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Meinung

von Martin Ferber

Wo ist die Führung?

Das Schweigen des Kanzlers: Ukraine-Krieg hat die Ampelkoalition kalt erwischt

Der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine hat den Koalitionsvertrag zur Makulatur gemacht. Eine gemeinsame Linie gibt es nicht. Doch der Kanzler schweigt. Dabei ist in Krisenzeiten Führung gefragt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt an der Kabinettssitzung im Kanzleramt teil. +++ dpa-Bildfunk +++
Bundeskanzler Olaf Scholz kann seine Zurückhaltung bei der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine nicht erklären. Das wird zu einem Problem für die Koalition. Foto: John Macdougall/dpa/AFP/POOL

Jedem das, was ihm besonders wichtig war. Das war die Devise der Koalitionsverhandlungen. Das Soziale für die SPD, die Ökologie für die Grünen und die Ökonomie für die FDP. Zusammen sollte dies das Land voranbringen.

In normalen Zeiten hätte dieses Prinzip leidlich funktioniert. Doch spätestens seit dem Einmarsch russischen Truppen in der Ukraine sind die Zeiten nicht mehr normal.

Der Krieg hat die Ampelkoalition kalt und völlig unvorbereitet erwischt. Seitdem geht es nicht mehr ums Soziale, die Ökologie und die Ökonomie, sondern um Krieg und Frieden mit allen politischen und ökonomischen Folgen, um die Rolle Deutschlands in der Welt und das Verhältnis zu Russland. Und darüber findet sich im Koalitionsvertrag kein Wort. Das erweist sich nun als Problem.

Olaf Scholz lässt Führungskraft vermissen

Schon der Streit um die Impfpflicht legte die Defizite des Bündnisses in aller Deutlichkeit offen, als es dem Kanzler nicht gelang, die widerstrebenden Kräfte zusammenzuführen. Der Ukraine-Krieg verschärft die Fliehkräfte. In der Frage der Lieferung schwerer Waffen gibt die Koalition ein desaströses Bild ab, sie agiert ohne Plan und ohne Konzept – und trägt den Konflikt auf offener Bühne aus.

Wie bei der Impfpflicht stellt sich die Frage nach der Führungskraft des Kanzlers. Es wirkt, als habe sich Olaf Scholz, ohnehin kein Kommunikationsgenie wie Robert Habeck und einst als „Scholzomat“ verspottet, im Kanzleramt eingemauert, unfähig oder unwillig, seine Politik verständlich zu machen, während Grüne und FDP immer lautstarker ein stärkeres Engagement Deutschlands fordern. Ein Drehbuch gibt es nicht, entsprechend groß ist die Verwirrung.

Ampelkoalition muss die offenen Fragen klären

Längst geht es ums Grundsätzliche: Ist der Kanzler in der Lage, das Land durch die Krise zu führen? Finden die Koalitionäre überhaupt noch einen gemeinsamen Nenner, wenn sie vor unvorbereiteten Situationen stehen? Und können sie das Blatt noch wenden? So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Die Ampel muss rasch die offenen Fragen klären. Und das Land braucht einen Kanzler, der nicht schweigt, sondern redet und seine Politik erklärt.

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