Am 14. Mai 2020 könnten die Philippsburger Kühltürme fallen. Könnten. Es handelt sich um das frühestmögliche und eher um ein formales Datum, wie EnBW-Geschäftsführer Jörg Michels deutlich macht. "Wir werden nicht auf Biegen und Brechen irgendeinen Termin umsetzen", erklärte er am Dienstagvormittag in einem telefonischen Pressegespräch.
"Ohne die Corona-Pandemie wären wir bereit gewesen. Mit der Pandemie müssen wir die weitere Entwicklung abwarten." Die Abläufe seien aber vorerst nicht gestört: Die Mitarbeiter tauschen sich mit den Behörden auf formalem Weg aus, Arbeiten vor Ort finden unter Sicherheitsvorkehrungen statt. "Nur die Arbeitsweise hat sich geändert."
Doch die Sprengung sei auch vom Genehmigungsverfahren, das weit fortgeschritten sei, abhängig. Ebenso die Sprengung selbst: Am betreffenden Tag muss auch auf Windgeschwindigkeit und Hochwasser Rücksicht genommen werden, kurzfristige Verschiebungen sind möglich. Von daher handelt es sich beim 14. Mai um ein Datum, das mit Vorsicht zu genießen ist. Der tatsächliche Zeitpunkt sei "völlig offen", betonte Michels.
Atomkraftwerk Philippsburg bevorzugt eine Sprengung der Kühltürme
Umdenken mussten die Verantwortlichen, was das Interesse von Besuchern angeht. 20.000 Menschen, so war schon berichtet worden, könnten das Geschehen verfolgen wollen. In Zeiten der Coronakrise ist eine solche Versammlung undenkbar. Man habe daher früh den Austausch mit umliegenden Kommunen und der Polizei gesucht, teilt EnBW mit. "Die betroffenen Städte und Gemeinden bewerten, wie sie mit möglichen Zuschauern umgehen werden."
Zwei Absperrbereiche sollen zudem am Tag der Sprengung die Sicherheit gewährleisten. Der erste Bereich umgibt das Werksgelände, der zweite die Rheinschanzinsel.
Das Verfahren steht derweil nicht mehr zur Diskussion. Ein maschineller Abbau der Türme - sie wären Stück für Stück von oben nach unten abgemeißelt worden - schied aufgrund der Dauer und der Umweltbelastung aus. Die "Fallrichtungssprenung" sehen die Verantwortlichen auch aus ökologischen Gesichtspunkten als besser an. "Innerhalb weniger Minuten hat sich die Staubwolke verzogen", sagt Michels. "Das ist keine große Belastung."
Zudem erklärte Michels: "Diese Sprengung ist eine weltweit, aber auch national bewährte Methode." Die "Fallrichtungssprengung" sei in Deutschland mehr als 50 Mal beim Abbruch von Kühltürmen praktiziert worden. Sprengstoff wird in die Türme eingebracht, sie sollen dann in sich zusammenfallen, nicht zur Seite.
Das Material - rund 32.500 Tonnen Stahlbeton - soll innerhalb von einem halben Jahr vor Ort wiederverwendet werden. Die beiden Türme machen Platz für ein Gleichstrom-Umspannwerk, das die TransnetBW GmbH auf 100.000 Quadratmetern des Kraftwerksgeländes errichten will.