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Verordnung wird genderneutraler

Im Zelt oder auf Achse: Camping boomt in Baden-Württemberg

Ob mit Zelt oder Luxuscamper : Zu Ostern sind die Campingplätze in Baden-Württemberg voll. Entstaubt werden soll dagegen die Campingplatzverordnung. Nach fast 40 Jahren wird sie erneuert. Was ändert sich?

Auf vielen Campingplätzen ist es in Baden-Württemberg an Ostern voll.
Auf vielen Campingplätzen ist es in Baden-Württemberg an Ostern voll. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

An der frischen Luft frühstücken, mittags in die Natur gehen und den Tag am Lagerfeuer ausklingen lassen – viele Urlauber zieht es zu Ostern auf den Campingplatz. Zum Saisonstart sind die meisten Plätze im Südwesten restlos ausgebucht.

So auch jener in Kirchzarten am Fuße des Hochschwarzwalds. „Reisende, die spontan unterwegs sind, müssen wir wohl abweisen“, sagt Betreiber Jens Ziegler. Schon immer sei der Karfreitag für ihn und sein Team Großkampftag. Rund 120 Anreisen sind dieses Jahr geplant. Manches soll für die Campingplatz-Betreiber bald einfacher werden.

„Camping-Boom“ laut BVCD

Immer mehr Menschen verbringen ihren Urlaub auf dem Campingplatz. Das belegen Statistiken. In der Corona-Pandemie wurden 2020 und 2021 mehr als 100.000 Wohnwagen und Wohnmobile pro Jahr in Deutschland neu zugelassen, wie der Bundesverband der Campingwirtschaft (BVCD) mitteilt. 2019 waren es 80.000.

Im vergangenen Jahr habe es in der Republik so viele Übernachtungen auf Campingplätzen wie schon lange nicht mehr gegeben. Der Verband spricht von einem „Camping-Boom“.

Jens Ziegler, Betreiber des Campingplatzes, steht vor der Rezeption.
Jens Ziegler, Betreiber des Campingplatzes, steht vor der Rezeption. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Auch in Baden-Württemberg ist dieser Trend zu erkennen. Im Südwesten gibt es rund 370 Campingbetriebe. „Letztes Jahr haben wir erstmals 100.000 Übernachtungen übertroffen“, berichtet Ziegler für seinen Platz.

Allgemein gebe es deutlich mehr Anfragen. Der Familienbetrieb hat sich in den vergangenen Wochen auf den Ansturm zu Ostern vorbereitet.

Fahnen des 1. FC Kaiserslautern wehen über den Wohnwägen und Vorzelten von Dauercampern.
Fahnen des 1. FC Kaiserslautern wehen über den Wohnwägen und Vorzelten von Dauercampern. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Mit frisch gemähtem Rasen und Flaggen am Eingang will er die Gäste am Osterwochenende begrüßen. Auch die Toiletten wurden auf Hochglanz poliert. Eines der drei Sanitärgebäude in Kirchzarten ist genderneutral. Hierfür brauchten die Zieglers eine Sondergenehmigung.

Campingplatzverordnung Baden-Württemberg: Waschräume nach Geschlecht trennen

Denn die fast 40 Jahre alte Campingplatzverordnung in Baden-Württemberg schrieb bisher vor, die Waschräume nach Geschlecht zu trennen. Auch Fernsprechanschlüsse – das Wort wurde 2020 aus dem Duden gestrichen – sind darin gefordert. Schon lange sei eine Überarbeitung notwendig, heißt es vom zuständigen Verband in Baden-Württemberg.

Der Aufdruck einer Toilettentür auf einem Campingplatz zeigt mit Piktogrammen für Mann und Frau an, dass diese Toilette von allen Geschlechtern (unisex) genutzt werden kann.
Der Aufdruck einer Toilettentür auf einem Campingplatz zeigt mit Piktogrammen für Mann und Frau an, dass diese Toilette von allen Geschlechtern (unisex) genutzt werden kann. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Nun hat das Ministerium für Landesentwicklung einen neuen Entwurf vorgelegt. Voraussichtlich im Mai werde die Verordnung in Kraft treten, teilt ein Sprecher mit.

In der neuen Verordnung sollen demnach einige baurechtlichen Vorschriften gestrichen werden. Der Entwurf sieht vor, dass unter anderem das Mindestmaß für Standplätze wegfallen soll. Auch die Vorgaben zu Sanitäreinrichtungen sowie die Pflicht für Feuerlöscher sollen laut Ministerium gelockert werden.

Der Entwurf ist deutlich schlanker und moderner geworden.
Kurt Bonath, Vorsitzender BVCD Baden-Württemberg

„Der Entwurf ist deutlich schlanker und moderner geworden“, sagt Kurt Bonath, Vorsitzender des BVCD Baden-Württemberg. Das freue den Verband. Auch die Pflicht, die Waschräume nach Geschlecht zu trennen, fällt laut Bonath mit dem neuen Entwurf weg.

In Kirchzarten sei man diesen Schritt schon vor einigen Jahren „aus Überzeugung“ gegangen, sagt der Betreiber. Die Reaktionen der Gäste beschreibt er als durchweg positiv.

Erste Oster-Touristen treffen schon Anfang April ein

Schon Anfang April trafen die ersten Oster-Touristen auf dem Campingplatz in Kirchzarten ein. Eine Schweizer Familie ist mit drei Generationen und drei Hunden angereist. Zwischen zwei Wohnmobilen haben sie sich ein gemütliches Lager aus Klappstühlen und Tischen eingerichtet.

Ein paar Stellplätze weiter baut eine Gruppe aus Mainz gerade ihr Zelt auf. Trotz noch einstelliger Temperaturen freuen sie sich auf die Zeit. Ein mitgebrachter Heizlüfter soll die Familie in der Nacht warmhalten.

Ich freue mich, wenn es an Ostern wieder richtig voll wird.
Uwe Kühn, Camper

„Ich freue mich, wenn es an Ostern wieder richtig voll wird“, sagt Uwe Kühn. Der 73-Jährige lebt für das Camping. Seit sieben Jahren ist er einer von 120 Dauercampern in Kirchzarten. Mit einem Cowboyhut auf dem Kopf – seinem Markenzeichen – steht Kühn vor dem selbst ausgebauten Wohnwagen.

Ein stilisierter Osterhase hängt am Mast einer Satellitenschüssel vor dem Wohnwagen eines Campers.
Ein stilisierter Osterhase hängt am Mast einer Satellitenschüssel vor dem Wohnwagen eines Campers. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Zu Ostern kommen ihn seine Enkel besuchen. Auch sie seien schon Campingfans. „Mit dem Wohnwagen fahre ich seit den 70ern“, erzählt er. Am Camping liebe er besonders die Freiheit.

Dem stimmt Ziegler zu. Man müsse durch die hohe Nachfrage zwar mehr planen und könne weniger spontan mit dem Camper reisen, doch „das Campinggefühl an sich ist gleich geblieben“, sagt der 49-jährige Betreiber. Doch nicht alle wollen sich gleich ein Wohnmobil kaufen.

Mobilheime werden immer beliebter

In der Branche boomt das Vermietgeschäft. So würden zum Beispiel Mobilheime immer beliebter, sagt Ziegler. Die kleinen Hütten sind in Kirchzarten für den Sommer schon ein Jahr im Voraus ausgebucht. Bei diesem Thema müsse in der Campingplatzverordnung noch nachgeschärft werden, sagt Bonath. Der Verband fordere die Mobilheime mit Wohnmobilen gleichzusetzen.

Auch Anfragen für Tiny-Häuser gibt es in Kirchzarten. „Das passt jedoch nicht zu unserer Philosophie eines Touristencampingplatzes“, ist Ziegler überzeugt. Deshalb dürfen die Dauercamper auf seinem Platz auch keine Beete anlegen oder Gartenzwerge aufstellen.

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