Birgit Eyselen aus Ettlingen ist Kinder- und Jugendärztin. In den vergangenen Monaten hat sie in Arztpraxen und Impfzentren bei Corona-Impfungen mitgearbeitet.
Eine Impfung von Kindern befürwortet sie. Was aber hält sie von einer Impfpflicht?
Was spricht für eine Corona-Impfung von Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren?
EyselenUm es ganz kurz zu machen: Alles. Ich weiß nicht, ob wir es überhaupt noch schaffen, eine Herdenimmunität zu erreichen mit diesen ganzen Virusvarianten, die im Umlauf sind. Wenn wir es schaffen wollen, müssen sich mehr als 85 Prozent der Bevölkerung impfen lassen. Noch wichtiger als die Kinder zu impfen ist es aber, dass mehr junge Erwachsene sich den Piks geben lassen.
Können Sie die Zurückhaltung einiger bei der Impfung von Kindern und Jugendlichen verstehen?
EyselenJa. Wir als Kinder- und Jugendärzte haben uns immer an die Empfehlung der Stiko (Ständige Impfkommission) gehalten, diese hat sich aber noch nicht klar für eine Impfung von Kindern ab zwölf ausgesprochen. Das verunsichert vielleicht manche. Aber Impfen ist immer und war auch immer ein Abwägen zwischen Nutzen und Risiko. Bei der Corona-Impfung steht das Pendel meiner Meinung nach eindeutig auf der Seite „Nutzen“. In den vergangenen Wochen haben wir in Arztpraxen und Impfzentren auch schon einige Jugendliche und Kinder geimpft.
Was halten Sie von einer Impfpflicht?
EyselenIch bin gegen eine Impfpflicht. Man muss beraten und überzeugen, nicht überreden. Ich bin allerdings skeptisch, dass wir das Ziel erreichen, mehr als 85 Prozent der Bevölkerung zu impfen. Ich habe den Anfang der Impfkampagne gesehen, als ein Riesenandrang auf die Zentren herrschte. Und jetzt versuchen die Arztpraxen verzweifelt, Impfstoff loszuwerden. Das ist kein Märchen, es läuft einfach so, dass viele Menschen zum zweiten Termin nicht mehr auftauchen. Ich weiß von einigen Praxen, die Impfstoffe wegwerfen mussten. Das ist schade.