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Kampfabstimmungen am laufenden Band

Kritik an Windkraft im Gemeinderat in Königsbach-Stein

Im Königsbach-Steiner Gemeinderat werden die erneuerbaren Energien zum Zankapfel: Die Verwaltungsvorschläge finden teilweise keine Mehrheiten. Eine Fraktion formuliert deswegen Alternativen, die allerdings auch nicht allen gefallen.

Im Wald bei Königsbach-Stein könnten sich künftig Windräder drehen. Obwohl es teils erbitterten Widerstand aus der Bevölkerung gibt, will ein großer Teil des Gemeinderats diesen Weg gehen.
Im Wald bei Königsbach-Stein könnten sich künftig Windräder drehen. Obwohl es teils erbitterten Widerstand aus der Bevölkerung gibt, will ein großer Teil des Gemeinderats diesen Weg gehen. Foto: Nico Roller

Bereits als Bürgermeister Heiko Genthner (parteilos) die einzelnen Beschlussziffern erläutert, wird es unruhig im Ratssaal. Sowohl unter den Ratsmitgliedern als auch im Zuschauerraum gibt es Gemurmel und Getuschel. Nicht alle scheinen einverstanden zu sein mit dem, was die Gemeindeverwaltung Königsbach-Stein in Bezug auf erneuerbare Energien vorschlägt.

Schon in der Vergangenheit hatten sich Bürger immer wieder kritisch zu Windkraftanlagen geäußert, im September hatten Landwirte eine Unterschriftenliste an Genthner überreicht, in der sie forderten, keine Freiflächen-Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen zu erlauben.

Als der Bürgermeister in der Ratssitzung seinen Vortrag beendet hat, meldet sich Sascha Leonhard (FDP) und betont, dass er den Weg Richtung erneuerbare Energien gut findet. Allerdings hält er es auch für wichtig, das Ganze mit Blick auf die Akzeptanz in der Bevölkerung auf „möglichst breite Beine“ zu stellen.

Viele der von Genthner vorgestellten Punkte müssten noch diskutiert werden, sagt Leonhard und kündigt an, in der Sitzung keine Beschlüsse zu fassen: Das sei „nicht das richtige Signal.“

Auch Gerhard Klotz (FWV) betont, seine Fraktion wolle die Energiewende nicht aufhalten. Allerdings habe man bei der ausführlichen Auseinandersetzung mit den Sitzungsunterlagen festgestellt, dass einige der Formulierungen nicht dem Meinungsbild aus der Klausurtagung entsprechen, die der Gemeinderat zu erneuerbaren Energien absolviert hat.

Die Freien Wähler haben zu Beschlussvorschlägen Alternativen ausgearbeitet.

Zu den meisten Beschlussvorschlägen haben die Freien Wähler daher eine Alternative ausgearbeitet. Nachdem ein von Siw Müller (FWV) gestellter Vertagungsantrag bei Stimmengleichheit scheitert, beginnt der Gemeinderat damit, über jede der insgesamt acht Beschlussziffern einzeln abzustimmen.

Mal findet dabei direkt der Verwaltungsvorschlag eine Mehrheit, mal erst die von den Freien Wählern formulierte Alternative. Bei zwei Ziffern kommt gar kein Beschluss zustande, weil sich weder der Verwaltungs- noch der Alternativvorschlag als mehrheitsfähig erweisen.

Bei einer geht es um die rechnerische Energieautarkie: Während sie die Gemeindeverwaltung bis 2040 will, ist den Freien Wählern diese zeitliche Festlegung mit Blick auf unklare Förderbedingungen und technische Weiterentwicklungen „zu streng“.

Ebenfalls ohne Beschluss bleibt die Vorbildfunktion der Gemeinde beim Thema erneuerbare Energien: Während die Verwaltung auf jedem neuen kommunalen Gebäude und auf bestehenden Bauten „im Rahmen der finanziellen und physikalischen Möglichkeiten“ eine Fotovoltaikanlage installieren will, plädieren die Freien Wähler unter anderem dafür, innerhalb des ökologisch und ökonomisch Sinnvollen auch andere Möglichkeiten zur Verbrauchsreduzierung und Energiegewinnung zu nutzen.

Aber es gibt auch Punkte, bei denen mehrheitliche Beschlüsse zustande kommen. So stimmt das Gremium bei zwei Enthaltungen für den Verwaltungsvorschlag, als es darum geht, die gemeindeeigenen Flächen in den Bezirken „Rittenhardt“ und „Großer Wald“ dem Regionalverband als potenziell für Windräder geeignet zu nennen.

Abgelehnt wird dagegen der Verwaltungsvorschlag zum Umgang mit einem möglichen Investor. Als dieses Schicksal auch dem Alternativvorschlag der Freien Wähler droht, findet Wolfgang Ruthardt (SPD) spontan eine Formulierung, die bei drei Enthaltungen akzeptiert wird.

Sie sieht im Wesentlichen vor, dass die Verwaltung in Vorgespräche mit dem Projektierer einsteigt, der einen Planungsvorentwurf vorlegt, bevor der Gemeinderat über den Abschluss eines Vertrags entscheidet.

Weitgehende Einigkeit herrscht auch, als es um Freiflächen-Photovoltaikanlagen geht: Bei zwei Enthaltungen beschließt der Gemeinderat, dass er sie auf landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht haben will – verbunden mit dem auf Antrag der Freien Wähler ergänzten Hinweis, dass es Fälle gibt, in denen das nicht verhindert werden kann.

Erboste Zwischenrufe und Beifallsbekundungen in der Ratssitzung in Königsbach-Stein

Immer wieder gibt es in der Sitzung erboste Zwischenrufe und Beifallsbekundungen. Insbesondere die Windkraft scheint viele Bürger zu bewegen. Befürchtet werden unter anderem Infraschall, Verluste bei Lebensqualität und Immobilienwerten. Ein Vorwurf lautet, die negativen Aspekte der Windkraft würden nicht thematisiert, eine Pro- und Kontra-Analyse finde nicht statt. Was Genthner so nicht stehen lassen will.

Er spricht von einem „transparenten, nachvollziehbaren Prozess“, von einer „gründlichen Erörterung“ und verweist unter anderem auf die Bürgerversammlung im September, auf Veröffentlichungen auf der Internetseite der Gemeinde und auf die nicht-öffentliche Klausurtagung des Gemeinderats. Das Gremium habe sich intensiv mit dem Thema befasst und sich dafür ausgesprochen, sich auf den Weg zu machen. Dabei bleibe der Gemeinderat immer Herr des Verfahrens.

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