Skip to main content
ARCHIV - Eine Blaumeise sitzt am 28.01.2015 in München (Bayern) im Englischen Garten an einer Futterstelle. Foto: Tobias Hase/dpa (zu dpa "Naturschützer: Jetzt mit Vogelfütterung beginnen" vom 20.11.2015) +++ dpa-Bildfunk +++

Tipps von Naturschutz-Experten

Vorsicht bei der Vogelfütterung: Auch Ratten und Krankheitserreger lauern

Darf man Gartenvögel füttern? Ja, sagen inzwischen auch die Naturschutzverbände. Aber sie warnen vor verhängnisvollen Fehlern – und erklären, worauf es ankommt.
4 Minuten
4 Minuten

Wer liebt diesen Anblick nicht? Blaumeisen, die sich draußen vor dem Wohnzimmerfenster um Fettknödel balgen. Farbenprächtige Distelfinken, die am verschneiten Vogelhäuschen landen. Das scheue Rotkehlchen, das Körner vom Boden pickt.

Man kann den Tieren schaden, wenn man falsch füttert.
Lillith Stelzner
BUND-Naturschutzreferentin

Früher waren Naturschützer ja strenger: Sie kritisierten die Vogelfütterung im Garten häufig als überflüssig. Heute gönnen sie Tierfreunden zwar das „tolle Naturerlebnis“, wie Stefan Bosch es nennt. „Viele Vogelkundler und Naturschützer haben am Futterhaus angefangen“, sagt der Vogelexperte des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu). Doch er warnt auch vor verhängnisvollen Fehlern, die ahnungslosen Tierfreunden unterlaufen.

„Man kann den Tieren schaden, wenn man falsch füttert“, betont auch Lilith Stelzner, Naturschutzreferentin beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Und das fängt schon bei der Auswahl der Fütterungsstation an. Vom klassischen, offenen Vogelhäuschen raten die Experten ebenso ab wie von Futterbrettern. „Die müsste man täglich säubern“, sagt Bosch. Kot und Futterreste häufen sich an den offenen Futterstellen an, Krankheitserreger und Schimmel können sich ausbreiten.

Futtersilo statt Vogelhaus

„Die beste und sauberste Wahl bei der Vogelfütterung ist ein Futtersilo“, empfiehlt Bosch. In den durchsichtigen Kunststoffröhren sind die Körner geschützt. Die Vögel landen an kleinen Anflugstangen und können aus kleinen Öffnungen nur einzelne Körner herauspicken. Sie laufen nicht im Futter herum.

Heißes Wasser und Kehrbesen

Wer sich nicht von seinem Vogelhäuschen trennen will, dem rät Bosch: regelmäßig mit heißem Wasser reinigen. Selbst unter einem hygienischen Futtersilo sammeln sich Kot und Futterreste an: „Man sollte den Platz regelmäßig säubern und auf Schimmel prüfen“, sagt Bosch. „Probleme kann man auch vermeiden, wenn man gelegentlich den Futterplatz wechselt.“

Auch Ratten mögen Vogelfutter – und sind geschickte Kletterer

Sauberkeit ist auch aus anderen Gründen wichtig. Denn Vogelfutter lockt Ratten an. Die ungeliebten Nager sind wahre Kletterkünstler. Sie ziehen sich an dünnsten Ästen und Stangen hoch, um an Futter zu gelangen. „Die balancieren mitunter sogar auf Drähten, an denen Meisenknödel aufgehängt sind“, weiß Bosch.

Eine junge Ratte frisst Winter-Vogelfutter am 14.02.2015 aus einer Futtersäule in einer Gartenanlage. Das Jungtier sitzt dabei auf den Ästen einer Tanne.
Unerwünschter Mitfresser: Eine junge Ratte knabbert an einer Futtersäule in einem Garten. Die Nager klettern auch an dünnen Ästen hoch, um an Nahrung zu kommen. Foto: Holger Hollemann picture alliance / dpa

Was hilft gegen die ungebetenen Gäste? „Es gibt spezielle Futtersilos für den Boden“, sagt Bosch. Denn einige Arten, darunter Amsel und Buchfink, fliegen Futtersilos in der Regel nicht an und picken ihre Nahrung von der Erde. Im Handel gibt es auch Schutzkäfige, die man über offene Futterstellen stülpt. Durch die Gitteröffnungen zwängen sich aber nicht nur die Gartenvögel, sondern teilweise auch Mäuse und größere Nager. „Eine abschließende Lösung für das Problem mit Ratten und Mäusen gibt es nicht“, sagt Bosch.

Nicht pfundweise füttern

Auch die Menge macht’s. „Wichtig ist, dass man maßvoll vorgeht“, warnt BUND-Referentin Stelzner. Sie rät dringend, überschaubare Futtermengen anzubieten.

„Ich bekomme gelegentlich Anrufe von Menschen, deren Nachbarn pfundweise das Vogelfutter im Garten ausschütten“, erzählt Nabu-Experte Bosch. Solche Futterstellen sind natürlich Paradiese für Mäuse und Ratten. Auch Eichhörnchen naschen gerne und geschickt an Futterstellen für Vögel.

„Premium-Erdnussbutter“ für Piepmätze

Beim Futterkauf haben Vogelfreunde heute die Qual der Wahl. „Eine englische Studie hat gezeigt, dass die Vielfalt exponentiell gewachsen ist“, sagt Bosch. Vogelfutter sei inzwischen ein großes Geschäft. „Vieles entspricht eher den Erwartungen von uns Menschen.“ Sogar der Nabu-Online-Shop bietet „Premium Vogel-Erdnussbutter“ mit Waldbeeren, Nüssen oder Mehlwürmern an.

Sonnenblumenkerne und Erdnusskerne haben den höchsten Energiegehalt.
Stefan Bosch
Vogelexperte des Nabu

Es gibt dort außerdem nicht nur spezielles „Streufutter für Rotkehlchen“, sondern auch eine „Fett-Leckerei“ in Form von Schneemännern und Schneeflocken. Die Vögel schätzen auch schlichtere Speisen. Mit Sonnenblumenkernen kann man nichts falsch machen.

„Sonnenblumenkerne und Erdnusskerne haben den höchsten Energiegehalt“, sagt Bosch – und natürlich auch Fett, in Form von Meisenknödeln oder Erdnussbutter. Allerdings sollte niemand auf die Idee kommen, die Erdnussbutter vom eigenen Frühstückstisch an die Vögel zu verfüttern – denn die ist kräftig gesalzen. Spezielle Erdnussbutter für Vögel ist jedoch salzfrei.

Ein Eichelhäher (Garrulus glandarius) holt sich eine Haselnuss an einem Futterplatz für Vögel in einem Garten.
Der farbenprächtige Eichelhäher ist ein seltener Gast in Privatgärten. Eine Haselnuss kann ihn aber durchaus zum Besuch an einem Futterplatz verlocken. Foto: Patrick Pleul /dpa

Was schmeckt Amsel und Eichelhäher?

Fast alle Gartenvogel-Arten fressen Sonnenblumenkerne und Erdnüsse. Besonders beliebt ist dieses Futter bei Kohl- und Blaumeisen, Kleibern sowie Grün- und Buchfinken, erklärt Bosch. „Eichelhäher lockt man mit Maiskörnern, Walnüssen und Haselnüssen an die Futterstelle.“ 

Amseln nehmen gerne auch Obst und Rosinen an. Vogelfreunde sollten ruhig einige Apfelschnitze zusätzlich zu den Körnern anbieten. Rotkehlchen und Amseln picken außerdem gerne Mehlwürmer.

Kleine Samen für Zeisige

Zeisige und Distelfinken schätzen auch kleine Samen, beispielsweise von Hanfpflanzen. Grundsätzlich raten die Naturschützer, das natürliche Nahrungsangebot im Garten zu erhalten: Wer abgeblühte Blumenstauden im Winter stehen lässt, bietet den Vögeln allein damit reiche Kost. Neben Samen finden die Piepmätze dort auch überwinternde Insekten.

Ein Rotkehlchen steht auf einem Ast in einem Garten.
Ein Farbtupfer am winterlichen Futterplatz: Das eher scheue Rotkehlchen schätzt auch Mehlwürmer. Foto: Stefan Sauer /dpa

Verheddert im Knödel-Netz

Bei Meisenknödeln sollten Vogelfreunde vor allem eines beherzigen: Keine Knödel im Plastiknetz kaufen. „Darin können sich Vögel verheddern“, warnt BUND-Referentin Stelzner, „und es schadet der Umwelt.“

Vorsicht bei Ambrosia-Samen

Wer Samenmischungen kauft, dem rät die Expertin, auch die Rückseite der Verpackung mit den Inhaltsangaben genau anzuschauen: „Oft sind Ambrosia-Samen untergemischt.“ Über die Vogelfütterung kann man unbeabsichtigt zur Verbreitung des Traubenkrauts beitragen – und andere Menschen gefährden. Die Pollen und die Blütenstände können heftige allergische Reaktionen auslösen.

Die Vogelfütterung ist kein effektiver Schutz für bedrohte Vogelarten.
Stefan Bosch
Naturschutzbund Deutschland

Eine Illusion nehmen die Naturschutz-Experten den Laien: „Die Vogelfütterung ist kein effektiver Schutz für bedrohte Vogelarten“, sagt Bosch. „Es mehren sich auch kritische Stimmen, da Fütterung und Nistkästen wenig bedrohte Arten wie Kohlmeise und Blaumeise stark fördern.“

Grauammer, Feldlerche und Kiebitze profitierten nicht von der Gartenfütterung, betont auch BUND-Referentin Stelzner. „Aber bei Schneedecken kann die Vogelfütterung schon eine sinnvolle Unterstützung sein.“ Klar sei auch: „Die Vögel brauchen im Winter weniger Nahrung als im Sommer, wenn sie ihre Jungen aufziehen.“

Sterbewellen bei Gartenvögeln

Auch bei den weitverbreiteten Gartenvögeln gibt es immer wieder plötzliche Sterbewellen. Mal waren die Amseln betroffen. Vor einigen Jahren brach die Rotkehlchen-Population ein. Und bei den Grünfinken kommt es immer wieder zu Seuchen. Wohlmeinende Vogelfreunde, die ganzjährig füttern, sind daran manchmal mitschuldig: An ungepflegten Futterstellen vermehren sich tödliche Trichomonaden im Sommer stark.

Grünfinken sind besonders anfällig. Infizierte Tiere können keine Nahrung mehr aufnehmen. Sie bleiben dann selbst in Nähe der Menschen regungslos sitzen und verlieren vermeintlich jede Scheu.

nach oben Zurück zum Seitenanfang