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Landwirte in der Region demonstrieren

Warum Bauern im Kreis Rastatt ihrem Ärger Luft machen

Steigende Energiepreise, Wettbewerbsdruck und Bürokratie machen den Landwirten zu schaffen. Die geplanten Einsparmaßnahmen gehen ihnen zu weit, deshalb wollen auch in Mittelbaden protestieren.

Umgedrehtes Ortsschild
Die Landwirte im Kreis Rastatt protestieren gegen geplante Kürzungen. Foto: Anja Groß

Nun müssen Landwirte in Deutschland abwarten, dass die Vorlage der Bundesregierung Ende Januar durch den Bundestag und dann Anfang Februar 2024 durch den Bundesrat genehmigt wird. Ob beide Gremien zustimmen, ist noch offen. Doch um dies zu verhindern, agieren Landwirte aus ganz Deutschland. Seit dem vergangenen Jahr protestieren sie. Ziel ihrer Demos und Protestaktionen, wie zum Beispiel das Umdrehen der Ortsschilder, ist es, der Politik und den Verbrauchern die Bedeutung und Probleme der Landwirtschaft aufzuzeigen.

Die Bundesregierung muss in diesem Jahr sparen, genau genommen 17 Milliarden Euro. Und diese möchte sie unter anderem bei den Landwirten einsparen. Rund zehn Prozent der geplanten Kürzungen der Bundesregierung betreffen die Landwirte, rechnet der grüne Europa-Abgeordnete Martin Häusling auf seiner Website vor.

Er ist Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Erreichen möchten die Regierung ihr Ziel durch den Wegfall der Kfz-Steuerbefreiung und der Dieselrückvergütung sowie die Streichung der letzten Zuschüsse, die wichtig für eine billige Produktion sind.

Umgedrehtes Ortsschild
Auch in Ötigheim steht das Ortsschild kopf Foto: Anja Groß

Auch Landwirte in und um Rastatt demonstrieren seit Ende 2023 solidarisch an Seite ihrer Kollegen. „Das Fass ist langsam voll“, sagt Helmut Koffler, der in Durmersheim Erdbeeren anbaut. „Wir wollen auf die Bürokratie, in der wir gerade ertrinken, aufmerksam machen“, ergänzt er.

Die Bürokratie ist nicht mehr tragbar.
Rolf Enderle
Durmersheimer Landwirt

Rolf Enderle, Geschäftsführer des „Erdbeerlands Enderle“ aus Durmersheim, sieht das genauso. „Die Bürokratie ist nicht mehr tragbar und die neuen Änderungen werden uns an die Existenz gehen“, ergänzt er.

Die Söhne beider Landwirte sind an den Demonstrationen beteiligt. „Mein Sohn war in Stuttgart und in Berlin bei den Großdemos dabei“, erzählt Rolf Enderle. Beide Betriebe werden ihre Arbeit für die bevorstehende Protestwoche, zu der der Landesbauernverband Baden-Württemberg aufruft, ab dem 8. Januar ruhen lassen. Wie genau diese Woche aussehen soll, lassen beide Landwirte offen. 

Landwirte im Kreis Rastatt haben viele Gründe für ihren Protest

Sie haben genügend Gründe, um sich gegen die neue Sparmaßnahme der Bundesregierung zu wehren. Ihre Betriebe leiden. „Wir leiden seit dem Ukraine-Krieg“, sagt Landwirt Helmut Koffler. „Auch wir haben erhöhte Kosten durch die hohen Energiepreise, Steuererhöhungen und die Anhebung des Mindestlohns“, ergänzt er weiter.

„Durch die geplante Kfz-Steuererhöhung werden wir viel mehr Kosten haben. Wir hatten bisher die grünen Nummernschilder, die uns von den Steuern befreit haben. Das ist auch gerechtfertigt so, da wir unsere Maschinen nicht das ganze Jahr benutzen, sondern nur einige Wochen bis Monate. Auch am Straßenverkehr nehmen wir kaum teil, die Steuererhöhung ist unsinnig“, ärgert sich Enderle. „Wir sind vom Diesel abhängig und auch von der Dieselrückvergütung. Unsere Maschinen sind nur mit Diesel betreibbar, es gibt keine Alternative.“

Auch die Landwirte in Steinmauern solidarisieren sich mit ihren Kollegen und protestieren gegen die von der Bundesregierung geplanten Kürzungen.
Die Landwirte in Steinmauern solidarisieren sich mit ihren Kollegen. Foto: Anja Groß

Falls die Bundesregierung ihren Vorschlag zum Haushaltsplan durchbringt, so sind sich beide Landwirte einig, dass sich ihre Preise um circa 20 Prozent erhöhen werden. „Unsere Hauptkultur sind Erdbeeren, das sind Zuschusskulturen. Ich bin von den Zuschüssen abhängig, damit mein Produkt mit den Weltmarktpreisen mithalten kann.

Ich kann die Erhöhung meiner Kosten nicht auf das Produkt umlegen und ich wüsste nicht, wo ich sparen kann. Meine Produkte sind qualitativ hochwertig und ich möchte das nicht ändern. Der Markt muss anders reguliert werden. Ich kann nicht mit importierter billiger Ware mithalten, wenn ich mich an so viele Standards und Regelungen halten muss“, sagt Rolf Enderle.

Zukunft so mancher Bauern ist ungewiss

Er fährt fort: „Ich müsste meine Anbauflächen reduzieren und könnte so weniger produzieren und verkaufen. Die neuen Regelungen werden finanzielle Auswirkungen auf jeden haben und einige Betriebe werden früher oder später schließen müssen, da sie die Kosten nicht selbst tragen können. Unsere Existenz ist momentan nicht bedroht, aber wie das in Zukunft aussieht, kann ich nicht sagen.“

Das Landwirtschaftsamt Rastatt hält sich bei der Beantwortung der von der BT-Lokalredaktion gestellten Fragen zurück mit dem Hinweis, dass die Forderungen der Landwirte erst in den kommenden Wochen auf bundespolitischer Ebene behandelt werden. Das Amt nimmt keine Stellung zu den Fragen, ob die Proteste der Landwirte gerechtfertigt sind und ob man diese unterstützen möchte.

Landratsamt-Pressesprecher Benjamin Wedewart schreibt zur aktuellen Situation: „Das Problem ist durchaus beachtlich und kann für einige Betriebe auch existenzbedrohend werden. Gerade mittlere und größere Ackerbau- und Sonderkulturbetriebe, die es durch die gestiegenen Lohnkosten für Saisonarbeitskräfte und die Energiekrise grundsätzlich schwer hatten, werden durch die geplanten Maßnahmen deutlich stärker belastet“. Dagegen werden die Landwirte in der nächsten Woche weiterhin demonstrieren und für ihre Existenz kämpfen.

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