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Türme der Stadt (1)

Der Pforzheimer Wartturm war einst Signalturm und Fluchtpunkt

Kirchtürme, Wachtürme, Wassertürme, Aussichtstürme: Das Pforzheimer Stadtbild wird von einigen markanten Bauten geprägt. In einer Serie stellen wir die Türme der Stadt vor.

Ein steinerner Turm mit Treppenaufgang im Grünen.
Der Pforzheimer Wartturm. Foto: Jürgen Peche

Von unserem Mitarbeiter Jürgen Peche

Das späte Mittelalter und die frühe Neuzeit waren sehr turmreiche Zeiten. Die Pforzheimer Stadtansicht von Merian, die 1643 veröffentlicht wurde, zeigt eine große Anzahl vielgestaltiger Türme. Der Wartturm auf dem Wartberg ist einer von ihnen und steht heute noch. Er zählt zu den ältesten Bauwerken der Stadt und spendet dem Besucher einen schönen Ausblick über Stadt und Schwarzwald.

Der Wartturm ist Bestandteil des mittelalterlichen Befestigungssystem der Stadt Pforzheim, wie Kunsthistorikerin Christina Klittich in einem Vortrag bei den Löblichen Singern erwähnte. Er diente demnach als vorgeschobener Beobachtungs- und Verteidigungsposten dem Schutz vor überraschenden Angriffen. Der etwa elf Meter große Rundturm aus verputztem Kalkstein-Mauerwerk entstand vermutlich im 14. oder 15 Jahrhundert, wie der städtische Denkmalpfleger Christoph Timm schreibt.

Eine Ansicht von Osten auf den Wartturm, gezeichnet von J. Naeher.
Wartturm Foto: Stadtarchiv Pforzheim

Auf dem Merian-Stich erscheint der Turm mit einem Spitzdach sowie Zinnen und ist als „die Warth“ bezeichnet. Ursprünglich hatte der Turm eine Höhe von fast 13 Metern. Er ist von einer teilweise verfallenen Ringmauer mit Schießscharten umgeben. Von den ursprünglich 15 Schießscharten sind heute noch neun zu erkennen.

Letzte Zuflucht vor den Franzosen

Die Ringmauer entstand in etwa 4,50 Meter Abstand vom Turm und bildete laut Klittich einen sogenannten „Fliehhof“ als Zufluchtsort für die Menschen, die auf dem Feld von einem nahenden Überfall überrascht wurden. Bereits in den unruhigen Jahren der Bauernkriege, des Dreißigjährigen Kriegs und vor allem beim Pfälzischen Erbfolgekrieg, bei dem auch Pforzheim von den einrückenden Franzosen zerstört wurde, habe die Turmanlage manchem Bewohner als letzte Zuflucht gedient. Als Signalturm war der Wartturm Teil einer Meldekette die vom Turmberg in Durlach bis auf die „Lug“ bei Illingen reichte, und die Bürger bei Gefahr alarmierte.

Eine Tafel des Wartturms, auf ihr steht: Ehemaliger Beobachtungs- und Signalturm mit umgebender Ringmauer als Hochposten der Pforzheimer Stadtbefestigung. Vermutlich erbaut um 15. Jahrhundert. Früher nur über Leitern zugänglich. 1869 restauriert und mit Treppen zugänglich gemacht, 1975 überdacht. Höhenlage: 375 m ü. NN, Turmhöhe 11m
Wartturm Tafel Foto: Jürgen Peche

1869 wurde der Turm renoviert und als Aussichtsturm zugänglich gemacht, worauf die eingemeiselte Inschrift neben der Tür hinweist. Laut Timm entspricht der Wartturm einem auch andernorts geläufigen Typ des städtischen Wehrbaus. Die Turmeinstiegöffnung mit einem Spitzbogen aus Sandstein befindet sich fast drei Meter über dem Boden. Sie war nur mit einer Leiter erreichbar, die bei Gefahr eingezogen wurde. Um den Turm in späterer Zeit leichter zugänglich zu machen, wurde 1898 außen ein Treppenaufgang gemauert. Die mächtigen Turmmauern sind etwa 1,10 Meter dick, und bis auf eine Schießscharte fensterlos. Bereits 1869 wurde innen eine Wendeltreppe eingebaut. Zuvor hatte der Turm wohl drei Stockwerke mit Bretterböden, die durch Leitern miteinander verbunden waren.

Seit mehr als 150 Jahren Aussichtsturm

Der Turm wurde in dieser Zeit auf Initiative des 1868 gegründeten Pforzheimer Verschönerungsvereins renoviert und zum Aussichtsturm ausgebaut. Angesehene Bürger wie die Schmuckfabrikanten Eduard Bichler und Albert Wittum sowie der Bauingenieur Julius Näher zählten zu den Begründern des Verschönerungsvereins, dessen erklärtes Ziel der Schutz der Landschaft, die Heimatpflege, die Erschließung von Wanderwegen und eben der Errichtung von Aussichtstürmen war.

Der Wartberg selbst besteht aus Muschelkalk, wie die geologische Karte Pforzheims zeigt und auf der Website Geocaching.com zu lesen ist. Er liegt nördlich der Enz; der Buntsandstein tritt südlich davon auf. Der Turm und seine Ringmauer wurden also aus dem Material gebaut, das am leichtesten zugänglich war. Viele, bogenförmige Muschelreste lassen sich im Schillkalk entdecken. Zum einen sind da Hohlräume, die durch die Verwitterung der Muscheln entstanden sind. Und Reliefs, in denen die Muscheln als Quarz versteinert und somit widerstandsfähiger als das umliegende Gestein sind, kann man auf der Website weiter erfahren. Ein anderes Fossil sind demnach Stielglieder der ausgestorbenen Seelilie. Die Einzelfüße sind noch gut im Stein zu erkennen.

Info

Der Turm ist öffentlich zugänglich. Den Schlüssel zum Turm gibt es beim Turmpaten im Restaurant „L‘ Osteria“, 200 Meter westlich, zu dessen Öffnungszeiten.

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