Das „EY“-Gutachten steht unter einem Freigabevorbehalt der Autoren und wurde nie veröffentlicht. Selbst die Mitglieder des immer wieder durch Indiskretionen aufgefallenen SWP-Aufsichtsrats haben keine Kopie bekommen. Dennoch konnte diese Redaktion nun Informationen über relevante Inhalte erhalten.
Die gehütete Expertise der Prüfer war auf Wunsch von Oberbürgermeister Peter Boch erstellt worden, um die Hintergründe der Affäre zu klären. Eine Affäre, die die Stadt eine schon fest verplante Ausschüttung von 6,5 Millionen Euro kostete und die beiden bis dato hoch geachteten SWP-Geschäftsführer Roger Heidt und Thomas Engelhard ihre Jobs. Das Vertrauensverhältnis sei erschüttert, so hieß es damals vom Chef des Aufsichtsrates, Pforzheims Erstem Bürgermeister Dirk Büscher.
Vor dem Landgericht Karlsruhe klagen die beiden Ex-Chefs bekanntlich seit Monaten in mehreren Verfahren gegen die fristlose Kündigung. Dabei waren bislang durchaus Erfolge zu verzeichnen. Im einem vorgeschalteten Urkundenprozess setzten sich die Kläger durch. Wurde den Klägern mit einem schnellen Rauswurf womöglich aus politischen Gründen Unrecht getan?
Werden die Geschäftsführer entlastet?
Zuletzt hatte Heidt-Anwalt Andreas Pentz bei einem Termin vor der Auswärtigen Kammer für Handelssachen in Pforzheim das EY-Gutachten als eine Art „Smoking Gun“ aufgeführt. Der Tenor: Die Prüfer hätten die Geschäftsführer in relevanten Punkten entlastet. Pentz erhob deshalb sogar den Vorwurf des Prozessbetruges. Dem Gericht und der Öffentlichkeit seien diese Informationen in betrügerischer Absicht vorenthalten worden.
Als Anwalt dürfte der renommierte Jurist aus Mannheim dabei einen guten Job gemacht haben, weil er die zitierten Passagen in den bestmöglichen Zusammenhang für die klagenden Ex-Chefs stellte. Allerdings ist höchst fraglich, ob das Vorgehen die anstehende Beweisaufnahme übersteht. Denn der Heidt-Anwalt zitierte nicht aus dem Original-Gutachten, sondern aus einem ihm zugespielten Protokoll einer SWP-Aufsichtsratssitzung, bei der ein verantwortlicher EY-Gutacher mündlich Stellung bezog.
Das Problem: Ein Abgleich mit den Originalinhalten des Gutachtens legt für Heidt und Engelhard weniger günstige Zusammenhänge nahe, als man es aus dem verkürzten und teilweise sehr missverständlich verfassten Aufsichtsratsprotokoll herauslesen kann. Konkretes Beispiel: Pentz zitierte sinngemäß, dass Informationen nicht zurückgehalten worden seien. Ein Abgleich ergibt: Eine entsprechende Passage im Gutachten war nicht auf Heidts und Engelhards umstrittene Kommunikation zur Verlustentwicklung und Bonität an den Aufsichtsrat gemünzt, sondern auf die Zusammenarbeit der SWP im Nachhinein mit den Gutachtern.
Klarheit soll das Nachverfahren bringen
Klarheit muss nun der Vorsitzende Richter Bernd Kantlehner im Nachverfahren bringen. Eine Gerichtssprecherin bestätigte auf Anfrage: „Die Anträge auf Durchführung des Nachverfahrens sind mittlerweile gestellt.“ Ein Termin werde noch gesucht. Unklar ist, ob das EY-Gutachten inzwischen dem Gericht vorliegt. Auf Nachfrage teilten die Stadtwerke lediglich mit: „Dem Gericht liegen alle für eine Beurteilung relevanten Unterlagen vor.“
Der Öffentlichkeit zugänglich machen will man die Expertise nicht: „Da es sich hierbei ausschließlich um interne, personenbezogene und vertrauliche Unterlagen handelt, ist eine Veröffentlichung nicht möglich.“