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Secondhand-Shopping für Frauen

Beim Mädelsflohmarkt sind Männer nur Packesel

Secondhand-Shopping mit Musik, Häppchen und Frauengesprächen – sogenannte Mädelsflohmärkte ziehen auch in Karlsruhe immer wieder die Massen an. Die „Mädels“ strömen in Scharen zu den Märkten, stehen gerne Schlange und zahlen meist sogar Eintritt. Was ist das Geheimnis dieses Erfolges?

Modeschnäppchen aus zweiter Hand finden Karlsruherinnen schön präsentiert bei sogenannten Mädelsflohmärkten, wie hier im Substage bei der jüngsten Ausgabe von Kackis Mädelsflohmarkt Ende April.
Modeschnäppchen aus zweiter Hand finden Karlsruherinnen schön präsentiert bei sogenannten Mädelsflohmärkten, wie hier im Substage bei der jüngsten Ausgabe von Kackis Mädelsflohmarkt Ende April. Foto: Jörg Donecker

Stylisches Shoppingerlebnis statt Gemischtwarenladen aus der Mottenkiste: Die Beliebtheit von Mädelsflohmärkten ist in Karlsruhe ungebrochen. Während auf klassischen Trödelmärkten, etwa auf dem Messplatz oder dem Stephanplatz, so ziemlich alles angeboten wird, was auf dem Dachboden zu viel Platz wegnimmt, folgen die speziell an Frauen gerichteten Märkte dem Prinzip „weniger ist mehr“.

Kleidung, Schuhe, Taschen, Schmuck und andere Accessoires werden feilgeboten – das alte Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Spiel aus Kindertagen oder der überflüssig gewordene Bürostuhl aber finden hier keine Käuferin.

Der Event ist das Ziel

Stattdessen wird der Anlass ganz besonders zelebriert: Zur Mode gibt es Musik, Snacks und Getränke. Und das macht offenbar den Unterschied: Die „Mädels“ strömen in Scharen zu den Märkten, stehen gerne Schlange und zahlen meist sogar Eintritt.

„Bei mir sind die Standplätze jedes Mal innerhalb einer Minute ausverkauft“, erzählt Sevan Ormanciyan, bei Partybegeisterten und Flohmarktgängerinnen besser bekannt als Kacki. Mit „Kackis Mädelsflohmarkt“ brachte er das Konzept aus Hamburg (siehe Hintergrund) 2014 zuerst in seine Heimatstadt Bruchsal und dann in die Festhalle Durlach.

Etwa zweimal jährlich kommt der Markt inzwischen in die Fächerstadt, zuletzt Ende April im Substage. „Frauen gehen gerne shoppen. Meistens wollen sie dabei nicht viel Geld ausgeben, aber sich austauschen“, so Kackis simple Erklärung.

Schuhe und Taschen gehören zum perfekten Outfit selbstverständlich dazu – das wissen und wünschen auch Secondhand-Shopperinnen.
Schuhe und Taschen gehören zum perfekten Outfit selbstverständlich dazu – das wissen und wünschen auch Secondhand-Shopperinnen. Foto: Jörg Donecker

Für die Verkäuferinnen lohne es sich auch: Einnahmen von mehreren hundert Euro pro Stand seien durchaus normal – trotz der im Vergleich zu klassischen Flohmärkten hohen Standmiete von knapp 50 Euro. Sie diene nur zur Deckung der Kosten für Miete und Personal, sein Gewinn seien die Eintrittsgelder der Kunden, erklärt der Unternehmer. Dafür bekommen die Verkäuferinnen einen fertig aufgebauten Stand samt Tisch und Kleiderständer.

Anstatt also frühmorgens sich selbst und Kisten voller Klamotten auf einen dem Wetter ausgesetzten Parkplatz zu schleppen, können die Mädelsflohmarkt-Händlerinnen am Vormittag bequem an die Halle fahren und mittags mit dem Verkauf beginnen. Kacki schaut zwischendurch persönlich durch die Reihen.

„Wenn die Zeit reicht, gebe ich Tipps und verteile Süßigkeiten“, erzählt er. Das Geschäft sei sehr zeitintensiv. „Aber ich mach’s gerne. Wenn man in die strahlenden Augen einer Frau blickt – wie kann man da widerstehen?“

Ein günstiges Party-Outfit

Ein unwiderstehliches Angebot will auch Esther Laut ihren Kundinnen präsentieren: Die Inhaberin des Modegeschäfts Minette veranstaltet am 1. Juni erstmals einen „Pop-up Sale Flohmarkt“ im Hirschhof in Kooperation mit der dort ansässigen Gastronomie.

„Wenn man im Modebereich arbeitet, hat man selbst immer viele Klamotten“, sagt Laut. Außerdem habe sie die letzten Reste der Winterkollektion loswerden wollen, und so sei ihr schon vor ein paar Jahren die Idee zum eigenen Flohmarkt gekommen. „Die Mädels haben den Hinterhof gestürmt“, erzählt Laut.

Ein neues Kleid geht immer. Erst recht, wenn man es beim Mädelsflohmarkt günstiger bekommt.
Ein neues Kleid geht immer. Erst recht, wenn man es beim Mädelsflohmarkt günstiger bekommt. Foto: Jörg Donecker

Im Hirschhof sollen diesmal auch die Männer und Kinder gerne mitkommen, es soll einen DJ geben, natürlich etwas Feines zu essen, eine Haar- und Make-up-Bar und einen Blumen-Pop-up-Store.

Der Eventcharakter sei wichtig, sagt Laut. Männer allerdings spreche das nicht so an. „Die haben ein anderes Shoppingverhalten.“ Ein Mann kaufe sich nicht so oft etwas Neues, während „Mädels“ quasi täglich neue Outfits suchten, etwa für die nächste Geburtstagsparty. „Aber niemand hat ein Riesenbudget, deshalb kauft man gerne gebrauchte Sachen, die gut erhalten sind.“

Vintage und Nachhaltigkeit

„Bei Kleidung lassen sich Männer von einem anderen Mann nichts verkaufen. Das hat wahrscheinlich mit testosterongesteuerten Verhaltensmustern zu tun“, schätzt Hakan Goekkaya. Der Göppinger Unternehmer drängt mit seinem „Beauty Jungle“ am 1. Juni erstmals in Karlsruhe auf den offenbar noch immer nicht gesättigten Markt für modische Mädels-Events.

„Man kommt an Sachen, die man so nicht mehr findet: Vintage, Omas Klamotten aus dem Dachstuhl“, so Goekkayas Erklärung. Andererseits finde man aktuelle Teile der großen Modeketten für einen Bruchteil des Originalpreises.

Schmückendes Beiwerk: Accessoires wie Ohrringe oder Handtaschen werden beim Mädelsflohmarkt hübsch präsentiert.
Schmückendes Beiwerk: Accessoires wie Ohrringe oder Handtaschen werden beim Mädelsflohmarkt hübsch präsentiert. Foto: Jörg Donecker

Mit seinem Ansatz will Goekkaya Jugendlichen das Thema Nachhaltigkeit nahebringen. „Mädchenflohmärkte bieten die Möglichkeit, Kleidung ein zweites Mal zu verwenden und eine andere Person damit glücklich zu machen.“ Um mit seinem Anliegen den Zeitgeist der Jugendlichen zu treffen, entwickelte er ein Konzept, das auch Stände von Startups aus der Kosmetikbranche und einen Online-Verkaufsservice für gebrauchte Hochzeitskleider einschließt.

Die Werbung der jungen Kundinnen übernehmen Influencer von Youtube oder Instagram, die ebenfalls eingeladen sind. „Es hat uns selbst überrascht, welche mediale Kraft diese Leute haben“, sagt Goekkaya. „Eine Dounia Slimani kann das Thema ganz leicht an junge Menschen herantragen“, sagt Goekkaya, er als Flohmarktveranstalter müsse es dagegen erst lang und breit erklären – zu kompliziert für die kurze Aufmerksamkeitsspanne der Jugendlichen.

Auch der Beauty Jungle finanziert sich über Standgebühren und Eintrittsgelder – „aber nur für Frauen“, betont Goekkaya. „Männer sind ja meistens nur die Packesel“, sagt Goekkaya. „Dafür können wir einfach kein Geld nehmen.“

Die Idee des Mädelsflohmarkts geht auf zwei Hamburgerinnen zurück, die im Jahr 2008 gängige Flohmarktkonzepte satt hatten: zu frühes Aufstehen, zu wenige echte Modeschnäppchen. Mit Musik, Essen und Beautyangeboten machten sie Secondhand-Shopping zum Erlebniskonzept , das schnell Nachahmer in ganz Deutschland fand.

In Karlsruhe gibt es neben Kackis Mädelsflohmarkt unter anderem den Ladies’ Street Market im Garten des Prinz-Max-Palais, den Fashion Flohmarkt im Club Stadtmitte oder den Mädchenflohmarkt im NCO-Club. Am 1. Juni finden erstmals der Beauty Jungle in der Gartenhalle (ab 12 Uhr) und Minettes Pop Up Sale Flohmarkt im Hirschhof (ab 13 Uhr) statt.

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