Skip to main content

Verständnis für andere Kulturen

„Im Osten nichts Neues“: Ausstellung in Pforzheim blickt auf Osteuropa

„Im Osten nichts Neues“ – so heißt die Ausstellung, die gleich an zwei Orten parallel stattfindet, im A.K.T. und im Emma Kreativzentrum. Zu sehen ist unter anderem Plakatkunst aus einer renommierten Galerie in Krakau.

Im Osten nichts Neues: Mit dieser neuen Ausstellung wollen Almut Benkert, Thomas Olze und Janusz Czech (von links) Verständnis für die osteuropäischen Staaten und die Weltbilder der Menschen dort wecken.
Im Osten nichts Neues: Mit dieser neuen Ausstellung wollen Almut Benkert, Thomas Olze und Janusz Czech (von links) Verständnis für die osteuropäischen Staaten und die Weltbilder der Menschen dort wecken. Foto: Stefan Friedrich

„Im Osten nichts Neues“: Der Titel der jüngsten Ausstellung, die parallel im A.K.T. und im Emma Kreativzentrum in Pforzheim läuft, ist in gewissem Sinne Programm. Sie will einen Perspektivwechsel schaffen und Verständnis wecken für osteuropäische Weltbilder, die im Westen Europas oftmals nicht verstanden werden.

Zur Vernissage an diesem Freitagabend ist auch ein Konzert mit Gaisa geplant, einer Künstlerin, die aus Riga kommt und als Ballerina am Staatstheater in Stuttgart ihre tänzerische Karriere aufgegeben hat, um sich der Musik zu widmen. „Man hört diese osteuropäischen Elemente in den überwiegend elektronischen Elementen“, sagt Co-Kurator Thomas Olze bei einem Pressegespräch am Donnerstag. Damit ist Gaisa auch eine ideale Botschafterin für die vielen Künstler, deren Arbeiten in beiden Häusern zeitgleich gezeigt werden.

Die Ausstellung ist an gleich zwei Orten in Pforzheim zu sehen

Der Schulterschluss zwischen Emma und A.K.T. habe sich in diesem Fall gewissermaßen angeboten, sagt Almut Benkert, Fachbereichsleitung Kreativwirtschaft bei Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP). „Wir haben gesagt, dass gerade das Thema Kommunikationsdesign und Plakatkunst hier Sinn macht, um angesichts der gesamten weltpolitischen Lage mit dem Krieg in der Ukraine und all den anderen Problemen, die wir im Moment haben, zu zeigen, dass wir über das Mittel der Kunst den Blick einfach schärfen beziehungsweise versuchen müssen, auch andere Perspektiven einzunehmen und Verständnis für andere Kulturen zu bekommen.“

Im Vorfeld der Ausstellung sei ihnen nämlich auch selbst klar geworden, „dass wir aus westdeutscher Perspektive häufig viel Unkenntnis über die osteuropäischen Kulturen und die osteuropäische Geschichte haben“, sagt Benkert. Deshalb will auch diese Ausstellung einen Beitrag dazu leisten, die Identität der Osteuropäer vor dem Hintergrund ihrer eigenen Geschichte zu vermitteln, erläutert Benkert. Dafür sind diverse Kooperationspartner gewonnen worden, darunter die Dydo Poster Galerie aus Krakau, die „eine bedeutende Plakatkunst-Sammlung hat und die international renommiert ist“.

Das Thema ist aus unserer Sicht überfällig.
Janusz Czech
Künstlerischer Leiter

Die Ausstellung selbst ist sowohl inhaltlich als auch von der Anzahl der gezeigten Arbeiten so umfangreich und zugleich auch „so dicht, dass man eigentlich zwei Stunden darüber reden könnte“, sagt der künstlerische Leiter Janusz Czech. Nicht zuletzt, weil es gerade in diesen Zeiten sehr wichtig sei, „dass sie sich mit einem Thema befasst, das aus unserer Sicht überfällig ist“, so Czech.

Es ist eine Ausstellung, die zugleich auch wie eine Plattform für einen Gedankenaustausch gedacht ist. „Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts beschäftigen wir uns ja immer mit der europäischen Einigung, aber der Einigungsprozess, in dem wir uns befinden, ist eigentlich permanent ein Krisenbewältigungsprogramm, zumindest fühlen wir das so“, sagt Czech.

Das liege zum Teil auch an den unterschiedlichen Betrachtungen von westeuropäischen und osteuropäischen Staaten, so der künstlerische Leiter. „Man merkt da oft ein Unverständnis, das da ist, und das es schwierig macht, die Handlungen nachzuvollziehen, warum sich manche Länder so verhalten, wie sie das tun“, sagt Czech.

Die Ausstellung in Pforzheim gibt auch Einblicke in den historischen Kontext

Die Ausstellung gibt auch Einblicke in den historischen Kontext. Czech möchte damit einen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis leisten, immer auch in der Hoffnung, dass gesellschaftspolitische Folgen, die mit dem Ende des Warschauer Pakts entstanden sind, mehr ins Bewusstsein rücken.

Die meisten Staaten seien nämlich nicht freiwillig Teil des Warschauer Pakts gewesen und der Krieg in der Ukraine sei nur eine Folge davon, „weil sich hier jetzt so ein bisschen die gesellschaftspolitische Situation löst, oder vielleicht auch nicht löst“, sagt Czech. Und auch wenn sie die Idee zu dieser Ausstellung schon vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine gehabt haben, so hat spätestens dieser allen vor Augen geführt, „welche Ängste das in uns auslöst, all die Unsicherheiten, die wir haben, die Schwierigkeiten, Entscheidungen einzuordnen“, ergänzt Czech. All das müsse in der Gesellschaft diskutiert werden.

Die EU wird nicht nur aus dem Westen definiert.
Thomas Olze
Co-Kurator

Insofern, ergänzt Co-Kurator Thomas Olze, sei es ihnen allen wichtig gewesen, mit dieser Ausstellung wirklich den Perspektivwechsel zu wagen. „Die EU wird nicht nur aus dem Westen definiert“, sagt er. „Wir müssen diese gewisse Überheblichkeit, dass wir im Westen immer so fortschrittlich waren und der Osten so rückschrittlich war, überwinden“, denn auch in Osteuropa habe es „utopistische Gedanken“ gegeben, die auch technologisch umgesetzt worden sind.

„Lange Zeit war das Weltraumprogramm der Sowjetunion wirklich vorn, und auch wenn man es architektonisch sieht, wurde damals schon mit erneuerbaren Energien gearbeitet“, gibt Olze zu bedenken.

Service

Die Vernissage findet an diesem Freitag, 20. Oktober, um 19 Uhr im Salon der Kulturen im Emma Kreativzentrum statt. Einführen wird der künstlerische Leiter Janusz Czech. Zudem wird es eine Lesung mit Schriftstellerin Susanne Fritz geben.

nach oben Zurück zum Seitenanfang