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Von Osterfeld bis Kulturrat

Pforzheimer Kulturpionier Gerhard Baral feiert 70. Geburtstag

Mit dem Goldenen Anker und dem Kulturhaus Osterfeld hat er zwei soziokulturelle Zentren aufgebaut. Inzwischen setzt er bundesweit Kulturprojekte um und engagiert sich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ein Rückblick auf Barals Schaffen und seine Visionen.

Gerhard Baral, ein Kulturmensch durch und durch, wird 70 Jahre alt.
Gerhard Baral, ein Kulturmensch durch und durch, wird 70 Jahre alt. Foto: privat

Ein Kulturmensch durch und durch wird diesen Freitag 70 Jahre alt: Gerhard Baral. Er freut sich riesig, dass seine ganze Familie anreist, um mit ihm gemeinsam zu feiern, hat bewusst „keine Riesensause“ geplant.

Veranstaltungen und ganz besonders Kulturprojekte sind sein Leben. Schon früh stieg er in die Kultur ein. „Ganz klassisch, in der Schulzeit“, mit Theaterspielen und Musik sei das gewesen, erzählt er kurz vor seinem Geburtstag bei einem Telefonat mit dieser Zeitung. Er hält sich dabei in Holland auf, wo er noch „ein paar Jobs zu erledigen“ hat.

Sein erstes eigenes Kulturprojekt stellte Baral mit 14, 15 Jahren auf die Beine. Aus der Anfangsidee, ein Klassenfest zu machen, wurde ein kleines Schulfest im Haus der Jugend. „Das war der Punkt, an dem ich gemerkt habe: Das ist meines.“ Er hatte Spaß daran und Ideen. So kam eines zum anderen.

Erste Veranstaltungen im Keller des Elternhauses

Mit 16 organisierte er Musikveranstaltungen im Keller des Elternhauses mit bis zu 70 Leuten. Dort entstand 1969 der Penn-Club, der spätere Betreiber der soziokulturellen Zentren Goldener Anker und Kulturhaus Osterfeld. Während des Zivildienstes im Haus der Jugend schwärmte der damalige Geschäftsführer des Stadtjugendrings Baral von Umsonst-und-draußen-Festen vor. Die Idee vom Marktplatzfest war geboren.

Baral studierte Sozialpädagogik, heute würde er sagen, empirische Kulturwissenschaften. Seinen Dozenten erklärte er, dass er so was wie die damals gerade neu entstandene Hamburger Fabrik aufbauen möchte.

Am Ende des Studiums war Baral Mitgründer des Deutschen Kulturrats, der die Einrichtung eines Kulturstaatsministeriums forderte. „Ein verrücktes Unterfangen“, war Kultur doch reine Ländersache. Heute sind Kulturrat und Ministerium nicht mehr wegzudenken. Auch beim ersten kommunalen Kulturrat, dem Pforzheimer, ist Baral Gründungsmitglied.

Du kriegst Dinge nur durch, wenn du dran glaubst
Gerhard Baral
Ex-Geschäftsführer des Kulturhauses Osterfeld

Erste angedachte Projekte mit Fabrikdimension in Pforzheim, im Pitzmann&Pfeiffer-Gebäude und im Daubschen Gebäude, scheiterten. Glückliche Umstände und Bürgermeister Fritz Wurster halfen, dass aus der ehemaligen Flößergaststätte in Dillweißenstein das soziokulturelle Zentrum Goldener Anker entstand.

Geld für den Umbau war knapp. Freunde und Bekannte packten mit an. Wie später beim Kulturhaus Osterfeld gab es viele Skeptiker, die nicht an den Erfolg glauben. Und immer bekam Baral den gut gemeinten Rat: Lass es doch bleiben. So hat sich seine Lebenserkenntnis durchgesetzt: „Du kriegst Dinge nur durch, wenn du dran glaubst und dich nicht kirre machen lässt“.

Baral glaubte an den Erfolg, auch an die Chancen, die das Kulturhaus Osterfeld nach dem Theater-Auszug eröffnete. Jeden Samstag war Baral mit vielen Freunden und Bekannten auf der Baustelle. Seither kann er keine kalten Saitenwürste mehr sehen, die Standardverpflegung auf der Baustelle. Auch die eigenen Kinder waren mit vor Ort. Barals jüngster von drei Söhnen war da gerade fünf Jahre alt, und der Gedanke an den nur provisorisch abgesicherten Fahrstuhlschacht lässt noch im Nachhinein den Atem stocken.

Kein Tag war wie der andere

Sehr erfolgreiche Veranstaltungen im CCP wurden komplett in den Osterfeld-Umbau gesteckt. Beim Programm ging es Baral in der Regel nicht nur um die Auftritte, er konzipierte Projekte und setzte sie um. Im Alltag animierte er andere immer wieder, bei seinen „verrückten Ideen“ mitzugehen. Kein Tag war wie der andere. Es gab viele Begegnungen. Freundschaften mit Künstlern entstanden. Nicht alles war schön, sinniert Baral. Das Privatleben musste zu häufig hinten anstehen. In der Folge scheiterte die erste Ehe.

2015 wechselte Baral als Gesamtkoordinator „250 Jahre Goldstadt und Ornamenta – Design Innovation Festival 2022“ zur Stadt. Sein Ornamenta-Konzept wurde vom Gemeinderat einstimmig angenommen, erinnert Baral. Als klar war, die Ornamenta kommt später, nutzte er sein Netzwerk und machte sich selbstständig. Jetzt bringt er bundesweit Kulturprojekte auf den Weg. Auch mal so nebenbei: „Aus einer Getränkelaune“ mit dem Musiker Sebastian Studnitzky entstand 2022 das „BlackForestJazz“-Festival.

Für die nächsten Jahre wünscht sich Baral: „Offen bleiben für Neues, gesund und fit bleiben“, auch für alle, mit denen er zu tun hat. Und er fordert alle auf, sich für die Demokratie einzumischen. „Nicht in der eigenen Bubble bleiben“, dafür sorgen, dass die Gesellschaft nicht auseinanderbricht. Dafür engagiert sich Baral mit seiner Frau, Pfarrerin Heike Reisner-Baral, seit 2019 im „Bündnis Pforzheim nazifrei“.

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