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Religionsoberhaupt wird 85

Der Dalai Lama hat Geburtstag und veröffentlicht sein erstes Musikalbum

Der Dalai Lama ist einer der ältesten Flüchtlinge der Welt und sicher der berühmteste. An diesem Dienstag wird er 85 Jahre alt. Pünktlich zum Geburtstag veröffentlicht er auch sein erstes Album.

Seit seiner Flucht aus China 1959 lebt der „Ozeangleiche Lehrer“ (so übersetzt sich Dalai Lama) im indischen Dharamsala in der Hoffnung, in seine Heimat zurückkehren und dort die Befreiung von der chinesischen Herrschaft erleben zu dürfen. Solange versucht der tibetische Mönch, die Welt mit der Macht der Liebe auf eine sanfte Art zu einem besseren Ort zu machen.

Mitten in der Corona-Pandemie gab der Dalai Lama Millionen Menschen einen Rat, dem die meisten Epidemiologen wohl zustimmen würden. Während sich weltweit die Infektion ausbreitet, sei es besonders wichtig, mehr Mitgefühl zu zeigen, sagte im Mai das geistliche Oberhaupt der Tibeter in einem Videointerview mit dem US-Sender ABC: „So sehr wir uns selbst lieben, wir sollten uns jetzt vor allem um andere Menschen kümmern“.

Die Motive der Nächstenliebe, der Fürsorge für andere, der Toleranz, Gewaltfreiheit und Gerechtigkeit treiben den in ein rotes Gewand gekleideten, fast kahlköpfigen Mann mit der markanten Brille im schmalen Gesicht seit Jahrzehnten an – und geben ihm die Kraft, das wahrscheinlich lebenslange Exil zu ertragen.

Was ist das Erfolgsgeheimnis des Dalai Lama?

Es gibt heute nur wenige Personen, die über alle Grenzen hinweg bei Menschen unabhängig von ihrer Religion, dem sozialen Status und der Weltanschauung so viel Ansehen und Sympathie genießen wie der Friedensnobelpreisträger von 1989. Dem Dalai Lama folgen 33 Millionen Fans in den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter. Mit seinen Vorträgen hat der Exil-Tibeter früher mühelos Konzerthallen und Stadien gefüllt. Weltweit meditieren Manager nach seinen Grundsätzen. In den USA zählte er 2019 laut einer Umfrage zu den zehn populärsten Personen weltweit.

Was also ist das Geheimnis dieses bescheidenen Mannes, der auch bei Königen, Staatschefs, Religionsoberhäuptern und Intellektuellen Gehör findet? Es gibt viele Antworten, eine davon lautet: der Sonnenschein in seinem Herzen.

Vor acht Jahren berichteten die BNN über einen Auftritt des Dalai Lama in der Londoner Royal Albert Hall. Der kleine Mann mit der großen Brille machte es sich auf der Bühne in einem senffarbenen Sessel gemütlich, grinste, hob die Hand zu einem Gruß. Und noch ehe er ein Wort sagte, fingen die rund 5.000 Zuhörer an, herzlich zu lachen. Eine unwiderstehliche Kraft zog ihre Mundwinkel nach oben.

Es hilft, jeden Tag mit dem Gedanken zu beginnen: ,Ich will anderen Menschen helfen und niemandem schaden‘
Dalai Lama

Als der Dalai Lama dann mit einfachen und leidenschaftlichen Worten von Glück und Liebe zu sprechen begann, wurde es sehr still im Saal. „Denkt daran, dass wir alle gleich sind, dann wird euer Leben einfacher sein. Die Angst lebt in denen, die keine Liebe kennen. Mitgefühl und Ehrlichkeit sind die Quellen unserer inneren Stärke“, lehrte der gut aufgelegte Religionsführer. „Es hilft, jeden Tag mit dem Gedanken zu beginnen: ,Ich will anderen Menschen helfen und niemandem schaden‘“.

Er bedauerte, dass es noch zu viel Zorn in der Welt gebe. „Mein ganzes Leben lang habe ich Tod und Blutvergießen gesehen“, sagte in einem harten Englisch der Pazifist und schwang energisch seine Arme. „Die Zukunft ist ein leeres Blatt, alles ist möglich. Ihr jungen Menschen könnt wunderbare Dinge bewirken. Wir Alten werden eure Erfolge beurteilen, wenn wir nach dem Tod ins Paradies gekommen sind“.

Was können Menschen vom Dalai Lama lernen?

Der Buchautor und Journalist Franz Alt aus Baden-Baden zählt den Dalai Lama seit bald 40 Jahren zu seinen Freunden. In dieser Zeit habe er das Oberhaupt der Tibeter etwa 40 Mal getroffen und oft zu den Themen Klimaschutz, Menschenrechte und Frieden interviewt, sagt Alt. „So lange ich ihn kenne, hat er sich im Grunde nicht verändert. Es ist die große Freude am Leben, die ihn geistig frisch hält. Er lacht viel. Er hat sich etwas Kindliches bewahrt.“

Franz Alt hat aus dieser Beziehung viel gelernt. Etwa dass der Geist viel mächtiger ist, als sich das viele Menschen vorstellen können. Dass man auf seine Träume achten und den negativen Emotionen nicht nachgeben soll, weil sie zu viel Kraft fordern.

Natürlich hat er den Religionsführer gefragt, worin der Sinn des Lebens bestehe. „Dass wir glücklich werden“, lautete die Antwort. „Das ist eine Sprache, die jeder versteht“, sagt anerkennend Alt. „Die einfachen, universellen Botschaften, die bei allen ankommen – sie sind der Grund, warum der Dalai Lama überall so beliebt ist.“

Sein Freund lege wenig Wert auf Geburtstage, erzählt Franz Alt. „Er wird an diesem Montag genauso arbeiten, wie an jedem anderen Tag.“ Den typischen Tagesablauf des Dalai Lama beschreibt der Journalist so: Aufstehen um 3 Uhr morgens, bis 7 Uhr meditieren, anschließend Treffen und Gespräche, um 18 Uhr dann die frühe Nachtruhe.

„Er hat viel vor und geht optimistisch davon aus, dass er noch sehr alt werden wird“, sagt Alt. Der große Traum des Dalai Lama, sei es, Tibet wiederzusehen. „Er ist überzeugt, dass sein Land in Zukunft frei sein wird, weil sich keine Diktatur ewig halten kann.“

Auf ärztlichen Rat hat der spirituelle Anführer in der Corona-Zeit seine Weltreisen zurückgestellt, er nimmt stattdessen an Videokonferenzen teil. In einem Interview riet der Dalai Lama den Menschen, die an der Isolation in der Pandemie leiden, täglich morgens zu meditieren: „Auch wenn Sie am Anfang vielleicht nur eine Sekunde Meditation schaffen, üben Sie weiter, bis Sie auf eine, fünf oder zehn Minuten kommen.“

Musikalisches Debüt zum Geburtstag

Um seinen Fans diese Aufgabe zu erleichtern, begibt sich der Dalai Lama zu seinem 85. Geburtstag auf ein neues Terrain: in die Welt der Musik. Am 6. Juli erscheint sein erstes Album mit dem Titel „Inner World“ (Innere Welt). Es besteht aus elf Titeln, in denen es um Mitgefühl, Mut, Heilung, Weisheit und Menschlichkeit geht. Der weise Mönch spricht auf dem Album Mantras und Lehrsätze, unterlegt mit ätherischen New-Age-Klängen.

Mit seiner Platte wolle er die Botschaft vermitteln, dass die Warmherzigkeit und die Sorge um andere die Quellen des Glücks seien, erklärte der Dalai Lama. „Der Zweck meines Lebens ist es, so viel zu dienen, wie ich kann. Musik kann Menschen auf eine Weise helfen, wie ich es nicht kann.“

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