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„Wir waren auf uns allein gestellt“

Ettlinger Schüler zurück aus Israel – Karlsruher Landrat kritisiert Auswärtiges Amt

Ohne die Hilfe der Partner vor Ort in Israel hätte es nicht geklappt, sagt Landrat Christoph Schnaudigel am Tag nach der glücklichen Rückkehr der Ettlinger Schülergruppe.

Landrat Christoph Schnaudigel informiert am Montag Pressevertreter über den Stand in Israel.
Landrat Christoph Schnaudigel informiert Pressevertreter über den Stand der Rückholaktion für die Ettlinger Schüler in Israel. Foto: Philipp Kungl

Am Tag nach der glücklichen Rückkehr der elf Schüler des Beruflichen Bildungszentrums Ettlingen und ihren drei Betreuern hat der Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel (CDU) heftige Kritik am Auswärtigen Amt geübt.

Die Behörde, die auch für den Schutz deutscher Staatsbürger im Ausland zuständig ist, habe nur wenig zum Gelingen der Rückholaktion beigetragen. „Wir waren als Landkreis ganz auf uns alleine gestellt“, sagte Schnaudigel.

Spät in der Nacht von Dienstag und Mittwoch war die Gruppe mit ihren zwei Lehrkräften und einer weiteren Begleitperson sicher auf dem Flughafen in Stuttgart gelandet. Vor dort ging es, abgeschirmt von der Öffentlichkeit, mit Bussen zum Autobahnpolizeirevier in Karlsruhe-Durlach, wo die Jugendlichen, im Alter zwischen 16 und 19 Jahren, von ihren Eltern, anderen Familienmitgliedern und Freunden in Empfang genommen wurden.

Ein Bus nähert sich.
Ankunft in Karlsruhe: In einem Bus werden die Jugendlichen und ihre Begleiter vom Flughafen Stuttgart zum Gelände der Autobahnpolizei gebracht. Foto: Landratsamt Karlsruhe

Mannschaftswagen unterschiedlicher Feuerwehren hatten die Angehörigen an ihrem Wohnort abgeholt und zum Treffpunkt an der Autobahn gebracht. Von dort wurden dann alle wieder zurück nach Hause gefahren. „Es war uns ganz wichtig, den Familien die Zeit mit den Rückkehrern zu geben“, erklärte Christoph Schnaudigel.

Ein Einsatzteam der Notfallseelsorge Karlsruhe betreute die Schüler und die Familien. Pressesprecherin Simone Fellhauser war beim Empfang dabei. Sie wollte mit Verweis auf den Datenschutz aber keine Angaben über den seelischen Zustand der Jugendlichen nach ihrer Rückkehr machen. „Es geht ihnen den Umständen entsprechend gut“, sagte sie.

Ettlinger Schüler waren in unmittelbarer Nähe des Gazastreifens

Die Gruppe war seit Donnerstag vergangener Woche zum regulären Schüleraustausch in der israelischen Region Sha’ar HaNegev, mit der der Landkreis Karlsruhe seit fast 30 Jahren eine Partnerschaft pflegt.

Nach den überraschenden Angriffen am Samstagmorgen wurden die elf Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrkräfte und eine Begleiterin aus der Landkreisverwaltung aus ihren Aufenthaltsorten in Kibuzzen in unmittelbarer Nähe zum Gazastreifen in Sicherheit gebracht.

Ein sofort einberufener zehnköpfiger Krisenstab im Landratsamt Karlsruhe setzte sich dann gemeinsam mit den israelischen Partnern vor Ort dafür ein, die Gruppe möglichst schnell aus dem Kriegsgebiet und letztlich zurück nach Deutschland zu bekommen.

Das war kein leichtes Unterfangen. Denn mehrere Schüler hatten beim schnellen Abtransport an einen sicheren Ort in der Wüste Negev ihre Reisepässe zurücklassen müssen. Über das Auswärtige Amt mussten also zunächst Ersatzpapiere besorgt werden. „Dabei waren die Mitarbeiter dort auch sehr hilfreich“, betont Schnaudigel.

Ansonsten aber habe man die Gruppe behandelt, wie alle Touristen auch. „Darüber war ich sehr überrascht, denn die Schüler waren immerhin ganz nah am Krisengebiet.“ Nur dank der israelischen Partner vor Ort sei es gelungen, die Jugendlichen und ihre Gastfamilien in eine sicherere Gegend zu bringen.

Auswärtiges Amt verweist auf Linienflüge der Lufthansa

Der Krisenstab im Landratsamt habe dann ständig mit dem Auswärtigen Amt in Berlin telefoniert, um den Rücktransport nach Deutschland zu organisieren. „Die haben uns auf die Linienflüge verwiesen.“ Zu diesem Zeitpunkt sei aber nicht klar gewesen, wann die Lufthansa den Flugverkehr überhaupt wieder aufnimmt.

Die Eltern sehen, wie andere ausgeflogen werden.
Christoph Schnaudigel
Landrat von Karlsruhe

Andere Länder hätten ihre Bürgerinnen und Bürger ausgeflogen, nicht aber Deutschland. „Wir waren schon sehr verärgert. Sie müssen sich in unsere Situation versetzen. Die Eltern sehen ja, wie andere ausgeflogen werden“, so Schnaudigel.

Schließlich habe es ein Angebot aus Berlin gegeben, die Gruppe mit Bussen nach Amman in Jordanien zu bringen. Dieses habe das Landratsamt aber dankend abgelehnt. „Die Unterbringung und die Weiterflüge von Amman hätte jeder selbst organisieren müssen.“

Schließlich konnten für die Gruppe Flüge mit der türkischen Fluggesellschaft Pegasus von Tel Aviv nach Antalya und dann weiter nach Stuttgart gefunden werden. Am Montagabend seien die Schüler am Flughafen Ben Gurion eingetroffen. Wegen mehrerer Verspätungen konnten sie dann am Dienstagmorgen gegen 9 Uhr Tel Aviv verlassen. Von Antalya ging es dann parallel in zwei kleineren Gruppen nach Stuttgart.

Karlsruher Landrat erwartet Rückerstattung der Lufthansa-Flüge

In den nächsten Tagen wird es nun um die Aufarbeitung der Geschehnisse gehen. Schnaudigel lobte die Arbeit des Krisenstabs und dankte allen an der Aktion beteiligten Helferinnen und Helfern. Er selbst habe die Schüler noch nicht getroffen. „Das hat Zeit.“

Auf keinen Fall sollten die Kosten der aufwendigen Rettungsaktion nun an den Eltern hängen bleiben. Das Geld wolle er aus dem im Haushalt vorgesehen Posten für Schüleraustausche nehmen. „Und dann werden wir natürlich versuchen, das Geld für die gestrichenen Flüge von der Lufthansa zurückerstattet zu bekommen.“

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