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Tauffest in Pforzheim

Wenn der Pfarrer in Pforzheim nasse Füße bekommt

Im Pforzheimer Stadtgarten feiern 700 Menschen ein großes gemeinsames Tauffest der evangelischen Kirchengemeinden. Das Fest wurde wegen Corona um zwei Jahre verschoben.

Taufe in der Nagold: Pfarrer Andreas Quincke segnet Angela Labarile mit Flusswasser. Das Besondere: An Quinckes Station wurde auch mit Jordanwasser getauft, dass Maximilian Lang (links) zur Geburt geschenkt bekommen hatte.
Taufe in der Nagold: Pfarrer Andreas Quincke tauft Angela Labarile mit Flusswasser. Das Besondere: An Quinckes Taufstation wurde auch mit Jordanwasser getauft, das Maximilian Lang (links) zur Geburt geschenkt bekommen hatte. Foto: Foto: Philip Sandrock

So etwas gab es in Pforzheim noch nie: Das Tauffest am Sonntag im Stadtgarten dürfte einige Rekorde gebrochen haben.

Fast 50 Täuflinge, mehr als 700 Besucher beim Gottesdienst und zehn Pfarrerinnen und Pfarrer, die gleichzeitig an verschiedenen Stationen taufen. Sowohl in der Nagold als auch rund um den Springbrunnen.

Mit wasserfesten Schuhen in den Fluss

Mit Talar in den Fluss zu steigen, ist gar nicht so einfach – deshalb hatte sich mancher der Geistlichen etwas ausgedacht. Pfarrerin Heike Reisner-Baral hatte die Schuhe ihrer alten Tauchausrüstung angezogen. Und Andreas Quincke, Pforzheims Klinikseelsorger, kam beinahe daher wie ein Mönch: Mit wasserfesten Sandalen und einem Gürtel um die Hüfte, mit dem er seine Amtstracht raffen konnte, stieg er in die Nagold. An seiner Station gab es eine Besonderheit: Einer seiner Täuflinge, Maximilian Lang, hatte zur Geburt eine Flasche Jordanwasser geschenkt bekommen.

„Die stand bei uns im Keller“, sagte seine Mutter Claudia. Acht Jahre stand sie dort, bis die richtige Gelegenheit kam. „Wir wollten schon immer eine Taufe im Freien machen“, sagt Claudia Lang. Da sei das Angebot des Tauffests einfach super gewesen.

Taufe in der Nagold: Pfarrer Andreas Quincke segnete Maximilian Lang mit Flusswasser und mit Wasser aus dem Jordan, das Claudia Lang (links) bereithält.
Taufe in der Nagold: Pfarrer Andreas Quincke segnete Maximilian Lang mit Flusswasser und mit Wasser aus dem Jordan, das Claudia Lang (links) bereithält. Foto: Philip Sandrock

Familien sind bewusst eingeladen worden

Auch Sabrina Labarile hat ihre Tochter Angela am Sonntag taufen lassen. „Wir sind erst durch die Veranstaltung auf die Idee gekommen, unsere Tochter taufen zu lassen“, sagt Labarile.

Sätze, die man oft hört, wenn man mit den Familien der Taufkinder spricht. Auch die Eltern von Neo (5) und Finnick (3), haben bewusst auf das Tauffest gewartet. „Es musste wegen Corona ja verschoben werden“, sagt ihr Vater Tony Teutsch: „Wir warten da seit zwei Jahren drauf.“

Madleine Königsberger hat ihren elf Monate alten Sohn Luis-Robert ebenfalls taufen lassen. „Wir wohnen noch nicht lange in Pforzheim“, sagt sie. Sie und ihr Partner seien von der Kirche schriftlich zum Tauffest eingeladen worden. „Wir fanden die Idee ganz toll“, so Königsberger. Ihr Sohn wurde von Pfarrer Hans Gölz-Eisinger am Springbrunnen getauft.

Er bestätigt, dass die Kirche die Familien mit ungetauften Kindern gezielt angeschrieben hätte. Die Idee des Tauffests komme aus Norddeutschland, auch in seiner alten Gemeinde in Mühlhausen (Würmtal) gebe es bis heute ein Tauffest, allerdings bei Weitem nicht so groß wie das am Sonntag in Pforzheim.

Fast 50 Täuflinge mit Angehörigen

Um die fast 50 Taufgruppen an ihre jeweiligen Stationen zu lotsen, hatten die Organisatoren bunte Luftballons verteilt – ein Ballon der gleichen Farbe hing dann jeweils an einer der Stellen an der Nagold oder am Brunnen.

Festival-Atmosphäre: Im Stadtgarten wurden 49 Menschen in der Nagold und am Springbrunnen getauft. Ein Tauffest in dieser Größe fand in Pforzheim zum ersten Mal statt.
Festival-Atmosphäre: Im Stadtgarten wurden 49 Menschen in der Nagold und am Springbrunnen getauft. Ein Tauffest in dieser Größe fand in Pforzheim zum ersten Mal statt. Foto: Philip Sandrock

Den Gottesdienst gestalteten Dekanin Christiane Quincke zusammen mit Pfarrerin Ruth Nakatenus, Pfarrer Daniel Kistner, sowie Diakon Alexander Jeck. Für die musikalische Umrahmung sorgten die Kinder der Singschule und die Band Historymaker. „Wir freuen uns, dass wir heute so viele Menschen taufen können“, sagte Nakatenus.

Das Essen kommt aus dem Foodtruck

Nach dem Taufgottesdienst waren alle Teilnehmer zum Essen eingeladen. Zwei Foodtrucks sollten für die Speisung der 700 sorgen. „Etwa drei Viertel der Teilnehmer nehmen unser Angebot wahr“, sagte Dekanin Quincke im Vorfeld des Fests. Andere Familien gingen zu privaten Feiern in Gaststätten. „Es sollte gezielt ein Angebot für alle sein“, so Quincke.

Ich liebe unsere Kirchen, aber eine Taufe im Freien ist etwas Besonderes.
Hans Gölz-Eisinger, Pfarrer der Friedensgemeinde

Es gebe Familien, die ließen ihre Kinder nicht taufen, weil sie es sich nicht leisten können, im Anschluss die ganze Familie einzuladen. „Da spielt Scham eine große Rolle.“

Diese Hemmschwelle wollte man mit dem Angebot nehmen. Auch Pfarrer Gölz-Eisinger ist von dem Tauf-Angebot überzeugt: Man habe damit Familien erreicht, die sonst nicht zu einer Taufe kommen. Der Event-Charakter verleihe dem Tauffest Anziehungskraft, so der Pfarrer: „Ich liebe unsere Kirchen, aber eine Taufe im Freien ist etwas Besonderes“.

Wiederholung geplant

Und die Nachfrage gibt ihnen recht: Viele fragten, wann das nächste Fest dieser Art geplant ist. Vorsorglich hat der Stadtkirchenbezirk die Antwort schon auf seine Internetseite gestellt: „Im Moment wissen wir noch nicht, in welcher Form wir ein Tauffest wiederholen – in dieser Größe wird es aber frühestens 2024 wieder stattfinden.“

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