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Bundesverfassungsgericht entscheidet

Dreht Karlsruhe der NPD-Nachfolgerin den Geldhahn ab?

An der Verfassungsfeindlichkeit der rechtsextremistischen Partei besteht kein Zweifel. Das könnte Folgen für die staatliche Parteienfinanzierung haben.

Anhänger der rechtsextremen NPD marschieren mit einer NPD Fahne durch Essen.
In der Politik spielt die NPD-Nachfolgerin „Heimat“ keine Rolle mehr. Nun könnte sie auch den Anspruch auf staatliche Gelder verlieren. Foto: David Young/dpa

Die Zeiten, in denen die NPD bei Landtagswahlen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern deutlich die Fünf-Prozent-Hürde überwand und in Dresden und Schwerin in Fraktionsstärke in die Landtage einzog, sind lange vorbei.

Mittlerweile erreicht die rechtsextremistische Partei, die sich seit Juni vergangenen Jahres „Die Heimat“ nennt, bei Wahlen nicht einmal mehr die Ein-Prozent-Schwelle. Bei der letzten Bundestagswahl gaben gerade einmal 64.574 Wählerinnen und Wähler der NPD ihre Stimme, das waren 0,1 Prozent.

Diese mageren Ergebnisse haben auch Folgen für die staatliche Parteienfinanzierung. Erhielt die NPD 2018 noch rund 800.000 Euro, blieb sie bei der Bundestagswahl unter der Schwelle für die Zuweisung staatlicher Mittel. Damit nicht genug: An diesem Dienstag verkündet der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts sein mit Spannung erwartetes Urteil, ob die NPD-Nachfolgerin „Heimat“ als erwiesen verfassungsfeindliche Partei komplett den Anspruch auf Zuschüsse aus Steuergeldern für zunächst sechs Jahre verliert.

Das Verfassungsgericht öffnete 2017 den Weg

Die Möglichkeit dafür haben die Hüterinnen und Hüter der Verfassung im Januar 2017 selber geschaffen. Damals lehnten sie ein vom Bundesrat beantragtes Verbot der NPD ab. Zwar stellten sie in ihrem Beschluss fest, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolge und es „eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“ gebe, gleichwohl sei die Partei mit ihren geringen Wahlerfolgen und zu diesem Zeitpunkt weniger als bundesweit 6.000 Mitgliedern zu unbedeutend und zu schwach, um ihre Ziele durchzusetzen und die Demokratie zu gefährden.

Dennoch öffneten sie Bundestag und Bundesrat eine Hintertür: Es sei möglich, dass der „verfassungsändernde Gesetzgeber“ bei erwiesen verfassungsfeindlichen Parteien über einen Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung nachdenken könne.

Bundestag und Bundesrat änderten das Grundgesetz

Diesen Wink mit dem Zaunpfahl ließen sich Bundestag und Bundesrat nicht entgehen. Mit jeweiliger Zwei-Drittel-Mehrheit änderten sie den Artikel 21 des Grundgesetzes und fügten einen neuen Absatz 3 ein: „Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen.“

Werde der Ausschluss festgestellt, so entfalle auch die steuerliche Begünstigung dieser Partei und von Zuwendungen an diese Parteien. Über den Ausschluss entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

Auf dieser Grundlage schritten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung zur Tat und stellten vor dem Bundesverfassungsgericht den gemeinsamen Antrag, die NPD aus der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Nach ihrer Ansicht betreibe die NPD „fortdauernde verfassungsfeindliche Aktivitäten“, mehr als 300 Belege sollten beweisen, dass sich die Partei sogar eher weiter radikalisiert habe.

So gut wie alle Innenminister der Länder versicherten, dass der Antrag keine Informationen von V-Leuten enthalte. Daran war das erste NPD-Verbotsverfahren im März 2003 gescheitert. Die NPD wies die Vorwürfe zurück. Nach ihrer Ansicht verstößt die Neuregelung im Grundgesetz gegen die Chancengleichheit der Parteien.

Partei boykottierte die mündliche Verhandlung

Einer ursprünglich auf zwei Tage angesetzten mündlichen Anhörung des Zweiten Senats im Juli vergangenen Jahres blieben die Vertreter der Partei denn auch aus Protest fern. In einem Fax, das kurz vor Beginn der Verhandlung im höchsten deutschen Gericht einging, erklärte Parteichef Frank Franz, man werde nicht an einer „Justiz-Simulation“ teilnehmen, bei der das Urteil schon geschrieben sei. Doris König, Vizepräsidentin des Gerichts und Vorsitzende der Zweiten Kammer, nannte dies einen „bisher einmaligen Vorgang“. Die Verhandlung fand dennoch statt. Ohne Beteiligung der NPD/Heimat ging sie an einem Tag über die Bühne.

200.000 Euro Erbschaftssteuer gespart

Das früher vorgebrachte Argument der Partei, sie erhalte seit 2021 ohnehin keine staatlichen Zuwendungen mehr, wies der Bevollmächtigte der Antragsteller, Christian Waldhoff, zurück. Es gehe auch um die steuerlichen Vorteile, sagte der Professor für Öffentliches Recht und Finanzrecht an der Berliner Humboldt-Universität. Mit dem Ausschluss aus der Parteienfinanzierung entfalle auch die Steuerbegünstigung für Spenden sowie die Befreiung von der Erbschafts-, Schenkungs- und Körperschaftssteuer. So habe die NPD seit 2020 rund 200.000 Euro Erbschaftssteuer gespart.

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