Ob Klopapier, Nudeln oder Sonnenblumenöl: Das Phänomen des massenhaften Hamsterns hat zurecht einen ziemlich schlechten Ruf. Das bedeutet nicht, dass man auf Vorratshaltung ganz verzichten sollte. Der Staat macht es vom Erdöl bis zum Getreidespeicher nicht nur vor, er gibt seinen Bürgern auch genaue Empfehlungen, wie viel Hamstern erwünscht ist. Ein Überblick.
Strategische Erdölreserven
Schon seit Mitte der 1960er Jahre sind Mineralölgesellschaften in Deutschland verpflichtet, Vorräte zur Vorsorge für Versorgungsstörungen anzulegen. Seit 1998 ist der Erdölbevorratungsverband (EBV) alleiniger Träger der Pflichtbevorratung. Der EBV von Gesetz wegen jederzeit Erdöl und Erdölerzeugnisse in Höhe der nach Deutschland in einem Zeitraum von 90 Tagen netto eingeführten Mengen zu halten. Das sind Schätzungen zufolge 15 Millionen Tonnen Rohöl und 9,5 Millionen Tonnen fertige Mineralölerzeugnisse. Damit soll ein Vierteljahr ein vollständiger Ausfall aller Importe ausgeglichen werden.
Die Vorräte sind über ganz Deutschland verteilt, um schnell und wirksam auf regionale Versorgungsstörungen reagieren zu können. Die Finanzierung der Ölbevorratung wird durch Pflichtbeiträge der Unternehmen sichergestellt.
Nationale Gasreserve
Das Gesetz zur Nationalen Gasreserve ist noch sehr jung und trat am 30. April in Kraft. Grund war das Debakel um die teils extrem niedrigen Füllstände im Frühjahr – offenbar eine geglückte Maßnahme von Russland mit Blick auf die Ukraine-Invasion vom 24. Februar. Deutschlands Großspeicher Rehden in Niedersachsen war zu diesem Zeitpunkt fast vollständig leer – Rheden und andere Lagerstätten gehörten seit 2015 einer Gazprom-Tochter.
Seit Mai wird der größte Gasspeicher in Westdeutschland wieder befüllt. Laut Bundesnetzagentur, unter deren Treuhänderschaft die Anlage inzwischen steht, sollen die Füllstandsvorgaben des Gasspeichergesetzes eingehalten werden: Demnach soll der Speicher zum 1. Oktober zu 80 Prozent und zum 1. November zu 90 Prozent befüllt sein.
Bundesreserve Getreide
Das Ernährungssicherstellungs- und -vorsorgegesetz regelt die Getreidereserve des Bundes. Diese umfasst die Einlagerungen von Brotgetreide, hauptsächlich Weizen und Roggen sowie Hafer. Für Einkauf und Kontrolle ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Bonn zuständig.
Laut BLE werden die Getreidevorräte nach mehreren Jahren über öffentliche Ausschreibungen verkauft und durch frisches Getreide ersetzt. „Aus Gründen der passiven Sicherheit“, wie es beim Landwirtschaftsministerium heißt, sind die genauen Standorte öffentlich nicht bekannt.
Zivile Notfallreserve
Die Zivilen Notfallreserve (ZNR) beinhaltet nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Reis, Hülsenfrüchte und Kondensmilch. Mit Ausnahme von Kondensmilch, die bei den Herstellern bevorratet werden, erfolgt die Lagerung in Hallen von gewerblichen Betreibern. Mit der Getreidereserve zusammen soll es sich um rund 150 Lagerstätten handeln, in denen insgesamt etwa 800.000 Tonnen Lebensmittel gelagert werden.
Goldreserve
Goldreserve ist eine Bezeichnung für die Goldbestände, die im Eigentum der Deutschen Bundesbank sind. Die zuletzt mit 3.378 Tonnen angegebenen Reserven des Edelmetalls in Form von Feingoldbarren gelten als die zweitgrößten der Welt. Nur die Vereinigten Staaten haben noch größere Goldreserven. Grund für das Gold-Hamstern: Deutschland könnte die Reserven im Fall einer dramatischen Währungskrise verpfänden oder verkaufen.
Bundesnotbrunnen
Die Notversorgung des Trinkwassers ist im Wassersicherstellungsgesetz (WasSiG) geregelt. Nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz können derzeit rund 5.200 Trinkwassernotbrunnen und -quellen zur Notversorgung eingesetzt werden, falls die reguläre Wasserversorgung zusammenbrechen würde. Sie soll die Grundversorgung der Bevölkerung mit überlebensnotwendigem Trinkwasser sicherstellen, etwa im Verteidigungsfall. Die vorgesehene Wassermenge pro Person und Tag beträgt dabei 15 Liter.
Notvorrat für Zuhause
Vorratshaltung scheint manchem etwas altmodisch in Zeiten von 24-Stunden-Supermärkten. Doch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gibt Haushalten genaue Empfehlungen für mögliche Notsituationen, in denen ein Vorrat an Lebensmitteln und Getränken hilfreich ist. Richtwert ist, dass sich alle Haushaltsmitglieder zehn Tage lang autark ernähren können.
Neben zwei Litern Flüssigkeit, also insgesamt 20 Liter pro Person rechnet die oberste Katastrophenschutzbehörde mit einem täglichen Energiebedarf von 2.200 Kilokalorien. Dazu werden den Angaben zufolge unter anderem 3,5 Kilogramm Getreideprodukte (Nudeln, Mehl), vier Kilogramm Gemüse (Konserven) und 2,5 Kilogramm Obst (Konserven) als ständiger Vorrat pro Kopf empfohlen. Die Behörde empfiehlt, die Vorratshaltung in den Alltag zu integrieren und regelmäßig zu erneuern, damit keine Lebensmittel verderben. Neue Ware muss immer hinten einsortiert werden.
Notfallrucksack
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat zudem eine Packliste für einen „Notfallrucksack“ herausgegeben. Dazu gehören wichtige Dokumente ebenso wie nützliche Utensilien, Kleidung oder Lebensmittel: Das Notgepäck soll dabei helfen, die ersten Tage außer Haus zurechtzukommen, etwa in einer Notunterkunft oder bei Bekannten.
Ein Rucksack ist dabei praktischer als ein Koffer, da man beide Hände freihat. Enthalten sein soll (siehe auch Grafik): Eine Dokumentenmappe mit den wichtigsten Papieren, Erste-Hilfe-Material, persönliche Medikamente, eine Wasserflasche, Verpflegung für zwei Tage, ein batteriebetriebenes Radio mit Reservebatterien sowie ein Schlafsack. Für Kinder wird zudem ein Brustbeutel mit Namen, Geburtsdatum und Anschrift empfohlen.