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GW852m zuletzt im Ortenaukreis

Experte rechnet mit Wolfsrückkehr im Murgtal

Kaum ist der erste Wolf im Nordschwarzwald aufgetaucht, führen seine Gegner und Befürworter mitunter hitzige Diskussionen. Sie erreichen im September 2018 mit dem Riss mehrerer Schafe in Reichental ihren Höhepunkt. Inzwischen ist es ruhig geworden um den Wolfsrüden mit der Kennung „GW852m“.

Ausdauernder Jäger: Ein ausgewachsener Wolf kann in einer Nacht problemlos Entfernungen von rund 50 Kilometern zurücklegen.
Ausdauernder Jäger: Ein ausgewachsener Wolf kann in einer Nacht problemlos Entfernungen von rund 50 Kilometern zurücklegen. Foto: Woitas

Die Aufregung war gewaltig: Kaum ist der erste Wolf im Nordschwarzwald aufgetaucht, führen seine Gegner und Befürworter mitunter hitzige Diskussionen. Sie erreichen im September 2018 mit dem Riss mehrerer Schafe in Reichental ihren Höhepunkt. Inzwischen ist es ruhig geworden um den Wolfsrüden mit der Kennung „GW852m“. Zuletzt fanden sich seine Spuren Mitte Februar an Schafskadavern in Oppenau (Ortenaukreis). Martin Hauser, Wildtierbeauftragter des Landkreises Rastatt, hält eine Rückkehr des Wolfes in das Murgtal für wahrscheinlich: „Er hat hier alles, was er zum Leben braucht.“

Hauser vermutet, dass „GW852m“ nach den starken Schneefällen im Januar seinen Beutetieren nachgezogen ist. Dafür spreche die durch GPS-Sender dokumentierte Wildbewegung. Demnach seien die Hirsche vom Kaltenbronn in die Niederungen abgewandert, um im strengen Winter Nahrung zu finden. Hauser: „Es gibt zwar keinen Beweis dafür, aber die Erfahrung zeigt: Der Wolf folgt seiner Beute.“

Wolf läuft 50 Kilometer pro Nacht

Zuvor hatte der Rüde wiederholt Spuren in Hausers Forstrevier am Kaltenbronn hinterlassen, darunter einen Bissabdruck am Senderhalsband einer toten Hirschkuh. Hauser berichtet zudem von mehreren Losungsfunden: „Sie deuten daraufhin, dass sich der Wolf lange am Kaltenbronn aufgehalten hat und das Gebiet sehr gut kennt.“ „GW852m“ hat sich im Murgtäler Höhengebiet offenbar heimisch gefühlt; auch deshalb rechnet Hauser mit seiner Rückkehr – zumal der ausdauernde Räuber „problemlos 50 Kilometer pro Nacht“ zurücklegen könne.

Ich gehe davon aus, dass er sich wieder blicken lässt.

Im Bereich zwischen Bad Wildbad, wo im April bei einem Angriff des Rüden mehr als 40 Schafe verendet waren, und Forbach finde er „ausgezeichnete Lebensbedingungen“ vor: Große Waldflächen, ausreichend Nahrung und eine dünne Besiedlung. „Ich gehe davon aus, dass er sich wieder blicken lässt“, prognostiziert Hauser.

Zuletzt im Januar in Fotofalle

Noch am 2. Januar hatte eine der Fotofallen in seinem Revier zugeschnappt und einen Wolf abgelichtet. „Die Vermutung liegt nahe, dass es sich dabei um den bekannten Rüden handelte“, so Hauser, „mit absoluter Sicherheit lässt sich das aber nicht sagen.“ Denkbar, dass sich künftig ein erstes Rudel im Murgtal niederlässt: „Falls ein Weibchen einwandert, werden sich die Tiere durch ihre Duftmarken finden und paaren.“ In jedem Fall biete die Region ausreichend Platz für ein Rudel.

Wolf entpuppt sich als Fuchs

Noch aber ist es nicht soweit. Bislang weisen keine frischen Spuren darauf hin, dass „GW852m“ wieder über den Kaltenbronn zieht. Eine vermeintliche Sichtung bei Waldbronn (Albtal) hat sich nach BNN-Informationen nicht bestätigt. Auch dort war ein Tier fotografiert worden, das sich bei näherer Betrachtung allerdings als Fuchs entpuppte. Hauser appelliert an die Bevölkerung, den vorgesehenen Meldungsweg bei mutmaßlichen Sichtungen oder Spurenfunden einzuhalten. Zunächst solle man den Wildtierbeauftragten informieren, der die Hinweise bewertet und an die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg weitergibt.

Mein Eindruck ist: Die große Panik ist nicht ausgebrochen

„Wilde Gerüchte helfen nicht weiter“, betont Hauser, der in den vergangenen Monaten eine „Versachlichung der Diskussion“ festgestellt hat. Nachdem in der Region schon länger keine Nutztiere mehr gerissen wurden, habe sich die Aufregung gelegt. „Mein Eindruck ist: Die große Panik ist nicht ausgebrochen“, verweist Hauser auf „zahlreiche Tierhalter, die noch keinen Förderantrag gestellt haben.“

Fördergelder beim Bau von wolfssicheren Zäunen

Im Mai 2018 hatte das Land die Förderkulisse Wolfprävention ausgewiesen, die das Murgtal einschließt. Dort haben die Halter von Schafen, Ziegen und Gehegewild beim Bau einer wolfssicheren Umzäunung Anspruch auf Fördergelder. Unterdessen wird der Managementplan für den Wolf neu aufgesetzt. Nach seiner Rückkehr überdenke man den Umgang mit ihm, erklärt Hauser. Es werde „keine uferlose Ausbreitung“ geben. Das Land müsse für den Wolfsbestand eine Zielgröße definieren: „Wird sie überschritten, kann er geschossen werden.“

Kommentar
Kommentar Foto: N/A

Keine Panik

An kaum einem Murgtäler schieden sich die Geister wie an „GW852m“. Der Wolfsrüde, der aus Niedersachsen in den Nordschwarzwald eingewandert war, versetzte die einen in Entzücken und die anderen in Schrecken.

So darf trefflich darüber gestritten werden, ob eine erneute Rückkehr in das Murgtal Anlass zur Freude wäre oder nicht. Noch ist es nicht ganz so weit, doch die Analyse des Wildtierbeauftragten Martin Hauser lässt vermuten, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das Raubtier wieder durch sein angestammtes Sommerrevier am Kaltenbronn streift.

Erfreulich, dass die Debatten um den noch immer umstrittenen Rückkehrer mittlerweile zu mehr Sachlichkeit gefunden haben. Reflexartige Rufe nach einem sofortigen Abschuss sind ebenso unüberlegt wie die naiv-verherrlichenden Jubelarien einiger Wolfsfreunde bei dessen Wiederkehr.

Doch keine Panik: Mit Meister Isegrim verhält es sich letztlich wie mit den meisten Arten – bei einer ungezügelten Verbreitung muss der Mensch, auch mit Blick auf sein eigenes Wohl, eingreifen. Dass der Wolfs-Managementplan überarbeitet wird, ist ein gutes Zeichen. Es zeigt: Das Land reagiert auf die neuen Gegebenheiten. Dominic Körner



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