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Heikle Hausfinanzierung

Sind Babys und höhere Zinsen eingepreist? Kreditfallen für Häuslebauer

Bei der Kreditaufnahme sollten Häuslebauer viele Faktoren bedenken – und eine „gesunde Skepsis“ an den Tag legen, rät die Verbraucherzentrale. Es drohen teure Kostenfallen.

Ein kleines Spielzeughaus steht auf Euro-Geldscheinen
Ist der Traum vom Eigenheim auch langfristig finanzierbar? Darüber sollten Bauwillige gründlich nachdenken, raten Verbraucherschützer Foto: Patrick Pleul / dpa

So manche Immobilien sinken zwar neuerdings im Preis – doch das macht nicht im Geringsten die rasante Preisentwicklung der vergangenen Jahre wett. Manches Reihenhaus kostet heute 750.000 Euro. Allein zwischen 2010 und 2022 haben sich die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie für Eigentumswohnungen um 94 Prozent verteuert, so rechnete es das Bundesamt für Statistik vor.

Dass dann auch noch die Kreditzinsen in jüngerer Zeit von nahezu null auf zeitweise vier Prozent stiegen, ließ manchen Traum vom Eigenheim platzen. Zahlreiche Bauplatzbewerber machen da einen Rückzieher. Wer trotzdem unter die Häuslebauer gehen will oder den Kauf einer Immobilie plant, sollte gründlich und nüchtern kalkulieren. Worauf sollten die potenziellen Hausbesitzer achten?

Eine gesunde Skepsis gegenüber Kreditinstituten und insbesondere Bausparkassen ist daher angebracht.
Niels Nauhauser
Verbraucherschützer

Finanzierungsverträge seien oft nicht optimal auf den Bedarf der bauwilligen Familien abgestimmt, warnt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Das kann dazu führen, dass Verbraucher viel höhere Risiken tragen als sie möchten und dass die Finanzierung um etliche Tausend Euro teurer wird als nötig“, sagt der Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken, Kredite.

„Eine gesunde Skepsis gegenüber Kreditinstituten und insbesondere Bausparkassen ist daher angebracht. Diese haben ein finanzielles Interesse an hohen Zinserträgen und Provisionszahlungen.“

40 Prozent für den Kredit?

Es kursiert eine Faustregel: Nicht mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens sollten in die Kreditraten fließen – so raten es nach Nauhausers Erfahrung viele Bankberater. „Diese Zahl ist aber nur ein Durchschnittswert, mit Abweichungen nach oben wie nach unten, je nach individueller Situation“, betont der Verbraucherschützer. „Bei der Bestimmung der maximal tragfähigen Kreditrate gilt der Grundsatz: nicht mehr, als Sie dauerhaft tragen können.“

Eine prozentuale Obergrenze für die monatlichen Kreditraten will auch der Sparkassen-Verband Baden-Württemberg nicht nennen. „Das hängt von der Höhe des Netto-Einkommens und vom aktuellen und zukünftigen Ausgabeverhalten der Familie ab“, erklärt Verbandssprecherin Michaela Roth. „Empfehlenswert ist ein ehrlicher Kassensturz.“ Bauherren sollten auch daran denken: Nebenkosten für Strom, Gas, Wasser, Müll, Telekommunikation, Grundsteuer und Versicherungen sind auch im Eigenheim zu bezahlen.

Wie hoch soll das Eigenkapital sein?

Wenn es darum geht, wie viel Ersparnisse Häuslebauer von vorneherein mitbringen sollten, hält Roth eine Faustregel für durchaus wichtig. „Mindestens 20 bis 30 Prozent der Gesamtkosten für den Erwerb der Immobilie sollten durch eigenes Kapital abgedeckt werden“, betont sie. „Besser sogar noch mehr.“

Auch die längerfristigen privaten Lebensentwürfe sollten die Häuslebauer und Immobilienkäufer einpreisen, rät Verbraucherschützer Nauhauser.

Wie wirkt sich ein Kinderwunsch aus? Wie viel vom Einkommen fällt voraussichtlich weg, wenn das Baby da ist? Wie sicher sind überhaupt die Arbeitsplätze beider Partner – und hätte man im Notfall genügend Rücklagen? Das sind zentrale Fragen. „Kalkulieren Sie auch einen zusätzlichen Puffer für steigende Lebenshaltungskosten ein“, empfiehlt Neuhauser, gerade in diesen Zeiten der Inflation.

Wichtig ist ein Puffer – sonst droht eine kostspielige Nachfinanzierung

Ob es ratsam ist, sich für den Ausfall des Einkommens abzusichern, sollte aus Sicht des Sparkassenverbands bei einem individuellen Beratungsgespräch erörtert werden, genauso wie Fördermöglichkeiten, Zinsbindung und die Frage: „Wie viel Flexibilität durch Sondertilgungsmöglichkeiten wünsche ich?“

Kalkuliert man zu knapp, kann es extrem teuer werden.
Niels Nauhauser
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg

Einen finanziellen Puffer sollte man immer einplanen. „Bei einem Neubau gibt es oft größere Unwägbarkeiten“, erklärt Verbraucherschützer Nauhauser. „Kalkuliert man zu knapp, kann es extrem teuer werden.“ Denn sobald man auf eine Nachfinanzierung angewiesen sei, böten Banken bei Kreditbeträgen bis 50.000 Euro meist nicht die günstigen Bauzinsen an, sondern die hohen Zinsen für Konsumentenkredite.

Rücklagen sind auch beim Kauf einer älteren Immobilie dringend geboten. „Die Erneuerung einer kaputten Heizung, der Einbau einer Photovoltaik-Anlage oder die Dämmung einer Immobilie kann schnell mal im fünfstelligen Bereich liegen“, betont Sparkassenverbandssprecherin Roth. Die empfohlene Faustregel: „Zirka sechs Prozent der Kaufsumme sollte man für Unvorhergesehenes zurücklegen – mindestens 5.000 bis 10.000 Euro.“ Natürlich hänge der genaue Betrag auch vom eigenen Sicherheitsbedürfnis ab.

Schuldenfrei in Rente gehen?

„Überlegen Sie auch, wann Sie schuldenfrei sein wollen“, empfiehlt Nauhauser allen Häuslebauern und Käufern. Für Viele ist der Renteneintritt eine fast magische Schwelle. Sollte der Kredit bis dahin getilgt sein? Bei hohen Alterseinkünften sei es zwar durchaus denkbar, dass noch finanzieller Spielraum für Kreditraten bleibt, meint der Verbraucherschützer. „Der Regelfall ist dies aber nicht.“ Denn: Auch Instandhaltungen und neue Renovierungswellen müssen einkalkuliert werden.

„Dass auch eine schuldenfreie Immobilie Geld kostet, ist sicherlich allgemein bekannt“, sagt Nauhauser. Reichen später die Rücklagen? Will man im Alter die Immobilie verkaufen, die Restschulden begleichen und in eine kleinere Wohnung investieren? „Wichtig ist, dass man sich vor der Kreditaufnahme hierzu Gedanken macht“, sagt der Verbraucherberater.

20 oder 30 Jahre lang abbezahlen: Zinsanstieg wirft Pläne über den Haufen

Zinssteigerungen können alle Pläne zunichtemachen – das haben viele Bauwillige in den Krisenjahren 2022 und 2023 schmerzhaft zu spüren bekommen. Ein Beispielfall: Häuslebauer nehmen einen Kredit über 300.000 Euro auf und wollen eine monatliche Rate von 1.500 Euro bezahlen.

Bei einem Zinssatz von 1,5 Prozent wären sie nach rund 19 Jahren schuldenfrei, bei einem Zinssatz von 4 Prozent und gleicher Monatsrate erst nach fast 28 Jahren. Und wer weiß schon, ob bei der Kreditverlängerung in etlichen Jahren womöglich Zinssätze von 8 oder 9 Prozent drohen?

Online-Seminare für Bauwillige

Ein Online-Seminar zur Immobilienfinanzierung bietet die Verbraucherzentrale am 27. Februar an, am 10. April gibt es einen weiteren Termin in Kooperation mit der Volkshochschule Rastatt. Beginn: jeweils 18 Uhr. Anmeldung auf der Homepage der Verbraucherzentrale: www.verbraucherzentrale-bawue.de unter der Rubrik Online-Seminare. Auf der Internetseite finden sich auch ausführliche Informationen zu vielen Fragen, die Bauwillige und Immobilienkäufer beschäftigen.

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