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Großes Fest am Wochenende

Wie das Schloss Hambach zum Ort der Demokratie werden soll

Nach Versuchen von fremdenfeindliche und nationalistische Parteien und Organisationen, das Hambacher Schloss zu vereinnahmen, soll ein Demokratiefest mit neuem Freiheitspreis das Schloss als Symbol der deutschen Demokratiebewegung stärken.

Luftaufnahme vom Schloss Hambach
Bedeutender Ort: Das Schloss Hambach thront über der Rheinebene. Foto: Martin Moxter/imago images

Das Hambacher Schloss gilt – neben der Frankfurter Paulskirche – als Symbol der deutschen Demokratiebewegung. Am 27. Mai 1832 gab es dort die erste Massendemonstration der deutschen Geschichte. Daran anknüpfend soll jetzt am langen Wochenende Ende Mai erstmals „ein Demokratiefest“ stattfinden. Dabei soll auch der neu geschaffene „Hambacher Freiheitspreis 1832“ verliehen werden.

Erster Preisträger wird Alt-Bundespräsident Joachim Gauck sein. Der Stadtrat von Neustadt an der Weinstraße zeigte sich zudem jüngst mehrfach besorgt um „die Vereinnahmung des Hambacher Schlosses“ durch antidemokratische Kräfte.

Im Mai 1832 startete ein „Nationalfest der Deutschen“, das so genannte Hambacher Fest. Mehr als 30.000 Menschen, so ist es überliefert, sollen 1832 auf dem hoch über der Rheintalebene thronenden geschichtsträchtigen Schlossberg verweilt haben. Sie forderten nicht nur die nationale Einheit Deutschlands sowie ein „conföderiertes republikanisches Europa“, sondern setzten sich auch ein für Presse- und Versammlungsfreiheit. Erstmals wurde die schwarz-rot-goldene Flagge gezeigt. Mit Aufkommen der Pegida- und Querdenker-Bewegungen gab es zuletzt jedoch wiederholt Versuche zur Vereinnahmung der Ereignisse von 1832.

Max Otte wollte sich die Marke „Neues Hambacher Fest“ sichern

Der Stadtrat von Neustadt, zu dem der 5.200 Seelen zählende Weinbauort Hambach gehört, erneuerte erst in der vergangenen Woche einen Beschluss „gegen Feinde der Demokratie“. Einhellig verwahrt sich das Gremium gegen die Vereinnahmung des Hambacher Schlosses. Noch im Januar hatte ein ortsbekannter Querdenker, der auch so genannte Montagsdemos mit veranstaltete, eine Kundgebung für den 28. Mai mit einem Marsch hoch zum Schloss angemeldet. Das Ordnungsamt der Stadt hatte das Ansinnen abgelehnt.

Auch ein eher bizarr wirkender Eintrag des AfD-nahen Publizisten Max Otte, der sich beim Deutschen Patent- und Markenamt die Marke „Neues Hambacher Fest“ sichern wollte, konnte im vergangenen November abgeschmettert werden. Bei Stadt und Gemeinderat weckte das anhaltend Besorgnis. Auch eine Gruppierung von Initiativen, ein „Bündnis gegen Rechts“, wurde aktiv. Gegen die Vereinnahmung des Hambacher Schlosses durch fremdenfeindliche und nationalistische Parteien und Organisationen wurden innerhalb kurzer Zeit 3.000 Unterschriften gesammelt.

Unter dem Motto „Gesicht zeigen – Demokratie leben“ soll nun am kommenden Samstag eine ganztägige Veranstaltung mit Musik und Kultur auf dem Marktplatz von Neustadt stattfinden. Unterstützt wird von den Initiatoren auch die Absicht des Stadtrats, Neustadt und den Teilort Hambach „zur Demokratiestadt“ zu profilieren.

Bereits im September 2020 fasste das Gremium einstimmig den Beschluss, Neustadt „als erlebbares Zentrum deutscher Demokratiegeschichte“ zu profilieren. Ein erstes erlebbares Mosaik soll das „Demokratiefest“ am langen Wochenende nach Christi Himmelfahrt sein. Damit startet auch „die Dekade Hambacher Fest“. Bis 2032 – der 200. Wiederkehr des historischen Ereignisses von 1832 – soll alle zwei Jahre ein solches Demokratiefest stattfinden.

Auch Ronald Reagan und Richard von Weizsäcker hielten hier schon Reden

Das nur gut 30 Kilometer Luftlinie von Mannheim und Speyer entfernte Schloss Hambach, umgebaut zwischen 2006 und 2011 zur Tagungsstätte, ist auch ein beliebtes touristisches Ziel. Am 6. Mai 1985 hielt dort US-Präsident Ronald Reagan eine Rede „an die Jugend der Welt“. Im Mai 2007, 175 Jahre nach dem „Hambacher Fest“, war Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker der wichtigste Gastredner.

Die Bildungsangebote in der Stadt und auf Schloss Hambach sollen nun sukzessive weiter ausgebaut werden, wie ein Sprecher der Stadt auf Anfrage bestätigt. Mit der erstmaligen Verleihung des neu geschaffenen „Hambacher Freiheitspreis 1832“ an Alt-Bundespräsident Joachim Gauck soll dessen „Mut zur Freiheit“ gewürdigt werden. Der Festakt am 29. Mai wird auch online übertragen.

Historische Zeichnung des Hambacher Festes
Die erste Massendemonstration: Beim „Hambacher Fest“ 1832 forderten die Teilnehmer ein republikanisches Deutschland mit einigen zur damaligen Zeit in Deutschland unbekannten Freiheiten. Foto: Arkivi/imago images

An den Tagen zwischen dem 26. und dem 29. Mai wird es Musik- und Mitmachaktionen geben. Beim Podiumsgespräch am Samstag, 28. Mai mit Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und dem rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz soll es um „Bedrohte Freiheiten. Wie stabil ist unsere Demokratie?“ gehen. Thema sind unter anderem der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Corona-Pandemie.

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