Die große Bundespolitik, sprich das aktuelle Ringen der Koalitionspartner Grüne und FDP in Berlin um eine Laufzeitverlängerung der verbliebenen drei Atomkraftwerke, spiegelte sich in der Landtagsdebatte am Donnerstagmorgen wieder.
Die FDP im Bund will alle drei Kernkraftwerke für gewisse Zeit über den von SPD und Grünen favorisierten Termin April 2023 weiter betreiben, im Land sehen dies die Liberalen ähnlich. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke forderte erneut den Weiterbetrieb – „mindestens bis 2024, besser noch bis 2026“.
Ein Runterfahren diene nur der „Besänftigung der grünen Basis“. Und weiter: „Wir lassen sie ein paar Wochen weiter laufen und dann helfe uns Gott – diese Strategie von Habeck führt ins Nirwana“, zeigte sich Rülke überzeugt.
Umweltministerin bekennt sich zum Weiterbetrieb bis April 2023
Man könne doch auch stolz darauf sein, „was wir als Bundesregierung mit FDP-Beteiligung auf die Beine gestellt haben“, betonte aber Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) zum Thema Versorgungssicherheit mit Blickrichtung auf die im Land oppositionelle FDP, die die Debatte beantragt hatte.
Sie erwähnte dabei die fünf weit gediehenen LNG-Terminals an Nord- und Ostsee oder die Vorbereitungen, dass Kohlekraftwerke wieder zurück an den Markt gehen – alles laut Walker Beiträge zur Versorgungssicherheit.
Sie bekannte sich zum Weiterbetrieb der beiden Kernkraftwerke Neckarwestheim II und Isar 2 bis April 2023, so wie es auch SPD und Grüne in der Bundesregierung favorisieren. „Atomenergie kann ein Baustein sein, um die Situation zu stabilisieren. Deshalb ist die Entscheidung richtig.“ Dafür müsse man nun vielfältige Vorbereitungen treffen.
Und mit Blickrichtung auf die Bevölkerung sagte sie: „Ich kann jeden einzelnen verstehen, der Sorgen hat.“ Es gelte, alle Anstrengungen zu treffen, dass Energie für Menschen und Unternehmen bezahlbar bleibe. Gleichzeitig versprach die Ministerin: „Viele einzelne Faktoren führen zum Ergebnis, dass wir eine stabile und sichere Stromversorgung im Land haben, da können sich die Menschen darauf verlassen.“
FDP-Fraktionschef Rülke fordert mehr Angebote
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rülke konstatierte: „Wir sind in einer Energiekrise und in einer Energiepreiskrise.“ Viele Menschen könnten ihre Energiekosten nicht mehr zahlen, auch Betriebe nicht, viele davon würden ins Ausland verlagern. „Vieles hat zu tun mit dem schändlichen Krieg von Putin.“

Doch es gebe auch andere Ursachen, der Strompreis sei in Deutschland deutlich höher als im europäischen Durchschnitt. Man müsse sich doch auch um eine Angebotserweiterung kümmern.
Der Grünen-Abgeordnete Niklas Nüssle forderte weniger Parteienstreit: „Es ist geboten, zuammenzuarbeiten anstatt einen Spaltkeil zwischen die demokratischen Parteien zu treiben.“
Niemand habe sich „in Sachen Versorgungssicherheit so bewegt wie meine Partei“, aber Atomkraft bleibe eine Hochrisikotechnologie. „Sie ist auch in der aktuellen Krise keine Lösung.“
Die SPD-Abgeordnete Gabrielle Rolland verteidigte ebenfalls den Atomausstieg. „Ein Kauf von Brennstäben wäre ein Wiedereinstieg in die Kernenergie“, so ihre Sorge.
CDU-Abgeordneter Haser fürchtet Ruin
Der CDU-Abgeordnete Raimund Haser mahnte, an die Bürger zu denken: „Die Leute da draußen hatten bisher eine Gasrechnung von 150 Euro und jetzt von 700 Euro im Monat. Da draußen sind Handwerker, die haben nicht 20 Prozent Energie eingespart, sondern aufgehört zu arbeiten.“ Wenn man so weitermache, „ruinieren wir uns in dieser Energiefrage an mehreren Stellen“. Neckarwestheim werde am Netz bleiben, „da beißt die Maus keinen Faden ab“.
Der AfD-Abgeordnete Ruben Rupp erinnerte an den Atomausstieg 2011: „Alle hier Anwesenden beteiligten sich am Sündenfall und brachen damit das Rückgrat der Industrie.“ Nur die AfD bekenne sich zur Atomkraft. Eine „hoch infantile Gefühlspolitik hat uns aber ins Unglück gestürzt“, so Rupp, mit der Folge: „Die Industrie hört schrittweise auf zu produzieren.“