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Präsident sieht "Bugwelle"

Ärger über lange Wartezeiten beim Karlsruher Nachlassgericht

An einem der größten Nachlassgerichte im Land, dem Nachlassgericht Karlsruhe, läuft es alles andere als rund. Der zuständige Amtsgerichtspräsident Thomas Ohlinger sieht massive Probleme. Vor allem die langen Wartezeiten sorgen für Ärger.

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In der Kaiserstraße 184 befindet sich das Nachlassgericht Karlsruhe Foto: jodo

Lange Wartezeiten im Nachlassgericht in der Kaiserstraße 184 verärgern die Bürger. Und die halten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg: So schreibt ein Bürger den BNN, dass ein Auskunftsersuchen durch seinen Rechtsanwalt erst nach zweimaligem Mahnen nach fünfeinhalb Monaten beantwortet wurde. Ein anderer schreibt über lange Wartezeiten auf den „zugigen Fluren des Notariats“ und Mitarbeiter, die nie zu erreichen seien. Ein anderer wiederum klagt über die Schwierigkeiten, überhaupt einen Termin zu bekommen.

Es läuft noch nicht so rund, dass wir mit dem Zustand zufrieden sein können
Amtsgerichtspräsident Thomas Ohlinger

Amtsgerichtspräsident Thomas Ohlinger sind diese Klagen nicht fremd. Gegenüber den BNN sagt er offen: „ Es läuft noch nicht so rund, dass wir mit dem Zustand zufrieden sein können“. Und weiter: „Die Startsituation war einfach sehr schwierig“. Man schiebe praktisch eine Bugwelle an Fällen vor sich her.

Das Nachlassgericht gibt es in der jetzigen Form erst seit zwei Jahren. Die Einführung eigenständiger Nachlassgerichte unter dem Dach der Amtsgerichte war Teil der zum Jahreswechsel 2017/ 2018 stattfindenden Notariatsreform. Zum einen wurden die Amtsnotare zu freiberuflichen Notaren. Zum anderen übernahmen jene Amtsgerichte, die bisher schon die Zuständigkeiten als Familiengericht hatten, die Aufgaben des Nachlassgerichts vom Notariat. Es ist im wesentlichen zuständig für die Erteilung eines Erbscheines, die Eröffnung von Testamenten und Erbverträgen sowie die Entgegennahme von Erklärungen zur Ausschlagung eines Erbes. Daneben gehört auch die Bestellung eines Nachlasspflegers zum Aufgabengebiet des Nachlassgerichts.

Zwei Nachlassgerichte im Stadtgebiet

In Karlsruhe entstanden damit am großen Karlsruher Amtsgericht wie am kleinen Durlacher Amtsgericht die neuen Nachlassgerichte mit ihren jeweiligen lokalen und regionalen Zuständigkeiten. Für das Amtsgericht Karlsruhe wie das in Durlach bedeutete dies ab Januar 2018 natürlich zusätzliche Arbeit.

Das Personal sollte aufgestockt werden, kündigte das Justizministerium damals an. So erhielt das Amtsgericht Karlsruhe zusätzlich 3,6 sogenannte Entscheider-Stellen plus zehn Servicekräfte, in Durlach war es eine Entscheider-Stelle plus vier Servicekräfte. „Die personellen Zusagen wurden alle eingehalten“. so Ohlinger. Beim Karlsruher Nachlassgericht arbeiten damit fünf Rechtspfleger und 21 Servicemitarbeiter, viele der letzteren ihnen in Teilzeit. Das Problem war aber, dass zunächst ein Großteil der Unterlagen neu registriert werden musste.

Hinzu kam die Einführung einer neuen EDV, hinzu kamen zwei Umzüge nach der Reform zum Jahreswechsel 2017/18. Das Gebäude des bisherigen Notariats in der Kaiserstraße 184 wurde zunächst geschlossen, das Nachlassgericht Karlsruhe war dann im Amtsgericht am Zirkel untergebracht, danach wurde das einstige Notariat renoviert und für das Nachlassgericht wieder eröffnet. „An dieser Anfangshypothek tragen wir noch ein Stück“ sagt Ohlinger. Denn in der Natur der Sache liegt, dass sich die Fälle bei dieser speziellen Justizinstitution eben aufaddieren. Im Jahr 2019 kamen laut Gericht exakt 2367 „erstmals registrierte Erblasser“ hinzu.

Komplexe Einzelfälle

Und die Bearbeitungszeiten für diese Fälle sind je nach Komplexität höchst unterschiedlich- auch zunehmende Erbangelegenheiten im Verbindung mit dem Ausland sind aufwendig, so Rechtspfleger Daniel Hess, Gruppenleiter im Nachlassgericht. Zwar sind nur einige wenige im Jahr so komplex oder so streitig, dass sie vor einem Richter landen, doch auch viele andere kosten viel Zeit.

Auf das renovierte Gebäude konzentriert sich ebenfalls Kritik, mancher Nutzer moniert lange Wartezeiten auf zugigen Gängen. Bisher gab es keine adäquate Wartemöglichkeit. Doch dies wird sich ab Februar ändern, kündigt der Amtsgerichtspräsident an. Denn dann wird im Eingangsbereich ein Raum für Besucher frei. Bis auf die speziellen Karlsruher Umstände habe jedes Nachlassgericht im Land ähnliche Probleme resümiert Ohlinger. Nach einer „Spitze“ im Bearbeitungsstau 2018 und noch 2019 sehe er nun aber Tendenzen der Besserung. Man sei auch im Gespräch wegen zusätzlichen Personals, aber dieses sei am Markt schwer zu finden.

Welches Nachlassgericht ist wo zuständig?

Örtlich zuständig ist das Nachlassgericht Karlsruhe in der Kaiserstraße 164 in der Regel dann, wenn der Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bezirk des Amtsgerichts Karlsruhe hatte. Der örtliche Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Karlsruhe erstreckt sich auf folgende Ortschaften: Sämtliche Karlsruher Stadtteile westlich der A5, Eggenstein-Leopoldshafen, Linkenheim-Hochstetten, Rheinstetten und Stutensee.

Das allerdings deutlich kleinere Durlacher Nachlassgericht als Teil des Amtsgerichts Durlach ist nach dem gleichen Muster zuständig für Durlach und die Stadtteile Grötzingen, Grünwettersbach, Hohenwettersbach, Palmbach, Stupferich und Wolfartsweier sowie die Umlandgemeinden Pfinztal, Walzbachtal und Weingarten. Es befindet sich Am Zwinger 8 in Durlach

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