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Belohnung für Nabu-Engagement

Erste Jungvögel nach 115 Jahren: Fischadler-Nachwuchs im Kreis Rastatt

Das Daumendrücken hat sich gelohnt: Bei den baden-württembergischen Fischadlern gibt es Nachwuchs. Nabu-Vogelfachleute feiern den ersten Nachwuchs nach langer Pause.

ACHTUNG: SPERRFRIST 2. JUNI 10:00 UHR.  - HANDOUT - 02.06.2023, Rastatt: Das Foto zeigt ein etwa fünf Tage altes Fischadler-Junges aus Bayern. Der Naturschutzbund (Nabu) geht davon aus, dass es den ersten Fischadler-Nachwuchs in Baden-Württemberg seit 115 Jahren gibt. Weil eine Wildkamera ausgefallen ist, gibt es davon aber keine Fotos. (zu dpa «Nabu: Erster Fischadler-Nachwuchs seit 115 Jahren im Südwesten») Foto: Daniel Schmidt-Rothmund/ NABU Baden-Württemberg/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
Dieses Fischadler-Küken ist fünf Tage alt und ist in Bayern geschlüpft. Da die Wildkamera bei dem Nest der Fischadlerfamilie leider ausgefallen ist, gibt es aktuell keine Fotos des Nachwuchses. Foto: Daniel Schmidt-Rothmund/Nabu

Gesehen hat ihn noch niemand, aber Vogelfachleute vom Naturschutzbund (Nabu) feiern den ersten Fischadler-Nachwuchs.

Um die Tiere im Landkreis Rastatt nicht zu stören, habe Ornithologe Daniel Schmidt-Rothmund sie jüngst aus rund 300 Metern Entfernung vom Boden aus durchs Spektiv beobachtet, teilte der Verein am Freitag mit.

Mit dem Spektiv auf Spurensuche

Der Brutnachweis im Landkreis erfolgte ganz klassisch über Beobachtungen mit dem Spektiv, was aber nicht so geplant war. Denn natürlich sind an allen Nisthilfen der Fischadler Wildtierkameras installiert und auch bei dem Brutpaar lieferte die Kamera zunächst die ersehnten Bilder; Vögel im Nest, Vögel mit Eiern im Nest, Vögel brütenderweise – und dann kam ein heftiger Hagelsturm und die Kamera verstummte.

Seitdem beobachtet ein „Fischadler-Netzwerk“ aus mehreren Ornithologen das Nest aus rund 300 Metern Entfernung vom Boden aus durch das Spektiv, mindestens einmal am Tag ist jemand zur Kontrolle vor Ort.

Auch Daniel Schmidt-Rothmund, der Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums in Mössingen, unter dessen Regie alle Fischadler-Projekte im Land stehen, konnte sich nun vor Ort vom Bruterfolg überzeugen. Ebenfalls aus gebührender Entfernung, um die Vogelfamilie mit den erst wenige Tage alten Jungvögeln keinesfalls zu stören.

Nachdem die Wildtierkamera keine Bilder mehr geliefert hatte, war zunächst unklar gewesen, ob aus den rötlich-braunen Eiern tatsächlich Küken geschlüpft sind. Entsprechend groß ist Schmidt-Rothmunds Erleichterung. „Das Männchen hat dem am Nestrand stehenden Weibchen einen Fisch gebracht, den das Weibchen an den Nachwuchs verteilt hat, das erkennt man eindeutig an den charakteristischen Kopfbewegungen“, berichtet Schmidt-Rothmund.

SEISSIGER Wildkamera
Eine optimale „Rundum-Sicht“ hat dieses Fischadlerpaar in seinem Horst in Baden-Württemberg. Foto: Daniel Schmidt-Rothmund/Nabu

Danach sei die frischgebackene Vogelmutter wieder nah an ihre Küken herangerückt und habe die Flügel ganz typisch etwas hängen lassen, um für Schatten zu sorgen. Nun müsse man die Daumen drücken, dass alles auch weiterhin gut gehen werde und die kleinen Fischadler sich erfolgreich entwickeln können, so Schmidt-Rothmund.

Und es sei zu wünschen, dass das Männchen keinen Unfall habe, denn die Rollenverteilung sei bei den Fischadlern eine klassische, das Weibchen bleibe nahezu durchgehend am Nest und das Männchen schaffe Fische wie Brachsen oder andere Weißfische als Nahrung herbei.

Beringung Ende Juni geplant

Drei Eier lagen im Nest, das konnte man erkennen, als die Kamera noch Bilder sendete. Aber wie viele Jungadler geschlüpft sind, weiß man momentan nicht und auch Daniel Schmidt-Rothmund kann das erst genau sagen, wenn er in ein paar Wochen zu dem Horst hinaufklettert, um die Jungen zu beringen.

Anhand seiner Beringung konnte man bereits einen der Alt-Vögel als neunjährigen Vogel aus Sachsen-Anhalt identifizieren und es ließ sich nachverfolgen, dass diese beiden Alt-Vögel bereits zweimal im benachbarten Elsass gebrütet haben, leider erfolglos, da beide Bruten komplett von einem Habicht oder Uhu ausgeräubert wurden.

Schmidt-Rothmund hofft, dass bei der dritten Brut des Paares im Landkreis nun alles gut gehen und man später unsere Fischadler als „die Ersten in Baden-Württemberg Geschlüpften“ erkennen können wird. „Und mit ein bisschen Glück gibt es in den kommenden Jahren weitere Bruten“, so Schmidt-Rothmund, der im Landkreis insgesamt drei Nisthilfen installiert hat. Und bei den beiden anderen hat die Wildkamera bereits Bilder von Fischadler-Junggesellen aufgenommen, die das Nest begutachten oder sich dort zum Fischverzehr niedergelassen haben.

Für Daniel Schmidt-Rothmund ist die Wiederansiedlung der Fischadler im Südwesten ein Herzensanliegen, dem er sich schon seit Jahrzehnten widmet und das viel Zeit, Energie, Geduld und nicht zuletzt Geld erfordert. Er hat im Land mehr als 30 Plattformen auf hohen Bäumen installiert und besucht die Standorte regelmäßig.

Dass die Wiederansiedlung des früher als Nahrungskonkurrent abgeschossenen und ausgerotteten Fischadlers etwas Besonderes ist, zeigt ein Blick auf die unterschiedliche bundesweite Verteilung der Vögel. „Während die Fischadler in den ostdeutschen Ländern seit jeher brüten, gibt es ansonsten nur Nachweise aus Niedersachsen, Bayern und Schleswig-Holstein – und jetzt dann den Brutnachweis aus dem Landkreis Rastatt“, zeigt sich Schmidt-Rothmund zufrieden.

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