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Köder wirken sich auf andere Tiere aus

Rattengift in Fischen nachgewiesen: Wie schützen badische Städte ihre Gewässer davor?

Obwohl sie für Füchse und Katzen nicht zugänglich aufgestellt werden, wirken sich Rattenköder auch auf weitere Tiere aus. In Fischlebern wiesen Forscher Gift-Rückstände nach. Städte sind sich des Problems bewusst und handeln.

Die Rattenkugel mit einem Köder darin. Ein Mitarbeiter setzt den Deckel drauf.
Ein durchsichtiger Deckel verschließt die Rattenkugel oben. So können die Tiefbauamts-Mitarbeiter von oben sehen, ob der Köder im Schacht schon angenommen wurde oder nicht. Foto: Lara Teschers

Rattengift aus ungeschützt in der Kanalisation angebrachten Ködern gelangt in Gewässer, vor allem in Flüsse. Dort wird es von Fischen aufgenommen. Das haben Forschende der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) bei Untersuchungen in Bayern herausgefunden, als sie Leberproben von Fischen aus verschiedenen Fließgewässern untersuchten und darin Rückstände von Rattengift fanden.

Bisher seien Hunde, Katzen, Füchse oder Greifvögel vor unbeabsichtigten Vergiftungen mit Rattengift geschützt worden, sagt Anton Friesen vom Umweltbundesamt, das die Studie in Auftrag gab. Zum Beispiel, indem die Köder für sie unerreichbar ausgelegt und die vergifteten Kadaver der Nagetiere eingesammelt und entsorgt werden. Bei Ratten bewirkt das Gift, dass sie innerhalb einiger Tage nach dessen Verzehr innerlich verbluten.

„Rattenköder in der Kanalisation haben wir bislang nicht als Problem gesehen, da damit keine anderen Tiere in Kontakt kommen”, sagt auch Gottfried May-Stürmer, Agrarreferent vom BUND Baden-Württemberg.

Köder-Boxen und Rattenkugeln sollen helfen

Die Natur- und Umweltschützer waren bisher davon ausgegangen, dass die Köder schlecht wasserlöslich sind. Die kürzlich veröffentlichte Studie zeige, dass auch zum Schutz der im Wasser lebenden Tiere dringender Handlungsbedarf bestehe, teilt Friesen mit. Städte wissen, dass Gifte ins Wasser geraten, wenn Rattenköder damit in Berührung kommen. Deswegen versuchen sie zu verhindern, dass das passiert.

Dafür gibt es verschiedene Lösungen, wie Köder-Boxen und Rattenkugeln. In die Boxen kann eine Ratte komplett hineinkriechen. „Sie verschließen sich elektronisch wasserdicht, sobald die Abwasser-Pegel steigen und Wasser an die Boxen reichen könnte”, teilt Pressesprecher Michael Strohmayer aus Pforzheim mit, wo die Boxen eingesetzt werden. Sie erfassen außerdem die Rattenfrequenz.

Der Nachteil: „Die Köder-Boxen nehmen gerade beim Transport auf dem Fahrzeug viel Platz weg und wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Ratten nicht so gern hineinkriechen”, erklärt Wolfgang Kappler, Leiter des Kanalbetriebs im Tiefbauamt.

Neben den Köder-Boxen gibt es noch die deutlich kleineren Rattenkugeln. Die Idee dazu hatte Peter Haag, Betriebsmeister Kanalbetrieb beim Tiefbauamt. „Die Hauptanforderung an die Rattenkugeln war, dass niemand in den Schacht einsteigen muss, sondern man sie einfach runterlassen kann”, erklärt er.

Die Kugel hat zwei Öffnungen und den Ratten reicht es schon, nur den Kopf da durch zu strecken, um an den Köder zu gelangen. „Weil das Oberteil durchsichtig ist, sieht man von oben, ob der Köder angefressen ist. Die zuvor getestete Köder-Box musste man hochziehen und öffnen”, beschreibt Kappler die Vorteile der Kugel.

Rattenkugel schwimmt auf dem Wasser

Güler Garip und seine Kollegen Volker Schulze und Harald Scheuermann vom Tiefbauamt machen es vor. Sie befestigen einen Rattenköder mit einem kurzen Draht in einer Kugel. An einem Drahtseil lassen die städtischen Mitarbeiter sie in einen Kanalschacht hinab, bis sie unten steht. Das Drahtseil befestigt Garip unter dem Kanaldeckel. Sollte nun der Wasserpegel steigen, schwimmt die Rattenkugel am Seil entlang auf und der Giftköder verunreinigt das Wasser nicht.

Zehn solcher Rattenkugeln sind erfolgreich seit rund sechs Wochen in Karlsruhe im Test-Einsatz. 5.000 Köder bringt die Stadt jährlich in der Kanalisation an, teils auch noch einfach mit Draht. „Wir haben die Hoffnung, dass sich die Rattenkugel immer mehr durchsetzt”, sagt Klaus Jilg von der Firma Unitechnics, mit der die Stadt Karlsruhe die Kugel zusammen entwickelt hat. In ganz Deutschland seien momentan 500 Stück im Einsatz, so Jilg.

In der Kanalisation Pforzheims dagegen befinden sich 40 Köder-Boxen. 500 Rattenköder lässt die Stadt im Jahr auslegen. Auch Baden-Baden habe Boxen, die verhindern, dass die Köder mit Wasser in Kontakt kommen, sagt Matthias Sopper, Sachgebietsleiter für Stadtentwässerung. Zudem arbeitet die Stadt mit Monitoring: Wenn beim regelmäßigen Nachschauen keine Tiere mehr an einer Stelle gefunden werden, werden dort auch keine neuen Köder ausgelegt.

Eine Nachbesserung von Kläranlagen mit der vierten Reinigungsstufe könnte das Problem des Gifts im Wasser auch verkleinern. „Mit der Aktivkohle wird neben Medikamentenrückständen auch ein größerer Anteil des Wirkstoffs aus den Rattenködern aus dem Abwasser entfernt”, erklärt Kappler vom Tiefbauamt Karlsruhe, wo die Kläranlage nachgerüstet wurde. Doch: „Gerade in Süddeutschland gibt es häufig Mischkanalisationen. Bei kräftigem Regen, wenn die Kanalisation überfordert ist, laufen Schmutzwasser und Regenwasser zusammen und an Kläranlagen vorbei in Gewässer”, erklärt Gottfried May-Stürmer vom BUND.

Auswirkungen auf Fische sind unbekannt

Man wisse zwar, dass Rattengift auch für Fische giftig sei, die möglichen Auswirkungen der in den Fischlebern gefundenen Rattengift-Rückstände auf die Fischgesundheit seien bislang jedoch unbekannt, so Anton Friesen vom Umweltbundesamt. Um das herauszufinden, ist in diesem Sommer ein weiteres Forschungsprojekt an der BfG gestartet.

Fest stehe, dass sich die giftigen Wirkstoffe in der Umwelt und in Organismen anreichern und schwer abbaubar seien. Daher gelte es, Einträge von Rattengift in die Umwelt von vornherein möglichst zu vermeiden. Was das Gift in Gewässern für Menschen bedeutet, geht aus der aktuellen Studie nicht hervor.

Peter Haag und Wolfgang Kappler vom Tiefbauamt Karlsruhe machen außerdem darauf aufmerksam, dass jeder bei der Bekämpfung von Ratten helfen kann: indem man keine Essensreste in die Toilette, den Kompost oder in Grünanlagen wirft sowie Hausmüll-Behälter schließt und somit das Nahrungsangebot reduziert.

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