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Debatte im Bundestag

Ein bisschen Impfpflicht: Abgeordnete der Ampel-Fraktionen präsentieren ihre Vorschläge

Drei Immunisierungen bis 1. Oktober – sonst droht ein Bußgeld. Diesen Vorschlag haben nun sieben Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP vorgelegt. Die Union hingegen will vor allem ein Impfregister einrichten.

Ein Abgeordneter wirft bei einer namentlichen Abstimmung über einen Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag eine Stimmkarte in eine Wahlurne.
Wer stimmt wie ab? Wenn es im Bundestag um die Impfpflicht geht, ist der Fraktionszwang aufgehoben. Mehrere Vorschläge liegen bislang auf dem Tisch. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Wer sich bei der Debatte über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht bisher Sorgen gemacht hat, es werde zu einem staatlichen Impfzwang kommen, kann sich beruhigt zurücklehnen.

Sieben Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP legten am Freitag ihre Pläne für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 vor, ihr Gesetzentwurf dürfte mit einiger Sicherheit die meisten Stimmen im Parlament bekommen – und er sieht körperlichen Zwang nicht vor.

Die Ampel-Koalitionäre planen vielmehr folgendes: Ab dem 1. Oktober müssen Erwachsene den zuständigen Behörden sowie ihrer Krankenkasse auf Anforderung drei Immunisierungen nachweisen. Können sie das nicht, droht ihnen ein Bußgeld von maximal 2.500 Euro. Wobei nach Einschätzung der Parteien 250 Euro und darunter eher wahrscheinlich sind.

Impfpflicht: Bis zu 2.500 Euro Bußgeld möglich

Vor der Bestrafung soll zunächst die Information stehen. Bis Mitte Mai unterbreiten die Krankenkassen ihren Mitgliedern demnach Beratungsangebote, informieren sie über Impfmöglichkeiten und Impfstoffe und weisen sie auf die Impfpflicht ab dem Herbst hin.

Wer dreimal geimpft oder auch geimpft und genesen ist, soll dies digital oder analog etwa in der nächsten Apotheke nachweisen. Wer sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen kann, ist von der Impfpflicht ausgeschlossen. Das gilt auch für Frauen zu Beginn ihrer Schwangerschaft.

Spannend wird es für alle, die sich nicht impfen lassen wollen. Dem Gesetzentwurf zufolge müssen sie mit einem Bußgeld bis 2.500 Euro rechnen. Die Koalition bewegt sich damit im üblichen Rahmen, wie Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Till Steffen erklärte, der zu den Autoren des Gesetzentwurfes zählt. Bußgeld in gleicher Höhe ist beispielsweise bei der Masernimpfpflicht vorgesehen.

In der Praxis dürften die Strafen jedoch zunächst deutlich geringer ausfallen, wie Steffen deutlich machte. Denn bei Bußgeldern über 250 Euro muss zunächst die Einkommens- und Vermögenslage geprüft werden. Der hohe Aufwand dürfte viele Ordnungsbehörden dazu veranlassen, nicht über diese Grenze zu gehen.

Wer ein Bußgeld bezahlen musste, hat anschließend Zeit zur Nachbesserung. Wird er oder sie wieder erwischt, kann das nächste Bußgeld fällig werden. Wer das Bußgeld kassiert, wer die Impfungen kontrolliert – Polizeien und Ordnungsämter etwa – ist offen, denn das liegt in der Entscheidung der Bundesländer.

Weitere Vorschläge gegen Impfpflicht oder Impfpflicht erst ab 50

Das Gesetz aus der Feder der Abgeordneten Dirk Wiese, Heike Baehrens und Dagmar Schmidt (alle SPD), Janosch Dahmen, Steffen (beide Grüne) sowie Katrin Helling-Plahr und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (beide FDP) soll bis Ende 2023 befristet werden. Eine quartalsweise Überprüfung der Wirksamkeit ist vorgeschrieben. Sollte die Pandemielage eine Impfpflicht überflüssig machen, kann das Gesetz ausgesetzt werden, erklärten die Verfasser.

Es gibt weitere Vorschläge, über die im Bundestag ohne Fraktionszwang entschieden werden soll. Darunter einer von FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der sich gegen eine allgemeine Impfpflicht ausspricht. Ein anderer, initiiert vom FDP-Gesundheitsexperten Andrew Ullmann, peilt eine Impfpflicht ab 50 an.

Union setzt auf Impfregister

Die Unionsfraktion geht einen anderen Weg. „Wir wollen einer allgemeinen Impfpflicht nicht den Weg bereiten, weil wir nicht wissen, wie der Herbst wird“, sagte Fraktionsvize Sepp Müller (CDU). CDU und CSU setzen deshalb zunächst auf die Einrichtung eines Impfregisters. Ihr Hauptargument: „Nur eine ausreichende Datengrundlage ermöglicht die richtigen Reaktionen und damit sowohl den Schutz unseres Gesundheitssystems, aber auch unserer Freiheitsrechte.“

Zum Aufbau des Registers könne zum Beispiel auf die Steuernummer zurückgegriffen werden, die jeder Bürger und jede Bürgerin habe, schlug die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz von der CSU vor. Wie die Ampel-Parteien setzen auch CDU und CSU auf Aufklärung und fordern die Ausweitung der Impfkampagne.

Erst in einem allerletzten Schritt und nur bei Bedarf sollte es nach dem Willen der Union eine Impfpflicht für bestimmte Gruppen geben. CDU und CSU wollen dazu die Regierung verpflichten, einen gesetzlichen „Impfmechanismus“ zu entwickeln, mit dem abgestuft auf neue Bedrohungen reagiert wird. Als Kriterien werden unter anderem „die voraussichtliche Schwere einer Virusvariante, deren Übertragbarkeit, die Wirksamkeit des dann verfügbaren Impfstoffes“ sowie der Immunitätsgrad in der Bevölkerung genannt.

Ende März könnte alles in trockenen Tüchern sein

Wann die verschiedenen Vorschläge und Gesetzesentwürfe umgesetzt werden, ist unklar. Ursprünglich war erwartet worden, dass die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht in der nächsten Sitzungswoche, also kommende Woche, erneut im Bundestags diskutiert wird. Bislang steht es dort aber nicht auf der Tagesordnung.

Für die Ampel-Fraktionen erklärte Strack-Zimmermann, man gehe von einem Vorliegen aller Vorschläge und Entwürfe bis Mitte März aus und erwarte, dass „Ende März alles in trockenen Tüchern ist“.

Die Regierung hält sich aus der Debatte weiterhin heraus. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums erklärte, man habe den Fraktionen Hilfestellung geleistet, die Entscheidung obliege dem Parlament. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich bereits für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ausgesprochen.

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