Um meinen Vater nicht der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen, gehen meine Frau und ich für ihn einkaufen. Er hat von uns ein strenges Verbot für den Erwerb von Lebensmitteln kassiert. Bisher hält er sich tapfer daran. Wegen der beginnenden Motorrad-Saison ist dem Senioren-Biker sowieso vieles schnuppe – abgesehen von Kürbiskernbrötchen.
Die gibt es nämlich nur bei einem bestimmten Bäcker. Ob man da vorbeikomme, will mein Vater wissen, es eile nicht. Meine Antwort: „Eher nein.“ Die Erklärung, dass wir Jüngeren so wenig Geschäfte wie möglich aufsuchen, akzeptiert das Familienoberhaupt noch.
Nur um später zu sagen, dass der Vorrat in der Gefriertruhe in exakt vier Tagen zur Neige gehen werde. Er könne selbst gehen, das sei kein Problem, wählt mein Vater ein Druckmittel. Diskussionen beginnen. Letztlich beendet meine Frau die Lage diplomatisch. Man einigt sich auf einen Supermarkt, der andere, leckere Backwaren führt.
Einkaufen während der Corona-Krise: Streit um Joghurt
Aber es lauern weitere Konfliktherde: Vom Naturjoghurt wünscht mein Vater sich den günstigen. Für mich aus der Generation Weltverbesserer ist das ein No-Go. Nach knapp halbstündigem Telefonat steht der Einkaufszettel. Im Supermarkt entscheide ich, von allem mehr zu kaufen – nicht, dass mein Vater heimlich selbst geht.
Da ich auch an den eigenen Haushalt denke, stapeln sich die Waren nur so auf dem Kassenband. Das Schamgefühl an der Kasse gibt’s deshalb gratis dazu! „Ich kaufe für andere ein“, erkläre ich mit roten Wangen.
Den jungen Kassierer interessiert das nicht. Scheint wohl Schlimmeres gesehen zu haben. Auf dem Heimweg überkommt mich das schlechte Gewissen dann doch. Wo war dieser Bäcker mit den Kürbiskernbrötchen?