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Programm „Kaiserin Stasi die Erste“

Kabarettistin Lisa Eckhart auf „Staatsbesuch“ in Pforzheim und Karlsruhe

Kabarettistin Lisa Eckhart gilt als umstritten. Wer zu ihren Auftritten geht, weiß aber inzwischen, worauf er sich dabei einlässt.

Mit goldenem Strahlenkranz auf dem Haupt und Reifrockgerippe um die Hüfte spielt Lisa Eckhart ihre kongeniale Bühnenfigur „Kaiserin Stasi die Erste“.
Mit goldenem Strahlenkranz auf dem Haupt und Reifrockgerippe um die Hüfte spielt Lisa Eckhart ihre kongeniale Bühnenfigur „Kaiserin Stasi die Erste“. Foto: Roland Wacker

Die Bühne ist schwarz, der Saal ist abgedunkelt. Aus den Lautsprechern tönt in schrägen Klangfetzen eine eigenwillige Version von „Here Comes The Sun“ und im hellen Licht hat Lisa Eckhart ihren Auftritt.

Mit goldenem Strahlenkranz auf dem Haupt und Reifrockgerippe um die Hüfte spielt die hochgewachsene Frau ihre kongeniale Bühnenfigur „Kaiserin Stasi die Erste“. Mit diesem Programm ist sie derzeit auf stark gefragter Tournee. Ausverkauft waren ihre beiden Auftritte in der Region, zunächst im CCP Pforzheim und tags drauf im Konzerthaus Karlsruhe.

Publikum in Pforzheim johlt

In Pforzheim johlt das Publikum, als es mit „Liebe Genossinnen und Genossen“ begrüßt wird. Mag die 30-jährige Kabarettistin bei anderen umstritten sein: Wer zu ihren Auftritten kommt, weiß, worauf er sich einlässt.

Und tatsächlich lässt sich wunderbar lachen, wenn Lisa Eckhart in provokanter Personenkultmischung aus sowjetischem Stalin und österreichischer Sissi als „Kaiserin Stasi“ ihre politischen Allmachtsfantasien ausbreitet. Dass sie Ostdeutschland bereits regiere, dass sie dort als Österreicherin gut „ossimiliert“ sei, und dass sie die Ostdeutschen aus ihrer Knechtschaft befreit und zurück in die Diktatur geführt habe.

Lachen durch Vorurteil geschürt

Die Zukunftsszenarien sind lustig, weil sie zum einen total überzogen sind. Zum andern aber lacht hier auch ein westdeutsches Publikum über Ostdeutsche, denen – mehr durch Vorurteil geschürt als durch eigene Erfahrung erlebt – antidemokratische Undankbarkeit zugeschoben wird, weil sie zunehmend nach der starken Hand rufen würden, die endlich durchgreifen sollte.

Lisa Eckart weiß um die nach wie vor unterschwellig gärenden deutsch-deutschen Befindlichkeiten. So merkt sie als „Kaiserin Stasi“ auf der Bühne auch an, sie sei zum ersten Mal „auf Staatsbesuch in Pforzheim“ und betont, dass das ja Westdeutschland sei. Auch das ist im Publikum ein großer Lacher, den die Kabarettistin prompt mit einem erstaunten „Ups“ kommentiert, wie schnell man die Deutschen doch spalten könnte.

Stimmung kippt nie

Mit dieser Spitze sind freilich alle im Saal Anwesenden gemeint – und das Versöhnliche an Lisa Eckarts Monologen ist, dass die Stimmung ob solcher humorvollen Vorwürfe niemals kippt. Unterm Strich wird gar nicht auf Kosten der Ostdeutschen gelacht, sondern vielmehr über die eigene Unzulänglichkeit, dass man das eigene Ost-West-Schubladendenken partout nicht loswird.

Solcher Humor, der auf einen selbst zurückfällt, ist nicht jedermanns Sache. Doch wie gesagt: Wer zu Lisa Eckhart kommt, weiß, worauf er sich einlässt. Man lässt sich von ihren Pointen gerne durch sehr absonderliche Gedanken führen. Die sind oft herrlich albern durchsexualisiert. Zur Arbeitsplatzbeschaffung etwa könnten Frauen in der Menopause, mit 40 Grad angefiebert, super als rumstehende Heizstrahler eingesetzt werden. Ob solchem Blödsinn brüllt der Saal, ebenso bei dem Gag über die heute so anständige und vernünftige Jugend. Deren Sex nämlich gleiche mehr und mehr dem elektronischen Bezahlen mit Karte: „Reicht hinhalten oder muss ich reinstecken?“

Bereits das fünfte Solo-Bühnenprogramm

Mit „Kaiserin Stasi die Erste“ hat Lisa Eckhart jetzt ihr fünftes Solo-Bühnenprogramm präsentiert. Sie hat als Poetry-Slamerin angefangen und über die Jahre, unterstützt durch zahlreiche TV-Auftritte, eine ganz eigene Kabarettform erschaffen, für die sie mit Auszeichnungen der obersten Liga wie Salzburger Stier oder Deutscher Kabarettpreis geehrt wurde.

In Pforzheim bewies sie vor allem souveräne Bühnenpräsenz. Viel spielte Lisa Eckhart, die ihre Texte gut vorbereitet und auswendig gelernt auf die Bühne mitbringt, auch mit kurzen Pausen inmitten von Sätzen, die gewisse Erwartung schüren. Auch dabei ertappt man sich in stereotypen Denkweisen, wenn Phrasen plötzlich eine andere Richtung nehmen. „Ich bin alleinerziehend“, sagt sie und fügt hinzu, dass sie zusätzlich noch ihren Mann am Hals habe. Und die wirklich einzige „Alternative für Deutschland“ sei – Pause und erwartungsvolle Stille im Saal – Österreich!

Zu den abwegigen Gedanken von „Kaiserin Stasi“ gehörte im Übrigen auch der Wahnwitz, Putin würde niemals andere diktatorische Länder angreifen. Deshalb könne Deutschland ja, um sich vor Putin zu schützen, einfach diktatorisch werden. Es mag extremistische Spinner geben, die solche Überlegungen für bare Münze nehmen. Auch dieses „Potenzial für Missverständnisse“ hat Lisa Eckhart umstritten gemacht. Die gute Nachricht aber ist, dass derartige Spinner nicht zu Lisa Eckhart ins Kabarett gehen. Sie müssten viel zu viel über sich selber lachen.

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