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Keramik im öffentlichen Raum

Aus dem Feuer ins Dampfbad: Karlsruher Majolika als Begleiter im Alltag

Schon gewusst? Je heißer der Ofen, umso weniger Farbe, dafür aber unverwüstlich. Die Majolika lüftet in ihrer neuen Ausstellung „100+20“ mehr oder weniger bekannte Fakten rings um 14 geläufige Kunstwerke im öffentlichen Raum aus der Karlsruher Keramik-Manufaktur.

Einweihung Graf-Kuno-Denkmal Otto Oppenheimer
Hier ist täglich Fasnacht: Auf dem ehemaligen Holzmarkt in Bruchsal, einem belebten Platz, steht seit Herbst 2020 das „Narrenschiff“. Der Brunnen von Wolfgang Thiel mit Kacheln der Majolika verwebt eine Lebens- und Leidensgeschichte, Würdigung und Erinnerung mit einer Schelmenballade. Foto: Foto: Martin Heintzen

Schwitzen, spritzen, sparen: Mit Majolika lässt sich einiges erleben – und erledigen. Die Keramiken aus der 1901 gegründeten Großherzoglichen und heute Staatlichen Majolika-Manufaktur im Karlsruher Hardtwald gehören vielerorts zum Alltag in der Region.

Vom Brunnen am Spielplatz über die heilende Ruhe im Dampfbad bis hin zur farbenfrohen Kachelwand im Kundenzentrum der Sparkasse – Kunst im öffentlichen Raum aus den Öfen der Majolika hat eine mittlerweile 120 Jahre währende Tradition.

Doch die wenigsten kennen ihre Wege durchs Feuer und ihre Geschichte. Eine Ausstellung im Majolika-Museum will hierfür nun die Augen schärfen.

Baukeramik einst für Luxusliner im Kaiserreich

Schon in den Anfängen ist die Baukeramik eine erfolgreiche Sparte, mit der die Majolika im deutschen Kaiserreich Luxusliner, öffentliche Gebäude und Kaufhäuser ausstattet.

Kunst im öffentlichen Raum zählt von Beginn an zum Kerngeschäft der Manufaktur, die darauf immer schon hoch spezialisiert ist. Mit Brennöfen so groß, dass auch Figuren wie eine Luise von Baden auf einem 1,50 Meter hohen Sockel für jedes Wetter an ihrem Standort im Karlsruher Stadtgarten gebrannt und gehärtet werden können. Dabei gilt die Faustregel: Je heißer der Ofen, umso schwächer die Farben, aber umso unverwüstlicher auch das Produkt.

Dieser „vergessenen Mutter des Roten Kreuzes“ ist momentan ein zweiter Ort gewidmet. Die Genese des Werkes von Sybille Onnen (2013) lässt sich im großen Saal der Ausstellung „100+20“ ebenso nachvollziehen wie jene zu weiteren Arbeiten im öffentlichen Raum.

©ARTIS-Uli Deck// 08.04.2022 Majolika, Ausstellung 100+20 
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Vom Entwurf zum fertigen Objekt: Insgesamt 14 beispielhafte Kunstwerke für den öffentlichen Raum präsentiert die Majolika in ihrer neuen Ausstellung und bekräftigt damit abermals ihre renommierte Tradition. Foto: Uli Deck/Artis

Ausstellung zeigt 14 Projekte aus den letzten 20 Jahren

Die Baukeramik der Majolika schreibt zwar eine längere Geschichte, die Ausstellung konzentriert sich aber auf die vergangenen 20 Jahre und präsentiert 14 Projekte, die beispielhaft sind für unterschiedliche Herangehensweisen und konzeptionelle Umsetzungen.

In allen Fällen handelt es sich um Künstlerinnen und Künstler, die in Baden-Württemberg leben und arbeiten, und solche Projekte, die im Land realisiert wurden. Insofern bietet sich die in der Gegenwart verortete Schau auch als Start- oder Endpunkt einer Erkundungstour zu den Orten an.

Vom Siebdruck bis zum 3-D-Verfahren

Faszinierend ist dabei zu verfolgen, wie wandlungsfähig die Jahrtausende alte Keramikkunst ist. Vom Siebdruckverfahren bei den Applikationen von Edith Baerwolff für die „Südwestdeutsche Allegorie der Caritas“ (2012) im Kirchlichen Rechenzentrum Eggenstein-Leopoldshafen bis hin zu den – in der Majolika entwickelten – computerbasierten 3-D-Keramik-Druckverfahren sind viele Techniken vertreten.

Das Werk „Helfende Hände“ (2019) für das Galeriegeschoss im Foyer der ViDia-Klinik an der Karlsruher Steinhäuserstraße ist laut Majolika das erste seiner Art, das im 3D-Druck-Verfahren entstand. Um das Engagement der Unterstützer der Kliniken zu ehren, hat Fabian Schmid, mit dem die Majolika den Schritt in die Serienproduktion ging, die Hände der Spender im 3D-Scan digitalisiert.

An Beispielen lassen sich die Beschaffenheit des Materials und am Innenleben auch das Verfahren nachvollziehen.

Keramiken vom Spielplatz bis ins Vierordtbad

Die Schau bringt mitunter erst wieder in Erinnerung, wo überall die Majolika in den Alltag greift: Aha-Erlebnisse gibt es etwa mit Hannelore Langhans, die aus der Wand zum benachbarten Supermarkt im Kundenzentrum der Sparkasse am Europaplatz Karlsruhe mit ihrer farbenfrohen Relief-Installation einen ästhetischen Ruhepol zum Handelstreiben schuf („Oase“, 2007). Prominent auch das 2020 eingeweihte „Narrenschiff“ auf dem Otto-Oppenheimer-Platz in Bruchsal.

Weniger geläufig sind die „Labyrinthkästen“ von Günter Wagner (2014) im Generallandesarchiv, die mit ihrem Metall-Look verblüffen.

Reich bespielt wiederum sind die Majolika-Vögel des Brunnens auf dem Clara-Immerwahr-Haber Platz in der Karlsruher Südoststadt von Taddäus Hüppi („Ucecellacci e uccellini“, 2015). Nicht ganz so heißt wie im Brennofen wird es gottlob im Vierordtbad. Doch lässt sich dort zwischen Majolika-Fliesen schwitzen. Wem es im Dampfbad zu neblig ist, um die ganze Schönheit der Göttin Hygieia zu erkennen, hat in der Ausstellung nun klare Sicht.

Zukunft der Majolika noch immer ungewiss

Weniger klar sieht die Majolika selbst: Die einst renommierte Einrichtung gehört seit einigen Jahren zu den Sorgenkindern des Karlsruher Haushalts. Von diesem Status will sie der seit 2020 amtierende Geschäftsführer Klaus Gutowski befreien. Sich wieder besser zu verkaufen, ist Teil seines Konzepts.

Die Majolika ist inzwischen die letzte ihrer Art in Deutschland. Regelmäßig realisieren Künstler aus aller Welt dort Projekte. Für viele ist sie schon das, was Gutowski in der öffentlichen Wahrnehmung manifestieren möchte: eine wichtige Anlaufstelle, ein Keramikzentrum von internationalem Rang, das junge experimentierfreudige Künstler ebenso anzieht wie bekannte Keramikkünstler.

Service

„100+20 Jahre Kunst im öffentlichen Raum“, bis 26. Juni in der Majolika-Manufaktur Karlsruhe, Ahaweg 6-8. Eröffnung am 9. April ab 18 Uhr.

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