Der Sternlesmarkt ist beendet, das Leben auf dem Ettlinger Marktplatz geht wieder seinen gewohnten Gang. Alles scheint wie immer.
Doch wer genau aufpasst und genau hinhört, wird bemerken, dass etwas fehlt. Dass etwas längst Gewohntes und Alltägliches nicht mehr zu hören ist. Das Glockenspiel im Rathausturm ist verstummt. Seit Wochen.
Spannungsspitze beim Anschalten löst Defekt aus
Grund dafür ist ein technischer Defekt, wie das Rathaus auf Nachfrage unserer Redaktion aufklärt. Man gehe davon aus, dass es bei der veralteten Technik zu Spannungsspitzen kam, als sie angeschaltet wurde, zitiert die Stadtpressestelle Jürgen Schantze vom Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft.
Offenbar sei dabei ein elektronisches Bauteil im Schaltkasten des Glockenspiels klassisch durchgebrannt, eine Reparatur ist aber möglich, so das Rathaus.
Aktuell damit betraut ist demnach der Ettlinger Elektrotechniker Thilo Florl. Sollte das bei der alten Technik nicht mehr zum Erfolg führen, müsste eine weitere Fachfirma ran.
Stadt rechnet noch mit einigen Wochen Stillstand
Sicher ist aber: Es wird dauern, bis das Glockenspiel wieder vom Rathausturm erschallen wird. Mit „mindestens noch mehreren Wochen Stillstand“ rechnet man bei der Stadt.
Das Glockenspiel selbst ist über eine Tonne schwer und verfügt über 23 Glocken. Es war dem Rathaus zufolge einst ein Geschenk der damaligen Bezirkssparkasse Ettlingen anlässlich deren 150-jährigen Bestehens.
Die Melodien des Glockenspiels erschallten erstmals am Nikolaustag 1984 über den Marktplatz und die Ettlinger Fußgängerzone.
Vor dem Defekt wurden dreimal pro Tag vollautomatisch bestimmte Melodien gespielt. Um 10.30 Uhr, um 12.30 Uhr und um 17.30 Uhr. Darunter waren Volks- und Weihnachtslieder oder Beethovens „Ode an die Freude“, aber etwa auch das Badnerlied. Rund 50 verschiedene Lieder stünden aktuell zur Auswahl, so die Stadtpressestelle; ausgesucht von Musikschulleiter Stefan Moehrke.
Schlagglocken verkünden die Uhrzeit
Zuständig für die Wartung des Glockenspiels ist seit 2002 Ettlingens ehrenamtlicher Glöckner Willi Kleinfeld.
Er kümmert sich auch um die Wartung des historischen Uhrwerks der Turmuhr. Es ist noch voll funktionsfähig, aber nicht mehr in Betrieb.
Die Uhr läuft laut Rathaus elektronisch. Sie ist vom aktuellen Schaden allerdings nicht betroffen, genauso wenig wie die beiden alten Schlagglocken, wie sie Kleinfeld nennt, die ebenfalls hoch oben im Rathausturm unterhalb des Glockenspiels hängen.
Die Schlagglocken verkünden tagtäglich, von einem Hammer angeschlagen, die Uhrzeit. Zu besonderen Anlässen können sie zudem auch von Kleinfeld per Hand geläutet werden. Zum letzten Mal war das zu St. Martin am 11. November der Fall.
Die beiden Schlagglocken sind auch die ältesten Exemplare, die in der Spitze des Turmes, zwar überdacht, aber sonst im Freien hängen. Die ältere der beiden stamme, so Kleinfeld, wohl aus dem Jahr 1726.
In früheren Zeiten, erzählt der Glöckner weiter, hatte das Glockenspiel sogar teils 100 mögliche Melodien hinterlegt. Darunter auch diverse Nationalhymnen, die etwa dann gespielt wurden, wenn eine Delegation aus einer Ettlinger Partnerstadt in der Stadt an der Alb gewesen ist. Das sei bei den Besuchern oft auf viel Anerkennung und Gegenliebe gestoßen.