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Diskussion am Eichendorff-Gymnasium

Ettlinger Schüler befragen Politiker – unbequeme Fragen inklusive

Über 200 Schüler haben sechs Direktkandidaten bei einer Podiumsdiskussion am Eichendorff-Gymnasium in Ettlingen gelöchert. Dabei wurde auch um unangenehme Fragen keinen Bogen gemacht.

Podium + Aula
In der Aula des Eichendorff-Gymnasiums Ettlingen stellen sich die Direktkandidaten den Fragen der Schüler – von der Digitalisierung über den Klimawandel bis hin zum modernen Familienbild. Foto: Klaus Müller

Bildet Alice Weidel mit der Frau und den zwei Kindern, mit denen sie zusammenlebt, nach dem Verständnis der AfD eine Familie? Die Frage eines Schülers richtete sich an René Rotzinger, Kandidat der Partei, deren Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl eben Weidel ist. „Ja, das ist eine Familie“, antwortete Rotzinger – um sogleich ein dickes Aber, bezogen auf alle anderen nur nicht auf Weidel, hinterher zu schieben. „Eigentlich ist das nicht normal, wenn solche Paare zusammenleben.“ Quittiert wurde seine Interpretation, was normal sei und was nicht, von einem Raunen in der Aula des Eichendorff-Gymnasiums Ettlingen.

Über 200 Schüler fanden sich dort ein, um sechs Direktkandidaten, die im Wahlkreis Karlsruhe-Land um den Einzug in den Bundestag kämpfen, auf den Zahn zu fühlen. Organisiert wurde der „politische Unterricht“ von Lehrer Volker Schober und der Schülermitverwaltung.

Laut Schober handelte es sich um die bisher einzige Veranstaltung, bei der alle sechs Direktkandidaten der im Bundestag vertretenden Parteien vor Publikum zusammenkamen. Allein das schon machte den Reiz der fünften und sechsten Schulstunde für die Klassenstufen 10, 11 und 12 aus.

Themen waren auch Corona-Politik, Klimawandel und Wahlrecht

Obendrein dachten sich die Schüler gute Fragen aus, vorgetragen von den Schülermoderatoren, Maja Laue und Jakob Ruml. Dass die Fragen einzelnen Podiumsteilnehmern gestellt wurden, und nicht wie üblich alle darauf antworten durften, belebte die Podiumsdiskussion. Ob er in der Corona-Pandemie etwas besser gemacht hätte, wurde Nicolas Zippelius (CDU) gefragt. „Mit solchen Bewertungen im Nachhinein muss man vorsichtig sein. Vielleicht hätte man für Kinder und Jugendliche in den Vereinen mehr machen können.“

Auf seiner Homepage habe er als vormaliger Betroffener Mobbing thematisiert. Sei das ein Grund gewesen, in die Politik zu gehen?, wollte Jakob wissen. Dazu Patrick Diebold (SPD): „Nicht direkt. Aber ich hatte Angst mich zu outen. Inzwischen konnte ich den Mann heiraten, den ich liebe. Und ja, ich werde mich immer für Gleichstellungspolitik einsetzen.“

Die Frage, ob „uns Technologie weiterbringt“, richtete Maja an Sebastian Grässer (Grüne). „Wir müssen Verantwortung im Umgang mit Technologie lernen. Zu oft, und das zeigt der Klimawandel, können wir damit nicht umgehen“, urteilte er.

Wären Sie für ein Wahlrecht ab 16, lautete eine Frage an Jörg Rupp (Die Linke). „Ich würde noch weitergehen“, meinte er. „Ich kann mir, bei Interesse, ein Wahlrecht ab der Geburt vorstellen. Ab 14 sollte es automatisch sein.“ FDP-Mann Hans-Günther Lohr sah sich mit der Frage konfrontiert, warum eine Verkäuferin in seinem Geschäft die Liberalen wählen sollte. „Wir sind nicht die Partei der Reichen. Ich sehe doch, dass meine Mitarbeiter zu viel Steuern vom Brutto zahlen. Daran muss sich was ändern.“

Angesprochen auf den Klimawandel mahnten bis auf den AfD-Vertreter, der das Pariser Klimaabkommen ablehnte, alle dringenden Handlungsbedarf an. Was ist mit Koalitionen? Diebolds Präferenz ist „Rot-Rot-Grün“. Als „große Aufgabe“, verbunden mit der Forderung nach extra Deputatstellen dafür, bewertete Grässer die Digitalisierung an den Schulen. Einheitliche, bundesweite Regeln bei der Digitalisierung möchte Zippelius. Für einen kostenlosen Zugang zu digitalen Endgeräten sprach sich Rupp aus. Und was will die FPD für Jugendliche tun? „Die Freiheitsrechte stabil halten“, so Löhr.

Bei den Schülern, die fair mit allen Kandidaten umgingen, kam die Veranstaltung gut an. „Das war interessant“, urteilte Nico. „Vor allem auch, dass man das live mitbekam und nicht wie sonst vielleicht nur übers Internet“, sagte Mara.

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