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Wöchentlicher „Veggietag“ polarisiert

Diskussion um vegetarisches Essen in Pforzheimer Pflegeheimen geht weiter

Die Evangelische Heimstiftung wehrt sich gegen Kritik des Caritasdirektors. Der sieht die Wahlfreiheit der Pforzheimer Heimbewohner in Gefahr.

Verschiedenes Gemüse liegt auf einem Schneidebrett. In Pforzheimer Pflegeheimen soll es einmal in der Woche nur vegetarisches Essen geben.
Gemüse statt Fleisch: Einmal pro Woche sollen Pflegebedürftige in den Einrichtungen der Evangelischen Heimstiftung nur vegetarisches Essen auf den Teller bekommen. Foto: Fabian Sommer/dpa

Die Evangelische Heimstiftung (EHS) bietet in ihren Einrichtungen seit Januar einmal pro Woche nur vegetarische Kost an. Wie berichtet, sehen Patientenschützer dadurch die Selbstbestimmung pflegebedüftiger Menschen in Gefahr. Der Hauptgeschäftsführer der EHS, Bernhard Schneider, wehrt sich gegen die Kritik an der Vorgabe: „Warum wird die tägliche Wahl eines Fleischgerichtes so hochgehalten? Gibt es ein Grundrecht auf Fleisch? Sicher nicht.“

Caritasdirektor plädiert für tägliche Wahlfreiheit

Caritasdirektor Frank Johannes Lemke hatte auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt, die Entscheidung, ob jemand vegetarisch essen möchte, solle jeder für sich selbst treffen. Insbesondere die Aussagen von Lemke, er fände es „ein wenig merkwürdig, wenn wir unseren anvertrauten Menschen jetzt auch noch vorschreiben, was sie zu essen haben“, und dass es die Grundhaltung der Caritas sei, den „betreuten Menschen, egal ob klein oder groß, alt oder jung, beeinträchtigt oder nicht“ die Wahlmöglichkeit zu geben, wollte Schneider nicht unkommentiert stehen lassen.

Der Kampf ums Klima wird nicht nur in Lützerath, sondern auch auf unseren Tellern entschieden.
Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung

„Der Kampf ums Klima wird nicht nur in Lützerath, sondern auch auf unseren Tellern entschieden“, sagt Schneider. „Wäre es nicht besser, deutlich weniger, aber besseres Fleisch anzubieten? Und schließlich: Wenn die Speiseversorgung in den Pflegeheimen circa 45 Prozent unseres CO2-Ausstoßes ausmacht und wir die Klimaziele ernst nehmen, dann können wir den Fleisch- und Wurstkonsum in unseren Heimen nicht ausblenden.“

Weiter erklärt Schneider, dass die Wahlmöglichkeit von Pflegebedürftigen jeden Tag ein hohes Ziel sei, nach dem auch die EHS strebe. „Wir müssen uns aber selbstkritisch fragen, was dieser Anspruch konkret bedeutet, wie realistisch er ist und wie wir ihn mit anderen Werten versuchen in Einklang zu bringen.“

Schneider stellt infrage, ob die Wahlmöglichkeit nicht viel mehr dadurch eingeschränkt werde, „wenn wir Dienstplanwünsche der Mitarbeitenden nicht mit den Wünschen unserer Bewohner überein bringen? Haben sie die Wahl, von wem sie morgens geweckt und gepflegt werden wollen?“.

„Ideologisch geführte Debatten führen uns nicht weiter“, sagt Lemke auf Nachfrage. Besser sei es, sich selbst und vielleicht auch in gemeinsamen Informationsforen bewusst zu machen, welche Auswirkungen das eigene Handeln auf die eigene Gesundheit und das Befinden, auf das der Anderen und schließlich auf die Umwelt hat. „Ich trete aber mit Vehemenz für das Selbstbestimmungsrecht ein – und es ist mir ein Graus,wenn mir auch noch auferlegt werden soll, was ich zu essen habe.“

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