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Kanzlei hat bei Ausschreibung Frist falsch berechnet

Vergabe der Buslinien im Enzkreis wegen „Anfängerfehler“ geplatzt

Bei der Vergabe der Buslinien in Neuenbürg, Straubenhardt und Birkenfeld ist der Wurm drin. Nachdem das Oberlandesgericht Karlsruhe im November die Ausschreibung als rechtswidrig kassiert hat, führt nun eine falsch berechnete Frist dazu, dass erneut ausgeschrieben werden muss.

Wer fährt künftig im westlichen Enzkreis? Wegen einer falsch berechneten Frist ist die Vergabe der Buslinien an zwei Unternehmen kurzfristig geplatzt. Daher muss die Dienstleistung erneut ausgeschrieben werden.
Wer fährt künftig im westlichen Enzkreis? Wegen einer falsch berechneten Frist ist die Vergabe der Buslinien an zwei Unternehmen kurzfristig geplatzt. Daher muss die Dienstleistung erneut ausgeschrieben werden. Foto: Herbert Ehmann

Erst gab es bei der Videokonferenz des Umwelt- und Verkehrsausschusses am Mittwochnachmittag technische Probleme, dann verkündete ein sichtlich aufgebrachter Landrat Bastian Rosenau eine „mehr als peinliche“ Nachricht: Die Vergabe der Buslinien in Neuenbürg, Straubenhardt und Birkenfeld ist geplatzt.

Die Ausschreibung muss wiederholt werden, weil die vom Enzkreis und der Stadt Pforzheim beauftragte Kanzlei bei der Ausschreibung die Frist um 13 Stunden falsch berechnet hatte. Damit sei das Verfahren nicht ordnungsgemäß gelaufen.

Mit dem Pforzheimer Ersten Bürgermeister Dirk Büscher habe er daher beschlossen, die Reißleine zu ziehen und die Zusammenarbeit mit dem Büro zu beenden, sagte Rosenau, der die falsche Fristberechnung als „Anfängerfehler“ bezeichnete.

Falsche Fristberechnung ein „Anfängerfehler“

Die Kanzlei habe die erforderliche 15-Tages-Frist, in der sich Busunternehmen für den Betrieb der Buslinien bewerben konnten, in der Ausschreibung schon nach 14 Tagen und elf Stunden enden lassen.

Daher könne es nicht zur Vergabe kommen, erläuterte der Erste Landesbeamte Wolfgang Herz. Vorgesehen war, dass die Firma Richard Eberhardt weiterhin die Linien 715, 717, 718, 917 und 918 in Neuenbürg und Straubenhardt betreibt und die Firma Omnibusverkehr Engel aus Mühlacker ab 1. Februar die Linien 712, 716 und 916 in Birkenfeld und Straubenhardt übernimmt. Die Kosten sollten sich der Enzkreis, die Stadt Pforzheim und der Landkreis Calw teilen.

Vergabeverfahren muss neu gestartet werden

Die Kreisverwaltung und der Umwelt- und Verkehrsausschuss waren sich einig, dass das Vergabeverfahren neu gestartet werden muss. Über eine kurzfristige Ausschreibung soll der Betrieb der Linien ab 1. Februar sichergestellt werden. Hierfür sollen alle Unternehmen im VPE-Gebiet aufgefordert werden, ein Angebot abzugeben.

Bis Ende März sollen dann über eine zweite Ausschreibung zwei Unternehmen gefunden werden, die die Linien bis Ende 2022 bedienen. Außerdem wolle die Kreisverwaltung die Kanzlei in die Pflicht nehmen, kündigte Landrat Rosenau an.

Wir stehen da wie die Deppen.
Steffen Bochinger, Bürgermeister und Ausschuss-Mitglied

Einhellig war die Meinung im Ausschuss: Erik Schweickert (FDP) bezeichnete den Vorgang als „peinlich“ und forderte, die Haftung der Kanzlei zu prüfen. Das Büro müsse haftbar gemacht werden, fand auch Hans Vester (SPD). Mario Weisbrich (CDU) plädierte ebenfalls dafür, dass das Büro nicht einfach aus der „hochnotpeinlichen Nummer rauskommt“: „Wir müssen schauen, dass wir wieder an die Kohle herankommen.“ Der Leidtragende sei der Enzkreis, ergänzte Steffen Bochinger (CDU): „Wir stehen da wie die Deppen.“

Vergabe hat noch ein weiteres Nachspiel

Ein Nachspiel hat die Vergabe der Buslinien in noch anderer Hinsicht. Wie berichtet, hat sich ein Untersuchungsausschuss gebildet, der mit Blick in die Akten herausfinden will, was bei der Vergabe der Buslinien Anfang 2020 schief gelaufen ist.

Die Firma Richard Eberhardt und die Firma RVS Regionalbusverkehr Südwest haben die Buslinien in Neuenbürg, Straubenhardt und Birkenfeld im April 2020 übernommen, nachdem Müller Reisen aus Birkenfeld die Linien aus wirtschaftlichen Gründen abgegeben hatte. Die Verträge von Enzkreis, Pforzheim dem Landkreis Calw mit den beiden Unternehmen waren aber unwirksam, urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe im November.

Das Verfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil bei mindestens drei Bewerbern hätte nachgefragt werden müssen und nicht nur bei den beiden, die die Linien schließlich übernahmen. Der Untersuchungsausschuss, in dem Mitglieder der Kreistagsfraktionen sitzen, wollen nun klären, warum nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben wurde. Mit dem Thema will sich auch der Pforzheimer Gemeinderat bei seiner Video-Sitzung am Donnerstag befassen.

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