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Sichtungen in Baden-Baden

Auf der A8 bei Remchingen überfahrener Luchs ist nicht Toni

Die Jagd in der Dämmerung wurde dem Luchs B962 zum Verhängnis. Er ist im Enzkreis tot aufgefunden worden. Aber es handelt sich nicht um den Murgtal-Luchs.

Das in einem Gehege geborene Luchsweibchen Finja wurde im vergangenen Dezember im Nordschwarzwald ausgewildert.
Wildtierbeauftragte bedauern den Tod des Tiers. Im Land verbleiben nur noch wenige Luchse – hier Weibchen Finja im Nordschwarzwald. Foto: Martin Strein/Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt

Ein männlicher Luchs ist auf der A8 bei Remchingen im Enzkreis überfahren worden. Bei dem überfahrenen Luchs handelt es sich aber nicht um den Murgtal-Luchs Toni.

Das nun bei Remchingen getötete Tier mit dem Namen B962 war im vergangenen Jahr im Schweizer Jura geboren und im November und Dezember in eine Fotofalle in Baden-Baden getappt, teilte das Landratsamt Enzkreis mit.

Der Luchs wurde demnach am Donnerstagabend vergangener Woche auf der Autobahn in der Nähe der Klosterwegbrücke auf Gemarkung Remchingen überfahren.

Tiere haben eine unterschiedliche Kennung

Woher weiß man, dass es sich bei dem überfahrenen Tier nicht um Toni handelt? Die Tiere haben eine unterschiedliche Kennung: Tonis wissenschaftliche Bezeichnung ist B3001, der überfahrene Luchs trägt den Namen B962.   

In Baden-Württemberg war der überfahrene Luchs erstmals im Oktober des vergangenen Jahres bei Häusern im Landkreis Waldshut nachgewiesen. Der Luchskuder wurde von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt FVA in Freiburg untersucht.

Anhand der individuellen Fellzeichnung eines jeden Tieres kann – ähnlich wie beim menschlichen Fingerabdruck – festgestellt werden, um welches Tier genau es sich handelt.

Wildtierbeauftragter Brenneis bedauert Tod des Tieres

Enzkreis-Wildtierbeauftragter Bernhard Brenneis, der nach dem Unfall zunächst zurate gezogen worden war, bedauert den Tod des Tieres sehr.

Das Land sah sich bisher auf einem guten Weg, was die Wiederansiedlung des Luchses im Südwesten angeht. Erst im Dezember war das in einem Gehege geborene Luchsweibchen Finja im Nordschwarzwald in Gernsbach im Bereich des männlichen Luchses Toni ausgewildert worden. „Die zweieinhalbjährige Karpatenluchskatze soll wertvolle Gene in die Luchsvorkommen in Baden-Württemberg, der Schweiz und Rheinland-Pfalz einbringen“, erklärt Brenneis.

Mit der Auswilderung von Finja gab das Land den Startschuss für das Wiederansiedlungsprogramm des Luchses. Finja soll Nachwuchs kriegen, am besten mit Toni, das wäre ein großer Beitrag der beiden zum Artenschutz.

Minister Peter Hauk fiebert mit

Sachlicher ausgedrückt: Mit dem Weibchen soll in Baden-Württemberg der Aufbau einer Luchspopulation beginnen. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) sagte bei der Auswilderung von Finja am 1. Dezember: „Das soll heute der Startschuss sein.“ Weiter sagte Hauk: „Wir brauchen weibliche Tiere, damit sich ein Luchsbestand entwickeln kann.“ Es gehe um ein neues Kapitel des Artenschutzes in Baden-Württemberg. „Wir warten jetzt schon 30 Jahre auf die Wiederansiedlung. Insofern ist es an der Zeit.“ Finja wurde in der Nähe von Toni ausgewildert, mit der Hoffnung, dass sich die zwei begegnen werden – und mehr.

Bei Finja funktioniert das Senderhalsband

Die Frage, ob sich Finja und Toni bereits „beschnuppert“ haben, kann laut Experten noch nicht abschließend bewertet werden. Denn das Senderhalsband von Toni funktioniert aktuell nicht mehr. So können Fachleute derzeit nur Finja verfolgen, bei der das Senderhalsband noch Signale schickt.

Toni hat im August 2021 ein neues Senderhalsband bekommen, mit dem er etwa zwei Jahre lang Daten über die Raumnutzung und seine Beute im Nordschwarzwald geliefert hat. Die Sendung der Daten fällt nun erst einmal aus. Man müsste Toni erst wieder einfangen, untersuchen und eventuell mit einem neuen Senderhalsband ausstatten.

Der BUND Baden-Württemberg spricht anlässlich des überfahrenen Luchses von einem herben Verlust für die Artenvielfalt im Land. BUND-Landesgeschäftsführer Martin Bachhofer sagt laut einer Pressemitteilung: „Der getötete Luchs ist nur ein weiterer trauriger Tiefpunkt in einer langen Reihe von Unfällen dieser Art.“ Es zeige sich immer wieder, dass die Straßen Baden-Württembergs die Landschaft zerteilen und Lebensräume von Wildtieren zerschneiden. „Wir fordern deshalb schon lange, dass es keine neuen Straßen mehr geben darf. Wir haben genug davon“, so Bachhofer. Die Vernetzung von Lebensräumen untereinander müsse endlich Standard in allen Planungen werden.

Als größte wild lebende Katzenart war der Luchs vor mehr als 200 Jahren in Europa weit verbreitet. Aber als Räuber von Nutztieren wurde er gezielt verfolgt. Zudem hat der Verlust versteckreicher Lebensräume dazu beigetragen, dass er aus unseren Wäldern verschwunden ist.

Dank Wiederansiedlungsprojekten lebt er heute wieder in wenigen bewaldeten Bergregionen in Europa. „Weitere Ansiedlungen – auch in Deutschland – sind geplant und sollen diese Vorkommen stärker miteinander vernetzen“, so Wildtierexperte Brenneis.

Luchse jagen vor allem in der Dämmerung und nachts, was dem jetzt getöteten Wildtier nun zum Verhängnis wurde. Aktuell sind sechs Luchse in Baden-Württemberg bestätigt, einschließlich Finja.

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