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Angeklagter spricht von Missverständnissen

Fahrschülerinnen aus dem Enzkreis berichten von massiven Übergriffen

Einem Fahrlehrer wird vorgeworfen, Fahrschülerinnen verbal und körperlich belästigt zu haben. Nun muss er sich vor dem Schöffengericht Pforzheim verantworten. Der 49-jährige Mann streitet die Vorwürfe ab.

Eine Figur der blinden Justitia.
Ein Fahrlehrer soll seine Schülerinnen belästigt haben. Foto: Sonja Wurtscheid/dpa

Mit anzüglichen Bemerkungen und Berührungen vom Busen bis unter die Gürtellinie soll ein nun angeklagter Fahrlehrer aus dem Enzkreis bei seinen Schülerinnen in Richtung sexuellem Missbrauch immer wieder eine rote Grenze überschritten haben. Bei Prozessbeginn vor dem Schöffengericht Pforzheim am Donnerstag stellte die Staatsanwaltschaft auch ein Berufsverbot in den Raum.

Bereits im Jahr 2018 soll der Angeklagte bei einer heute 23-Jährigen übergriffig geworden sein. Damals gingen Gericht und Staatsanwaltschaft noch von einem Einzelfall aus. Das Verfahren wurde im Februar 2019 eingestellt, nachdem der Familienvater im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs das Gespräch gesucht und sich entschuldigt hatte. Reue und Einsicht des Angeklagten währten jedoch nicht lange.

Schon im Oktober 2019 bedrängte er eine heute 18-Jährige erneut massiv. Das schüchterne Mädchen wehrte sich nicht gegen intime Fragen und Grabscher, litt leise bis hin zu Panikattacken, bevor sie sich im Sommer 2020 schließlich einer Freundin anvertraute.

Die 21-Jährige hatte Ähnliches erlebt, erst geschwiegen, nun aber die Freundin gedrängt, zur Polizei zu gehen. Dabei beherzigte sie gleich den eigenen Rat und erstattete ebenfalls Anzeige. Die Vorfälle machten die Runde, so dass am Donnerstag vier Geschädigte im Alter von 18 bis 23 Jahren vor dem Schöffengericht von ihren Erlebnissen berichteten.

Verbale und körperliche Übergriffe des Fahrlehrers aus dem Enzkreis

Die Ausfälligkeiten des Fahrlehrers reichten dabei von der Verballhornung von Nachtfahrten in „Nacktfahrten“ über den Tipp, die Gangschaltung so sensibel wie den besonderen Bereich des Partners in die Hand zu nehmen, bis hin zu der Anweisung, für viel Überblick beim Rückwärtsfahren den „Arsch zur Tür und die Brüste zu mir“ zu drehen.

Der Angeklagte habe sich jedoch keineswegs auf verbale Obszönitäten beschränkt, sondern sei vor, während und nach der Fahrstunde auch physisch übergriffig geworden. Enge, lange Umarmungen und Wangenküsse zur Begrüßung und zum Abschied, „BH-Träger-Schnalzer“ beim Angurten, das er gerne höchstpersönlich übernahm, sowie Griffe an Oberschenkel und ins T-Shirt umfasste die Kolonne der Fehlgriffe. Im schlimmsten Fall folgte auf die Frage nach der Rasur einer Schülerin ein Griff unter Jeans und Slip.

Angeklagter spricht von harmlosen Situationen

Sexuelle Belästigung, sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, sexuelle Nötigung und sexuelle Übergriffe warf Staatsanwalt Andreas Schröder dem Angeklagten in 13 Fällen vor. Der Angeklagte deutete die Vorfälle teils in harmlose Begebenheiten um.

Die feste Umarmung von hinten wird zum physiotherapeutischen Hochheben zur Entlastung der Wirbelsäule, sexistische Sprüche werden zu einprägsamen Merksätzen, Berührungen dienen der Beruhigung nervöser Führerscheinanwärterinnen, und mit einem Schenkelgriff lasse sich Zeitpunkt und Druck für die richtige Kupplungstechnik direkt vermitteln.

Viele Situationen hätten sich zudem aus einem Spaß heraus ergeben. „Hätten sie etwas gesagt, ich hätte doch sofort aufgehört“, betonte der Angeklagte, der tatsächlich erstmals im Gerichtsaal aus dem Mund der Opfer hörte, wie unangenehm und schockiert die Übergriffe für sie gewesen seien.

Dabei führte der 49-Jährige die Missverständnisse zudem auf eine nicht bös gemeinte Distanzlosigkeit seinerseits zurück, die sein Psychologe auf Eheprobleme zurückführe. Zitternd, aufgelöst und tränenreich verwies er immer wieder auf das Urteil seines Therapeuten zu seinen psychischen Problemen als Auslöser für seine unglückliche Art, die ihm als Schutzschild diene.

Der Prozess wird am Dienstag, 27. April, um 9 Uhr fortgesetzt.

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