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Landesweite Diskussion

Diskussion in Pforzheimer Synagoge: Politiker wollen jüdische Feiertage in Baden-Württemberg gesetzlich regeln

Bei einer Diskussion in der Pforzheimer Synagoge sprachen sich Vertreter der Landespolitik für ein deutliches Signal dafür aus, dass jüdisches Leben bei uns gewünscht ist. Das Problem liegt im Detail.

Ein Vortragsredner vor Publikum.
Volker Beck, Geschäftsführer des Tikvah-Instituts (Berlin) will, dass die jüdischen Feiertage in allen 16 Bundesländern gesetzlich geregelt sind. Darüber spricht er in der Pforzheimer Synagoge. Foto: Birgit Metzbaur

Es ist eine spezielle Frage, „aber nicht unwichtig“, erklärte Michael Blume, der Beauftragte des Landes Baden-Württemberg gegen Antisemitismus, bei einer auch im Livestream übertragenen Veranstaltung am Montagabend in der Pforzheimer Synagoge. Die Frage ist: Haben Jüdinnen und Juden ein gesetzliches Recht auf ihre religiösen Feiertage oder wird ihnen das Recht darauf als Bittsteller gewährt?

Volker Beck, Geschäftsführer des Tikvah-Instituts und ehemaliger Bundestagsabgeordneter von Bündnis90/Die Grünen, wurde durch eine Studentin auf das Thema gestoßen. Um ihren Notenschnitt zu verbessern, hätte sie an der Universität Heidelberg an einem Samstag einen Test schreiben können.

Der Schabbat (Samstag) ist im Judentum jedoch ein Feiertag, an dem bestimmte Arbeiten, wie auch das Schreiben, untersagt sind. Beck berichtet, wie er „Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt“ habe, um der Studentin einen Nachschreibtermin zu ermöglichen. Es gelang.

Vorschlag aus Pforzheim: Jüdische Feiertage im Gesetz regeln

Doch auch andere jüdische Studierende, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Probleme, ihre religiös vorgeschriebene Feiertagsruhe einzuhalten. Deshalb will Beck „nicht eher Ruhe geben, bis eine Lawine ins Rollen gebracht wurde“ und die jüdischen Feiertage in allen 16 Bundesländern gesetzlich geregelt sind. Nach Veranstaltungen in Hamburg und Nordrhein-Westfalen hat er das Thema mit der Veranstaltung in Pforzheim nach Baden-Württemberg gebracht.

Zwei Lösungsansätze sind im Gespräch: Die jüdischen Feiertage können in Staatsverträgen oder, wofür Beck plädiert, in Feiertags-, Schul- und Hochschulgesetzen geregelt werden. Inhaltlich ist das Thema durch das Bundesverfassungsgericht geklärt.

Jüdische Kinder fühlen sich schon bei der Einschulung anders, wenn die an einem Samstag stattfindet, berichtete der badische Landesrabbiner Moshe Flomenmann in seinem Vortrag über jüdische Feiertage, die für die jüdische Identität von Bedeutung sind. Denn am Schabbat dürfen Juden keine Last tragen, auch keinen Schulranzen. Der Rabbiner machte deutlich, dass es nicht um Besserstellung gehe, sondern um Ausweichtermine.

In der Podiumsdiskussion waren sich die drei Vertreter aus dem Landtag, Christian Gehring (CDU), Andreas Kenner (SPD) und Timm Kern (FDP) im Prinzip einig, dass die Religionsausübung kein „Gnadenakt“ sein dürfe. Gehring sprach sich für „ein deutliches Signal“, eine Regelung im Staatsvertrag aus. Kern plädierte für eine fraktionsübergreifende Initiative im Landtag. Kenner geht davon aus, dass nicht jeder Arbeitgeber wisse, wann die jüdischen Feiertage sind, weshalb Bildung so wichtig sei.

Beck freute sich über „das Aha-Erlebnis“ der Veranstaltung, bei der das Problem deutlich wurde. Am Ende der Diskussion kündigte Rami Suliman von der jüdischen Gemeinde Pforzheim an, mit den Fraktionsvertretern im Gespräch zu bleiben, um das Thema nach vorne zu bringen.

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