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Autofreier Sonntag

Vier Kilometer im Würmtal gehörten einen Tag lang nur den Radlern und Fußgängern

Aktueller könnte das Thema in Zeiten von steigenden Energiepreisen nicht sein: Im Würmtal gab es einen autofreien Sonntag. Vier Kilometer Strecke waren nur für Fußgänger, Radler oder Inliner reserviert.

Mobil ohne Auto
Viel Platz für Radfahrer: Zwischen Kupferhammer und Würm durften am Sonntag keine Autos fahren. Erstmals gab es den Aktionstag „Mobil ohne Auto“ im Würmtal vor 25 Jahren. Foto: Birgit Metzbaur

Heiß war es. Trotzdem nutzten viele Familien am Sonntagvormittag die Chance, die vier Kilometer lange, für Autos gesperrte Strecke zwischen dem Pforzheimer Kupferhammer und Würm mit Fahrrädern, Rollern, zu Fuß und mit Inlinern zu erobern.

Vier Frauen und vier Männer initiierten vor 25 Jahren mit ihrer Fahrrad-Demonstration die Aktion „Mobil ohne Auto“ (MoA) im Würmtal. Damals mit dabei waren die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Vogt, die Grüne-Liste-Gemeinderätinnen Sybille Schüssler, Ute Hötzer und Renate Thon, Axel Wieland (BUND), Stephan Haertel (VCD), Uwe Scheuhing und Klaus Wolf. Daran erinnerte Mitbegründer Wolf in seiner Begrüßung zum Auftakt des Aktionstages.

Innerhalb von 48 Stunden war das Projekt wieder in Bürgerhand.
Klaus Wolf, Initiator des autofreien Sonntags in Pforzheim

„Mobil ohne Auto“ (MoA) sei bundesweit die größte verkehrspolitische Aktion. Sie findet jährlich am dritten Sonntag im Juni statt. Dass MoA Pforzheim in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum feiern konnte, ist Wolf zu verdanken. 15 Jahre lang organisierte er die Aktion privat. Dann gab er an den städtischen Eigenbetrieb Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP) ab.

Als er erfuhr, dass MoA nach coronabedingter zweijähriger Zwangspause erneut ausfallen könnte, nahm er Kontakt zum Oberbürgermeister auf. „Innerhalb von 48 Stunden war das Projekt wieder in Bürgerhand“. Gemeinderätin Petra Bösl sprach ihm im Namen der unterstützenden Organisationen ihren großen Dank aus: „Wahnsinn, was in drei Wochen auf die Beine gestellt wurde“ – von Wolf, Hagar Hartung und Stefan Laszczyk.

Ukraine-Krieg und Klimawandel waren prägende Themen

Von Anfang an war MoA eine politische Veranstaltung. So stand die Aktion in Zeiten des inzwischen spürbaren Klimawandels für den Umwelt- und Klimaschutz, aber auch im Zeichen des Ukraine-Kriegs mit seinen Auswirkungen auf die Energieknappheit und der Diskussion über den Import und die Nutzung fossiler Brennstoffe aus Russland.

Autogerechte Stadt Pforzheim hat auch Platz für Radler

Schüssler, die einstige Gemeinderätin, die inzwischen Bürgermeisterin wurde, wies auf den begrenzten Verkehrsraum hin, der zwischen Autos, Fußgängern und Radfahrern „gerecht aufgeteilt“ werden müsse.

Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde Pforzheim als autogerechte Stadt geplant und gebaut. Darin sieht sie eine große Chance für den Radverkehr, denn dadurch gebe es auf den Straßen „Platz für Radstreifen“.

Technische Dienste nutzten die Sperrung für Fahrbahnmarkierungen

Jessica aus Weil der Stadt war mit Ehemann und Sohn Noah mit dem Fahrrad unterwegs. Sie vermisste Speisen und Getränke auf der Strecke und Angebote für Kinder. Radrennfahrer, die gefährlich nah an Kindern vorbeirasten, störten sie ebenso wie der durchfahrende Bus und ein Fahrzeug der Technischen Dienste, die die Straßensperrung bis in den späten Vormittag zu Fahrbahnmarkierungsarbeiten nutzten.

Mit zwei befreundeten und ihrer eigenen Familie war Andrea Künkele unterwegs. Bei der vergangenen MoA-Aktion noch zu Fuß, genießen inzwischen ihre achtjährige Tochter Lara und der zehnjährige Sohn Attila die Fahrradfahrt.

Spontan rief die neunjährige Milena Härlin aus: „Ich mag Fahrradfahren.“ Ihr Vater Holger Härlin regte an, dass die Aktion gerne zwei Mal im Jahr angeboten werden könnte. „Als ein Beitrag zur kinderfreundlichen Stadt“, bekräftigte Andreas Künkele.

Aktionsbündnis demonstriert für bessere Radwege

Entlang der Strecke gab es Infostände. Das Amt für Umweltschutz informierte über Maßnahmen der Stadt zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung, ADFC/Critical Mass/Fridays for Future machten auf eine am 2. Juli geplante Familien-Radtour für bessere Radwege, die Kidical Mass, aufmerksam. Der Förderverein Nagold-Freibad verteilte kostenlose Eintrittskarten. Die Wählergmeinschaft „Wir in Pforzheim“ (WiP) informierte über den Lärmaktionsplan der Stadt und hatte die Erklärung von Bürgermeistern über lebenswerte Städte ausgelegt.

Steinerdesign vom Ludwigsplatz stellte Pedelecs und E-Bikes zum Probefahren bereit und erwies sich mit seiner „guten Dillweißensteiner Luft für die Reifen“ auch als hilfreicher Service-Punkt. Für Notfälle war ansonsten Q-Prints & Service mit seiner Fahrradwerkstatt vor Ort. Mitglieder der Grünen Liste verteilten Bio-Äpfel, und Die Grünen hatten einen kleinen Kuchenstand. Um die Mittagszeit öffnete der heiß ersehnte Eisstand.

Am Rande der Strecke wurde gefachsimpelt

Für den Arbeitskreis Mineralienmuseum erklärte Ben van den Berg anhand von Gesteinsproben die Geologie der Umgebung. Am Stand von AKUT, dem Arbeitskreis für Umwelttechnologie, fachsimpelte Klaus Wolf mit Raphael Mürle über Photovoltaik-Balkonkraftwerke und die Dringlichkeit des Umstiegs auf Erneuerbare Energien. Mürles Credo: Jetzt ist Zeit (in Sachen Klimaschutz) „Gas zu geben“.

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