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Biberbeauftragter zum Konflikt zwischen Artenschutz und Landwirtschaft

Der Biber ist im Landkreis Karlsruhe noch nicht da und hat schon einen Streitschlichter

Das niedliche Nagetier ist eher ein Problembär: Während Naturschützer sich über die steigende Artenvielfalt freuen, fürchten Landwirte, dass der Biber in der Region wieder heimisch wird.

Er ist Freund und Feind zugleich: Erste Spuren des Bibers tauchen auch im Landkreis Karlsruhe auf. Naturschützer schätzen das Nagetier für seine Umgestaltung der Landschaft, Anwohner und Landwirte kritisieren die Schäden.
Er ist Freund und Feind zugleich: Erste Spuren des Bibers tauchen auch im Landkreis Karlsruhe auf. Naturschützer schätzen das Nagetier für seine Umgestaltung der Landschaft, Anwohner und Landwirte kritisieren die Schäden. Foto: Thomas Warnack picture alliance/dpa

Er nagt an Bäumen, untergräbt Ufer und baut seine eigenen Dämme. Der Biber, der oftmals so niedlich umher schwimmt, ist ein Gestalter. Während Naturschützer ihn als wertvollen Bewohner in der Region deklarieren, sorgt er bei Landwirten und anderen Interessensgruppen oft für weniger Freude. Je näher das Nagetier auch dem Landkreis Karlsruhe kommt, desto wichtiger wird im Ernstfall ein Streitschlichter.

Michael Zacherle ist ehrenamtlicher Biberbeauftragter für den Stadt- und Landkreis Karlsruhe. Einen Biber hat er in den zwei Jahren seiner Amtszeit im Gebiet aber noch nicht gesehen. Mit Naturschutz hat Zacherle nur privat zu tun. Hauptberuflich ist er Projektleiter am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Eine Schulung befähigte ihn 2018 zum Biberbeauftragten in seiner Freizeit.

Spuren sind bereits im Landkreis Karlsruhe sichtbar

„Der Biber ist inzwischen überall in Baden-Württemberg zu Hause“, so Zacherle. Dass sich auch im Landkreis Tiere ansiedeln, sei nur eine Frage der Zeit. „Wir wollen uns nicht erst damit auseinandersetzen, wenn Schäden da sind, sondern vorab aufklären“, sagt er. „Wir werden lernen müssen, mit dem Biber zu leben.“

Erste Spuren seien bereits gemeldet worden: Anfang des Jahres in Oberhausen-Rheinhausen sowie vor acht Wochen auf der Insel Rott. „Im Sommer ist es viel schwieriger, die Hinweise zu finden“, erklärt Zacherle. Dann wächst und blüht die Natur. Neben angenagten Baumstämmen und großen Biberburgen deuten aber auch sogenannte Rutschen auf ein Revier hin. „Der Biber geht immer an derselben Stelle ins Wasser hinein“, so Zacherle.

Der Biber baut seine Umgebung um

Das Tier ist aber besonders eins: ein politisches Thema. „Der Biber sorgt für ein Spannungsfeld“, sagt Zacherle. Er gestalte seine Umgebung so, wie er sie zum Leben brauche: Er untergräbt Dämme für seinen Bau und baut eigene, um sein Revier zu fluten. Das führe teilweise zu Überschwemmungen auf landwirtschaftlichen Flächen oder Traktoren brechen in der Erde ein. „Es reicht ein einziger Biber“, betont Zacherle. „Der schafft so etwas in nur ein bis zwei Nächten, wenn ihm beispielsweise der Wasserstand des Baches nicht gefällt.“

Der Biber macht das kostenlos, aber nicht ohne Kollateralschäden.
Michael Zacherle / Ehrenamtlicher Biberbeauftragter des Landkreises Karlsruhe

Als Berater dürfe er im Ernstfall kaum etwas unternehmen. „Aber ich habe einen Wissensvorsprung und kann Landwirten Unterstützung anbieten“, sagt Zacherle. Einen Biber zu verjagen, sei beispielsweise verboten. „Dort, wo er die Natur so umgestaltet, wie er es für richtig hält, steigt die Artenvielfalt an“, betont Zacherle. „Der Biber macht das kostenlos, aber nicht ohne Kollateralschäden.“

Dämme können einbrechen und Äcker überflutet werden

Damit diese an zentraler Stelle besprochen werden können, laufen die Beobachtungen der Ehrenamtlichen im Regierungspräsidium Karlsruhe ein. Dort kümmert sich Beate Müller-Haug um das Biber-Management in der Region, um das Zusammenleben zu ermöglichen. Es gebe kein anderes Tier in Deutschland, das so konsequent durch seine rastlose Bautätigkeit die Landschaft nach seinen eigenen Vorstellungen optimiert und anpasst, wie der Biber, sagt sie.

Das bekommen besonders Landwirte zu spüren.
Beate Müller-Haug / Biber-Managerin im Regierungspräsidium Karlsruhe

Gerade diese Gestaltungskraft berge Konfliktpotenzial mit den Menschen. „Das Nagetier fällt Nutzholz, untergräbt Dämme und flussnahe Äcker, staut Entwässerungsgräben und frisst Feldfrüchte. Das bekommen besonders Landwirte zu spüren“, sagt sie.

Durch seinen Umbau schaffe der Biber Lebensräume für viele andere Tier- und Pflanzenarten. In der Regel nutze er zehn bis zwanzig Meter entlang des Ufers für seinen Zweck, so Müller-Haug. Zudem sage man ihm eine positive Wirkung für die Wasserqualität und den Hochwasserschutz nach.

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