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Gericht stellt Verfahren gegen Geldzahlung ein

Prozess um sexuelle Belästigung einer Nieferner Gemeinderätin endet mit Überraschung

Zuerst sah es so aus, als würde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, dann einigten sich Anklage und Verteidigung überraschend darauf, das Verfahren um die mutmaßliche sexuelle Belästigung einer Gemeinderätin aus Niefern-Öschelbronn einzustellen.

Amtsgericht Brackenheim
Gemeinderäte vor Gericht: Der Streit um die mutmaßliche sexuelle Belästigung einer Nieferner Gemeinderätin wurde am Mittwoch vor dem Amtsgericht in Brackenheim verhandelt - und endete mit einem Patt, weil der Fall nach einer Stunde gegen eine Geldzahlung eingestellt wurde. Foto: Torsten Ochs

Was ist passiert am Rande der Klausurtagung, an der Bürgermeisterin Birgit Förster, Amtsleiter und Gemeinderäte aus Niefern-Öschelbronn Mitte Oktober 2019 im Landkreis Heilbronn teilnahmen? Das sollte am Mittwoch bei der Gerichtsverhandlung am Amtsgericht Brackenheim unter Leitung von Amtsgerichtsdirektor Klaus Randoll geklärt werden.

Wie mehrfach berichtet, hat eine Gemeinderätin aus Niefern-Öschelbronn einen Ratskollegen angezeigt, weil er sie nach einer Weinprobe sexuell belästigt haben soll.

Laut Staatsanwalt Christoph Meyer-Manoras habe die Gemeinderätin den Beschuldigten nicht zu seinen „erotischen Avancen“ ermutigt. Dennoch habe er sich im Hotelzimmerbett auf sie fallen lassen und sie bedrängt. Der Frau sei es gelungen, sich zu entziehen. Daraufhin habe er sich zurückgezogen.

Der Gemeinderat bestritt die Vorwürfe, im Hotelzimmer der Frau zudringlich geworden zu sein. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn hatte das Verfahren im April abgeschlossen und eine Geldstrafe wegen sexueller Belästigung beim Amtsgericht Brackenheim in Höhe von 4.200 Euro beantragt. Der beschuldigte Nieferner Gemeinderat hatte dagegen Einspruch eingelegt. Deshalb war es zur Hauptverhandlung gekommen.

Der Fall ist keine Lappalie, sondern eine Straftat.
Christoph Meyer-Manoras, Staatsanwalt

Zunächst stellte Sandra Forkert-Hosser, der Anwältin der Gemeinderätin, die bei der Verhandlung als Nebenklägerin auftrat, den Antrag, die Öffentlichkeit auszuschließen. Und zwar aus den Teilen des Verfahrens, in denen es um Details des Geschehens im Hotel und den persönlichen Lebensbereich ihrer Mandantin ging.

Dann kam es aber ganz anders: Staatsanwalt Meyer-Manoras bezeichnete den Fall als „überdimensioniert in beide Richtungen“ und stellte die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldzahlung zur Diskussion. Was passiert ist, sei keine Lappalie, sondern eine Straftat, aber solange sich der Beschuldigte nicht zu seiner Tat bekenne, sei kein Rechtsfrieden herzustellen. Und eine gesellschaftliche Ächtung dürfe nicht passieren.

Die Gräben sind schon zu tief.
Michael Baitinger, Verteidiger

„Die sei schon längst da. Die Gräben sind schon zu tief“, erwiderte Rechtsanwalt Michael Baitinger, der gemeinsam mit Mark Gössel die Verteidigung übernahm. Wie berichtet, hatten die Vorwürfe für den Mann auch kommunalpolitische Konsequenzen. Er war aus der FW/FDP-Fraktion ausgeschlossen worden, nachdem ihn die Gemeinderätin vor rund einem Jahr angezeigt hat.

„Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bleibt der vorläufige Fraktionsausschluss bestehen“, hatte der Fraktionsvorsitzende Erik Schweickert auf Nachfrage immer betont.

Gemeinderätin bleibt Aussage vor Gericht erspart

Auch wenn es sich um eine geringe Schuld handele, gehe es doch um einen Eingriff die sexuelle Selbstbestimmung, sagte Forkert-Hosser, die ihrer Mandantin die Aussage vor Gericht ersparen wollte. Die Nieferner Gemeinderätin bestätigte, mit der Einstellung leben zu können.

Eine Zahlung an die Gemeinderätin, wie von der Nebenklage vorgeschlagen, lehnte Amtsgerichtsdirektor Randoll ab: Das sei der falsche Ansatz und für den Beschuldigten „stigmatisierend“. Er schlug eine Zahlung von 4.000 Euro an den Heilbronner Verein „Frauen helfen Frauen“ vor.

Verteidigung stimmt „zähneknirschend“ der Einstellung zu

Auch wenn der Fall so nicht aufgeklärt werde, stimmte die Verteidigung „zähneknirschend“ der Einstellung zu. Allerdings bleiben dem Beschuldigten so die Übernahme der Verfahrenskosten und ein weiterer Verhandlungstag erspart. Außerdem gelte er durch die Patt-Lösung als nicht vorbestraft, erläuterte Baitinger.

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