20 und 30 junge Katholiken mit an. Foto: Catrin Dederichs

An diesem Sonntag endet die 72-Stunden-Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Unter dem Motto „Uns schickt der Himmel“ haben sich Kinder und Jugendliche für andere Menschen eingesetzt.

Wie die Aktion im Großraum Karlsruhe und Baden-Baden lief, haben wir hier zusammengefasst:

Katholiken bringen in Bretten Bänke in Schuss

Mit der Wurzelbürste schrubbt Juliane Martin über eine Bank auf dem Neibsheimer Friedhof. Anna Nöltner wischt mit einem Schwamm hinterher. Die Metallfüße der Bank reinigen die Damen mit Spezialspray. Bei einigen Bänken reichen Wurzelbürste und Schwamm nicht aus, um Dreck und Moos vollständig zu entfernen. Besonders verschmutzte Exemplare bringen die „Minis“ deshalb zum Neuflizer Platz. Dort kommt ein Hochdruckreiniger zum Einsatz.

Die Ministranten putzen aber nicht nur. Wenn irgendwo ein Untergrund wackelt, pflastern sie ihn neu. Wo Büsche über die Bänke ragen, schneiden sie die Sträucher zurück. Rundherum mähen sie den Rasen. Außerdem tauschen sie defekte Bretter aus. Und dort, wo der Lack ab ist, greift die katholische Jugend zu Pinsel und Farbe.

Brettener Katholiken bringen 50 öffentliche Bänke in Ordnung

Alle vier Jahre steht ein solcher Arbeitseinsatz an, erzählt Oberministrant Max Hauk. Er überwacht und koordiniert das Ganze. Vorab ging er mit Ortsvorsteher Michael Koch durch Neibsheim und besprach, was an welcher Bank zu tun ist. Rund 50 Sitzgelegenheiten stehen jetzt auf seiner Liste. Alternativ stand unter anderem der Bau einer Boulebahn zur Debatte.

Nun also keine Boulebahn, stattdessen Bänke reinigen. Anna sagt dazu: „Wir kennen uns gut, zusammen macht jede Arbeit Spaß. Da ist auch Bänke putzen okay.“ Sie und Juliane sind mit ihrer Friedhofsbank fertig, nun bringen sie zwei weitere Friedhofsbänke zum Neuflizer Platz. Lukas Brauch bearbeitet gerade eine Bank mit dem Hochdruckreiniger. Das Wasser spritz, Moos-Placken fallen von den Metallfüßen herunter. Auch Lukas spricht über die Gemeinschaft der Katholiken. Und davon, wie schön es sei, ein Ergebnis zu haben. „Auch die Leute im Ort sehen, was wir hier gemacht haben.“

Jugendliche arbeiten und übernachten im Bühler Kinderhaus

Im Kinderhaus Bühl empfängt am Samstag um 9.45 Uhr warme Heizungsluft. Das ist erwähnenswert, denn die Bühler Pfarrjugend kämpft bei der 72-Stunden-Aktion, der sich im Dekanat Baden-Baden insgesamt rund 250 Kinder und Jugendliche angeschlossen haben, mit winterlichen Temperaturen.

Ihr Einsatz, der am Donnerstag um 17.07 Uhr startete, findet fast nur im Außenbereich statt, da kommen Pausen im Warmen gelegen. Die jungen Leute dürfen sogar im Haus übernachten; sie frühstücken gerade. „Das ist wie eine Jugendherberge“, sagt Maxime Hauk, und Fiona Kern ergänzt: „Mit Spielzeug.“

Zeit zum Spielen haben sie freilich nicht. Auf ihrer Agenda steht der Aufbau eines Spielzeugschuppens und das Einziehen von Regalen.

Ein Baum soll gepflanzt, eine Einweihungsfeier geplant werden. Die findet nach Ablauf der 72 Stunden am Sonntag statt. Vertreter von Kirche, Kindergarten und Elternbeirat sowie der Sparkasse Bühl als Hauptsponsor haben Hauk zufolge ihr Kommen zugesagt. Das sorgt offenbar für leise Nervosität.

Bau einer Spielzeughütte im Stil von Lego

Bis dahin bleibt noch viel zu tun, weshalb das Frühstück ein jähes Ende findet. Nun ist „Action“ angesagt – es wird gehämmert, angestrichen, gebohrt. Die Grundfeste der Hütte stehen, ihr Dach fehlt noch.

Zum Glück kommt kurz die Sonne zum Vorschein. Das Bauen gestalte sich nicht besonders schwierig, sagt Fiona Kern: „Das ist ein Set, man steckt alles ineinander. Ein bisschen wie Lego.“

Die Pfarrjugend Bühl während ihres Arbeitseinsatzes im Kinderhaus am Samstagvormittag.
Die Pfarrjugend Bühl während ihres Arbeitseinsatzes im Kinderhaus am Samstagvormittag. Foto: Katrin König-Derki

Am Freitag, so Cora Wagner, hätten sie vor allem Holz lasiert. Laut Hauk ein etwas zähes Unterfangen. „Das Trocknen hat ziemlich lange gedauert.“ Er erzählt von Dauerregen. Und von einer riesigen Pfütze vor der Hütte, in die nicht nur er gelaufen sei.

Zelte gegen Regen und Paletten gegen Matsch

„Dabei hatten wir aus der Erfahrung unserer Zeltlager heraus schon Paletten als Wege verlegt“, ergänzt Fiona Kern mit Blick auf den Matsch. „Und wir haben Zelte aufgebaut, um Material zu lagern und geschützt arbeiten zu können.“

Neben der in der Gruppe verbreiteten Vorliebe für Handwerkliches erweist sich als ideal, dass einige Teammitglieder Bauingenieurwesen studieren. Andere stecken in den Abi-Vorprüfungen.

„In der Hinsicht war der Termin ungünstig“, sagt Cora Wagner. Anders als bei der letzten Aktion im Mai 2019, wie sich Sandra Gehring erinnert. Sie ist mit 28 Jahren die Erfahrenste in der Runde.

Freitags bekommen Schüler für die Aktion frei, wenn sie nicht gerade Arbeiten schreiben, wie sie berichtet. „Etwa 20 sind für die Aktion angemeldet“, sagt Maxime Hauk. „Jeder kommt, wie er kann.“

Die Aktion ist so bekannt, dass wir von allen Seiten Unterstützung erhalten
Cora Wagner
Mitglied der Pfarrjugend Bühl

Für die Verpflegung sorgen Kindergarten, Gemeindemitglieder, Eltern und Bühler Betriebe. Cora Wagner: „Die Aktion ist inzwischen so bekannt, dass wir von allen Seiten Unterstützung erhalten.“ 

Die Arbeit im Team mache Spaß und stärke das Gemeinschaftsgefühl, zugleich tue man etwas Gutes. „Und über das Ergebnis freut sich besonders der Kindergarten bestimmt.“

In Baden-Baden kommt der Hochdruckreiniger zum Einsatz

Auch bei der Tagespflegestätte des Caritasverbands Baden-Baden in Steinbach ist der Wintereinbruch allgegenwärtig. Die T-Shirts mit dem Motto der Aktion „Uns schickt der Himmel“ verschwinden unter Pullis, Jacken sowie Warnwesten der „Bauleiter“ vom Orga-Team.

Dazu zählen Carlo Meyer (22) und Hannes Bohn (19). Ähnlich wie in Bühl herrscht dennoch beste Stimmung: Während der Sanierung einer Gartenhütte im Außenbereich des Heims – damit wäre die Aufgabe der KJG Rebland auch definiert –, läuft Musik, die jungen Leute kommentieren das Wetter mit Humor.

zwei Jungs bei der Arbeit
Die KJG Rebland saniert während der 72-Stunden-Aktion unter anderem eine Gartenhütte für Senioren (im Bild Carlo Meyer, rechts, und Marco Sennikov). Regen und Kälte zum Trotz ist die Stimmung bestens. Foto: Katrin König-Derki

Momentan reinigt jemand das Dach mit einem Hochdruckreiniger, im hinteren Bereich tauschen Jugendliche morsche Pfosten aus. Auch Abfräsen und Anstreichen steht an, wie Meyer sagt.

In Steinbach stehen Gartenhütten und ein Hochbeet für Senioren im Fokus

„Bei einer anderen Hütte machen wir das Dach sogar ganz neu“, so Bohn. Das Gros der Materialien werde von örtlichen Betrieben gespendet, die Handwerker unterstützten die Aktion bei Bedarf auch mit ihrem Know-how.

Ein angehender Bauingenieur ist hier nicht im Boot, Tipps sind daher willkommen. Insgesamt wirken bis zu 25 Personen im Alter von 14 bis 23 Jahren mit, nicht alle über den kompletten Zeitraum hinweg.

Bohn: „Wir starten morgens um acht Uhr und sind dann ganztägig im Einsatz, in drei Gruppen unterteilt.“

Zum – ebenfalls gespendeten – Essen gehen die Jugendlichen ins nah gelegene Vereinsheim. Dorthin ist auch der Bau eines Hochbeetes ausgelagert worden. Meyer: „So können sich die Senioren, sogar Rollstuhlfahrer, in Zukunft ein wenig der Gartenarbeit widmen.“

Der Gedanke, etwas Sinnvolles für die Menschen zu tun und direkt zu sehen, „was man geschafft hat“, befriedigt die Mitwirkenden. Schon jetzt deute sich an, dass Personal und Gäste „total happy“ seien, sagt Bohn, und Meyer ergänzt lächelnd: „Die werden wohl nur noch im Garten sein.“

Jugendlicher fräst eine Wand ab
Bestens gewappnet für Kälte und Nässe sind die Jugendlichen der KJG Rebland bei der 72-Stunden-Aktion in Steinbach (im Bild vorne Jacob Gerber). Foto: Katrin König-Derki

Am Montag kehren die Jugendlichen in ihren Alltag zurück. An vielen weiteren Orten im Dekanat ist dieser Alltag fortan bereichert: Vorwiegend weitere Kitas und Seniorenheime profitierten, in der Innenstadt Baden-Badens wurden zudem die „Stolpersteine“ auf Hochglanz gebracht.

Malscher Jugendliche schaufeln Fundament

Tapfer schaufeln sie im evangelischen Kindergarten in Malsch Sand für ein Fundament. Bis zum Sonntag um 17.07 Uhr soll darauf eine Matschküche entstehen. Umgesetzt wird die Idee von zwölf jungen Erwachsenen aus Waldbronn. Bereits am Donnerstag nach dem Startschuss der 72-Stunden-Aktion um 17.07 Uhr in Karlsruhe haben sie losgelegt und am Freitag bis Mitternacht gearbeitet.

„Ich will die Welt ein Stück besser machen“, zitiert David Kraft, der die private Gruppe „Mir sinn die, die schaffe wolle“ mit einem Mitstreiter koordiniert, den Leitgedanken der deutschlandweiten Kampagne. Sie wird vom Familienministerium unterstützt und Schüler bekommen dafür sogar schulfrei.

In Karlsruhe entsteht ein Sinnesgarten

„Irgendwann ist man völlig durchnässt, aber mittlerweile sind wir wieder trocken“, erzählt Christian Ochs von der katholischen Jugendarbeit Malsch (JAM). Der einstige Ministrant ist mit einer 18-köpfigen Gruppe Elf- bis 27-Jähriger im Seniorenzentrum Sankt Valentin in Karlsruhe-Daxlanden im Einsatz.

Errichtet wird ein Sinnesgarten. Da die JAM die Nachtruhe einhalten und in 72 Stunden fertig sein muss, könnten sie trotz des schlechten Wetters keine längeren Pausen einlegen, erklärt Ochs.

Völkersbach

Lob für die Tatkraft einer Gruppe der katholischen Jugend aus Karlsruhe-Rüppurr gab es von der Leiterin des katholischen Regenbogen-Kindergartens Völkersbach, Barbara Kübler-Daub. Da ihre Mädchen und Jungs, wenn sie im oberen Garten spielten und zur Toilette mussten, bisher immer um das Gebäude laufen mussten, entstand der Gedanke einer direkten Verbindung nach unten.

Dieser befestigte Hang wurde von den jungen Erwachsenen aus Rüppurr gebaut, indem sie zunächst die Pflanzen und Erde abtrugen und sodann eine neue Böschung errichteten. Gearbeitet haben sie am Freitag fast bis Mitternacht und im Kindergarten übernachtet.

Murgtal und Rastatt: 14 Gruppen in Aktion

Franziska Böhm, Jugendreferentin des Dekanats Rastatt, zieht im Interview eine positive Bilanz aus der 72-Stunden-Aktion. Alle Gruppen im Dekanat Rastatt hätten ihr Projekt fertiggestellt. „Was uns alle ganz stolz macht, weil das Wetter so schlecht war zwischendrin. Die Gruppen haben das aber durchgezogen und waren sehr motiviert.“

Insgesamt gab es 14 Gruppen im Dekanat Rastatt. Bei der vergangenen Aktion 2019 waren es hingegen 19. „Also gab es dieses Mal zwar weniger Gruppen, aber wir kamen insgesamt auch auf 450 bis 500 Teilnehmer wie 2019.“

Die Gruppen haben zum Beispiel in Forbach und Weisenbach Aussichtspunkte geschaffen. „Fünf Unimogs waren dafür allein in Forbach im Einsatz“, sagt Böhm. Auch in anderen Gemeinden seien Orte der Begegnung geschaffen worden. In Kuppenheim legten die Teilnehmer hingegen einen Wanderweg an, so Böhm. Und in Rastatt wurde ein Barfußpfad in einer inklusiven Kita geschaffen.

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